„Brick“ bei Netflix: starke Idee – schwach verfilmt

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Brick Key Art
Foto: Netflix

Matthias Schweighöfer und Ruby O. Fee sitzen im neuen Netflix-Thriller „Brick“ plötzlich in ihren heimischen vier Wänden fest.

„Brick“ unternimmt den filmischen Längsschnitt durch ein Hamburger Wohnhaus. Man hackt und bohrt und schlägt sich durch Wände und Böden. Eine Etage nach der anderen arbeitet man ab und doch ist nirgendwo ein Ausgang in Sicht. Da hat sich eine mysteriöse schwarze Mauer vor die Türen und Fenster geschoben und versperrt alle Wege aus dem Haus. Sie ist aus schwarzen Steinen gebaut, die magnetische Kräfte besitzen, aber auch ein verzwickteres Eigenleben zu führen scheinen, als man auf den ersten Blick vermuten könnte. Wie ein dunkler, bedrohlicher Organismus mutet sie an, der die Bewohnerinnen und Bewohner in die Falle gelockt hat.

Matthias Schweighöfer und Ruby O. Fee spielen in diesem Szenario ein Paar namens Tim und Olivia. Er ist Spieleentwickler, sie Architektin. Letztere ist gerade dabei, die Beziehung zu beenden. Sie will fort. Er flüchtet sich immer mehr in die digitale Welt. Warum der Haussegen eigentlich schief hängt, erfährt man erst im Laufe des Films. Im unpassendsten Moment sitzen die zwei nun also gemeinsam in der unfreiwilligen Quarantäne fest, bei der schnell fraglich ist, ob sie überhaupt jemals enden wird.

Szenenbild aus Brick
Foto: Sasha Ostrov/ Netflix

Verkrampftes Rätselraten

Vielleicht ist die Quarantäne noch nicht streng genug, möchte man zynisch sagen. Womöglich wäre ein zumindest konsequent verdichteter Film entstanden, hätte man die beiden Hauptfiguren in einem Zweipersonenstück in die Isolation gesteckt. Denn spätestens dann, wenn man sich zu den Nachbarn vorarbeitet und gemeinsam in der Gruppe ums Überleben und um einen Weg aus dem filmischen Escape Room kämpft, brechen die Schwächen dieses recht chaotisch und holprig anmutenden Drehbuchs durch.

Amüsant ist das noch, wenn das Auftauchen von Frederick Lau als Rüpel-Nachbar gleich zum doppelten Schreckmoment taugen soll. Aber wenn all die Charaktere erst einmal loslegen, ihre gegenseitigen Bespiegelungen vorzunehmen, sich zu bekämpfen, aber auch zusammenzuraffen, erschöpft sich das derart schnell in rein funktionalen, stocksteifen Erklärdialogen, dass man den Ton am liebsten ganz abstellen möchte. Wobei es dem Film umgekehrt aber auch an prägnanten, stilvollen Bildern mangelt.

„Brick“ ist im Grunde Second-Screen-Content, in dem alles, jede Gefühlslage, jede Situation, jede filmische Fragestellung dauernd lauthals kommentiert, eingeordnet und zusammengefasst werden muss. Für eine anregende ästhetische Erfahrung ist dadurch kein Platz mehr. Es geht nur darum, einen leicht bekömmlichen Plot vorzukauen, der jedes noch so abgründige Thema zu einer vorgetragenen Information am Rande degradiert. „Brick“ ist weniger ein Film zum Rätseln, aber ein Film der den Zuschauern etwas vorrätselt.

Matthias Schweighöfer und Ruby O. Fee in "Brick"
Foto: Sasha Ostrov/ Netflix

„Brick“ fehlt die Spannung

Dabei birgt die Prämisse Potential! Sie ist nicht neu, na klar, aber wann immer solche Kammerspiele auf engstem Raum beginnen und plötzlich die gewohnte Freiheit rauben, birgt das zeitlosen Zündstoff. Das Miteinander wird zum Versuchslabor und Test einer Extremsituation. Und „Brick“ versucht zumindest hin und wieder, das Publikum auf die falsche Fährte zu führen, was es mit dem Mysterium der schwarzen Wände nun auf sich hat. Der Film schichtet dafür verschiedene Deutungsangebote übereinander. Psychische Krankheit, Reality-TV-Kultur, Überwachung, Prepper-Mentalität, soziale Abgrenzungsfantasien; all das breitet der Film vor einem aus. Wenn Figuren plötzlich zu Geständnissen und Reflexionen ansetzen, wähnt man sich kurzzeitig sogar in einem der Saw-Filme, die Menschen in Folterszenarien packen, damit diese für ihre moralischen Vergehen büßen.

Nur: Schlussendlich erscheint vieles in seiner Struktur dann plötzlich doch ganz simpel. All die Ebenen, die man näher betrachten wollte, werden vor allem geschluckt von der erzwungenen Therapie eines Paares, das sich mit den Schatten seiner Vergangenheit auseinandersetzen soll. Ziemlich dünn für all das aufgeplusterte Verwirrspiel! Tatsächlich spannend und packend ist das selten. Und so kann auch das wunderbar unheimliche Schlussbild wenig retten.

„Brick“ läuft ab dem 10. Juli 2025 bei Netflix. Die Weltpremiere fand auf dem Filmfest München statt.

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