Urteile künftig live im Fernsehen?

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Bild: © Phongphan Supphakank - Fotolia.com
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Das strenge TV-Verbot in deutschen Gerichtssälen wird weiter gelockert: Ein neuer, vom Bundeskabinett genehmigter Gesetzesentwurf sieht die Live-Übertragung von Urteilen vor.

Um die Öffentlichkeit noch besser mit Justizia bekannt zu machen, will Bundesjustizminister Heiko Maas die strengen TV- und Rundfunk-Regeln an deutschen Gerichten weiter lockern. Mit dem am Mittwoch vom Bundeskabinett genehmigten Gesetzesentwurf zur Erweiterung der Medienöffentlichkeit in Gerichtsverfahren wurde dabei ein weiterer Schritt getan.

Der Entwurf sieht unter anderem vor, dass künftig nicht nur Urteile des Bundesverfassungsgerichts live im Fernsehen verkündet werden dürfen, sondern auch aus den fünf obersten Gerichten, dem Bundesgerichtshof, Bundesverwaltungsgericht, Bundesarbeitsgericht, Bundessozialgericht sowie dem Bundesfinanzhof live berichtet werden darf.
 
Jedoch soll eine Übertragung in jedem Einzelfall geprüft werden und von der Zustimmung der Gerichte abhängen. Neben der TV-Übertragung soll es künftig auch Ton-Übertragungen von mündlichen Verhandlungen in einen Arbeitsraum für Medienvertreter geben, um mehr Journalisten an den Verfahren teilhaben zu lassen. Verfahren mit zeitgeschichtlicher Bedeutung sollen aufgezeichnet werden können, dürfen jedoch erst 30 Jahre nach dem Tod der betroffenen Personen freigegeben werden und ausschließlich für wissenschaftliche und historische Zwecke genutzt werden.
 
Der Gesetzesentwurf, der noch der Zustimmung des Bundestags bedarf, stieß auf ein geteiltes Echo: Während der Nachrichtensender Phoenix diesen begrüßt und darin eine Chance sieht, den Willen der deutschen Bürger nach mehr Transparenz zu erfüllen, zeigt sich der Deutsche Journalisten-Verband (DJV) „enttäuscht“. Die geforderte Aufhebung eines Handy- und Laptop-Verbots für Journalisten in Gerichtssälen wie auch Kameraübertragungen seien nicht vorgesehen. „Damit bleibt die Bundesregierung deutlich hinter unseren Erwartungen zurück“, so Frank Überall, Bundesvorsitzender des DJV.
 
Beim Verband Privater Rundfunk und Telemedien (VPRT) erkennt man den Entwurf zwar als „in der Sache richtig, in der Reichweite allerdings unzureichend“ an, wie Hans Demmel, Stellvertretender Vorsitzender des Fachbereichs Fernsehen und Medien  und Multimdia im VPRT und Geschäftsführer von n-tv, erklärt. Zudem sei eine Audioübertragung in Zeiten von Digitalisierung nicht mehr aktuell, auch drohe eine Art Zwei-Klassen-Gesellschaft zwischen Journalisten im Gerichtssaal und im Arbeitsbereich, die „den Konflikt um die Plätze im Gerichtssaal nicht lösen, sondern eher noch verschärfen“ werde, so Demmel weiter. [buhl]

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  • Medien_Maerkte_Artikelbild: © Phongphan Supphakank - Fotolia.com

3 Kommentare im Forum

  1. Ah Anprangern wie im Mittelalter is back. Die Reichen dürfen sich sicher frei kaufen. Was hat man von dem Urteil, wenn man den Prozess nicht verfolgen konnte?
  2. Versteh ich nicht. In den Anfängen dieser Barbara-Salesch-Sendung bei Sat1 waren das doch auch echte Fälle (jedenfalls die ersten paar Wochen) und da wurde doch auch alles gesendet.
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