München – In wieweit dürfen ARD und ZDF ihre Gebührengelder nutzen und neue Angebote starten? Auch auf den Medientagen München brach der Streit über die Kompetenzen der Öffentlich-rechtlichen im Zusammenhang mit den Online-Aktivitäten wieder auf.
Während die Vertreter des öffentlich-rechtlichen Rundfunks die Erfüllung ihrer Aufgaben mit minimaler externer Steuerung als richtig und realisierbar bezeichneten, blieben die Vorbehalte auf Seiten der Vertreter der kommerziellen Marktteilnehmer bestehen – minimal sollten ihres Erachtens die Aktivitäten des öffentlich-rechtlichen Rundfunks im Online-Bereich ausfallen. Bis zu einem Minimalkonsens scheint der Weg also noch weit.
Die Zusage von ARD und ZDF, den 3-Stufen-Test für neue Angebote (Public Value Test) bereits vor Umsetzung der EU-Entscheidung zur Rundfunkgebühr anzuwenden, begrüßte Staatssekretär Martin Stadelmaier, Chef der Staatskanzlei Rheinland-Pfalz (Bild rechts).
Hintergrund: Laut einer EU-Auflage müssen die deutschen öffentlich-rechtlichen Sender bei der Neueinführung von Angeboten eine Prüfung durchführen, inwieweit es für dieses Angebot ein öffentliches Bedürfnis gibt. Anders gesagt: Neue Angebote von ARD und ZDF sollen in Zukunft nur möglich sein, wenn es noch keine Angebote privater Medienanbieter gibt. Dies ist ganz eindeutig als Schutz der privaten Rundfunkveranstalter und Verlage gedacht.
Nun ist die Frage, welchen Regularien dieser Test folgt. Hier sind ARD und ZDF bereits mit einem Modell vorgeprescht, das sich hauptsächlich durch eine interne Kontrolle auszeichnet. Erwartungsgemäß führte dies zu einem Aufschrei von Seiten der privaten Medienunternehmer, die den Gremien die notwendige Unabhängigkeit absprechen und eine Prüfung durch externe Gutachter fordern.
Stadelmaier griff diese Bedenken in seiner Rede auf und übte Druck auf ARD und ZDF aus: Entwickelten die Rundfunkanstalten keine schlüssigen Konzepte zur Ausgestaltung ihres Funktionsauftrags in der digitalen Welt, werde der Gesetzgeber diese Aufgabe übernehmen.
Hans-Gerd Stockinger, medienpolitischer Sprecher der CSU-Landtagsfraktion im Bayerischen Landtag, trat als Befürworter der internen Überprüfung durch die jeweiligen Gremien der Anstalten auf. Dahingegen wies Roland Wöller, Staatsminister für Umwelt und Landwirtschaft und Mitglied des Sächsischen Landtags, deutlich darauf hin, dass die Gremien in der derzeitigen Form für den Public Value Test nicht gerüstet sind und eine entsprechende Professionalisierung notwendig sei.
Der Rundfunkratsvorsitzende des BR, Bernd Lenze, bestätigte die wachsende Emanzipation der Gremien, konzedierte gleichzeitig aber auch einen tiefen Dissens zwischen den ARD-Intendanten und ihren Gremien hinsichtlich der Ausgestaltung der Gremienkontrolle. Der Gesetzgeber sei gefordert, den Gremien entsprechende Kompetenzen einzuräumen.
Für die Kontrolle durch eine staatsferne Instanz außerhalb der öffentlich-rechtlichen Anstalten trat hingegen Wolf-Dieter Ring, Präsident der Bayerischen Landeszentrale für neue Medien, ein. Als Kritiker der derzeitigen Vorgehensweise von ARD und ZDF erklärte Ring, dass er keine Bewegung des öffentlich-rechtlichen Rundfunks zur Umsetzung der Vorgaben von Brüssel erkennen könne. Die abgegebenen Selbstbindungen seien bislang nicht erkennbar eingehalten worden.
Keine Überraschung war, dass sich der RTL-Medienpolitikexperte Tobias Schmid deutlich gegen eine Selbstkontrolle von ARD und ZDF aussprach. Der öffentlich-rechtliche Rundfunk dürfe seinen Funktionsauftrag nicht selbst definieren. Gleichzeitig warnte Schmid davor, die Akzeptanz durch immer weitere Gebührenerhöhungen zu gefährden. RTL hält zudem die zunehmende Online-Aktivitäten des öffentlich-rechtlichen Rundfunks nicht für erforderlich; dieser Markt werde bereits ausreichend durch kommerzielle Anbieter bedient.
Dem widersprach der ZDF-Justiziar Carl-Eugen Eberle. So bezeichnete der Juraprofessor die Begrenzung der Online-Aktivitäten des öffentlichen-rechtlichen Rundfunks auf reine Programmbegleitung als obsolet und bestritt vehement, dass der Funktionsauftrag des ZDF nicht ausreichend definiert sei. Außerdem gab er zu bedenken, dass die externe Evaluierung das Testverfahren jedes Mal unnötig in die Länge zieht. [lf]
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