Neue Folge „Strange New Worlds“: Offene Selbstkritik oder Image-Film?

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"Star Trek: Strange New Worlds", die Crew
©2025 CBS Studios Inc. All Rights Reserved.

Ist die Sternenflotte der philanthropische Heilsbringer, für den sie sich ausgibt, oder in Wahrheit eine verkappte militaristische Kolonialmacht? „Star Trek: Strange New Worlds“ will in dieser Episode Rede und Antwort stehen.

Donnerstag ist „Star Trek“-Zeit. Inzwischen sind wir bei der siebenten Episode der dritten Staffel von „Strange New Worlds“ angekommen mit dem Titel „Was ist die Sternenflotte?“. Durfte in der vorherigen Folge noch der junge James T. Kirk seinem späteren Ruhm vorgreifen, liegt nun das volle Augenmerk auf der Kern-Crew der USS Enterprise rund um Captain Pike (Anson Mount) … und mehr als das: Anhand dieses einzelnen Schiffes und seiner Crew sollen nun der vermeintliche Erfolg und die Legitimität der Sternenflotte an sich gemessen werden. Wie immer erscheint die neue Episode auf Paramount+.

Die Sternenflotte als Vermittler

Star Trek Strange New Worlds, Pike
©Paramount+ – Pike (Anson Mount) steht wie gewohnt vor einer schwierigen Entscheidung

In dieser neuen „Strange New Worlds“-Folge steht eindeutig das Wie im Vordergrund und nicht das Was. Trotzdem hier ein paar Eckdaten zur erzählerisch zweckgerichteten Mission: Auf einem fremden Planeten liegen zwei humanoide Spezies im Krieg miteinander. Während eines Waffenstillstands soll die Enterprise im Namen der Föderation der unterlegenen Fraktion beim Wiederaufbau helfen. Dazu domestizieren die sogenannten Lutani eine Alien-Tierart, die gleich riesigen Walen oder Tintenfischen durchs Weltall fliegen kann. Pike und seine Crew sollen nun diese Tierwesen zu den Lutani transportieren, doch ein solches Exemplar dieser normalerweise friedlichen Spezies greift fremde Shuttles und schließlich sogar die Enterprise selbst an. Was steckt dahinter?

Erica Ortegas‘ (Melissa Navia) kleiner Cousin Umberto (Mynor Luken), der schon bei der archäologischen Ausgrabung in Folge 5 die Funde mit der Kamera dokumentierte, geht nun seiner selbst erwählten Berufung zum Journalisten nach und filmt die Crew bei all ihren Aktionen während dieser Mission. Dabei führt er reihenweise Interviews mit allen Beteiligten, um nicht zuletzt den ihm verborgenen Beweggründen der Sternenflotte, die aus dem Hintergrund unter Geheimhaltung Befehle erteilt, auf die Schliche zu kommen.

Investigativ Reportage

"Star Trek: Strange New Worlds", Uhura, Umberto Ortegas
©2025 CBS Studios Inc. All Rights Reserved. – Umberto Ortegas (rechts – hier in einer Szene aus der 2. Episode der 3. Staffel) will mit journalistischer Hartnäckigkeit die Sternenflotte durchleuchten

Es ist der dritten Staffel von „Star Trek: Strange New Worlds“ definitiv zugute zu halten, wie viel Abwechslung hier geboten wird. Jede Folge versucht, etwas Neues zu erzählen oder einen unerwarteten Kniff zu bringen, der die vertrauten Akteure in neuem Licht präsentiert. Dabei sollte Vielfalt allerdings nicht mit Innovation verwechselt werden, denn viele dieser Kniffe sind von anderswo her gut bekannt … und das ist keineswegs problematisch, denn eine gute Erzählung muss nicht alles von Grund auf neu erfinden.

Der Kniff dieser vorliegenden Episode ist das Stilmittel einer fiktiven journalistischen Berichterstattung. Dementsprechend sehen wir die Ereignisse aus den Linsen der eifrig umher schwebenden Kameradrohne von Umberto Ortegas sowie der statischen Überwachungs- und Protokollkameras an Bord der Enterprise, die quasi überall in den Gängen, den Stationen und Quartieren, in den Bedienungspulten und Brückenkonsolen sowie an der äußeren Hülle des Schiffes angebracht sind.

Diese Darstellungsform ist ohne Frage eine bewusste Einschränkung der cineastischen Inszenierungsmöglichkeiten, die man sonst von der Serie gewohnt ist. Auch das dominierende Interview-Format bei nahezu allen Gesprächen schränkt das Schauspiel und die Erzählweise spürbar ein. Statt klassischer „Strange New Worlds“-Unterhaltung fährt diese Episode zudem einen auffällig ernsten und trockenen Ton auf. Wäre die gesamte Staffel oder gar die gesamte Serie auf diese Art aufgezogen, würde die Qualität definitiv darunter leider, so aber ist es für eine einzelne Episode eine interessante Abwechslung.

Eine Militärmacht wider Willen?

"Star Trek: Strange New Worlds", Una Chin-Riley, Spock
©Paramount+ – Wie transparent und prinzipientreu ist die Sternenflotte in ihrem Vorgehen wirklich?

Inhaltlich macht dieses Reportage-Format eine Menge anregende Fragen auf … manche werden plakativ benannt, andere keimen zwischen den Zeilen oder reichen gar über die Serie selbst hinaus. Die hier folgenden Ausführungen sind dementsprechend als subjektive Interpretation zu verbuchen und keineswegs als faktische Bewertung.

Es ist zweifellos spannend, dass hier eine „Star Trek“-Serie selbst in die kritische Innenschau geht, um die eigenen narrativen Motive und Handlungsstrukturen zu hinterfragen. Getreu dem Titel geht es vor allem um das Konzept der Sternenflotte, welche sich als Institution ja selbst stets in vermeintlich integere Werteprinzipien und ethisch-moralische „Reinheit“ mantelt. Dagegen steht die durchgehend militärische Struktur der Sternenflotte, die eine streng hierarchische Befehlskette vorraussetzt und dabei nicht selten blinden Gehorsam einfordert (auch wenn Einzelne immer wieder dagegen verstoßen).

Auch die große Waffengewalt verleiht der Sternenflotte ein offensichtliches Machtinstrument, mit dem sie auf kleinere Verbünde und Allianzen oder isolierte Spezies großen Druck ausüben kann. Folglich steht in dieser Episode sogar der Verdacht des kolonialen Imperialismus offen im Raum. Dabei werden übrigens zu keinem Zeitpunkt satirische Gefilde à la „Starship Troopers“ gestreift.

Am Ende doch alles gut?

"Star Trek: Strange New Worlds", Una Chin-Riley, Pike
©2025 CBS Studios Inc. All Rights Reserved. – Pike sagt selbst öfters in dieser Folge, dass ihm die Befehle der Sternenflotte nicht immer gefallen, er aber vor allem auf die Fähigkeiten seiner Crew vertraut und darauf, dass sie letztlich das Richtige tun werden

Die Frage, die dabei im Hintergrund über allem schwebt, ist die, ob „Strange New Worlds“ mit dieser Episode wirklich schonungslos in die inhaltliche Selbstkritik geht, was ja hier der selbst proklamierte Anspruch ist … oder ob unter dem Deckmantel einer kritischen Auseinandersetzung am Ende doch alles in Selbstbeweihräucherung mündet. Tatsächlich scheint die Antwort irgendwo dazwischen zu liegen.

Bemerkenswert ist auf jeden Fall, dass hier neben der fokussierten Sternenflotte ebenso die Praktiken medialer Berichterstattung thematisiert werden, wobei direkt ausgestellt wird, wie die obig bereits benannten dokumentarischen Stilmittel eine Authentizität und Neutralität vortäuschen, welche letztlich vorgefertigte Narrative und die Mechanismen einer suggestiven Inszenierung verschleiert.

Was diese Folge dabei aber gar nicht zu hinterfragen scheint, ist die Methodik der Emotionalisierung und Individualiserung. Am Ende werden alle kritischen Fragen bezüglich der Sternenflotte quasi vom Tisch gewischt und von stark romantisierten Einzelschicksalen überschattet. Dass einzelne Personen in der Sternenflotte ihre Erfüllung oder gar ihre Rettung erfahren haben, ist ja schön und gut, aber deswegen muss ja nicht die Sternenflotte als gesamte Organisation heilig gesprochen werden, sondern darf zurecht weiterhin kritisch betrachtet werden.

All diese Ausführungen hier sind wie gesagt nur eine Interpretation, doch da „Strange New Worlds“ mit dieser Episode all diese kontroversen und hintergründigen Fässer ganz von alleine aufgemacht hat, fällt es dann schon auf, wie all die vielen Problemfelder entgegen der kritischen Eingangshaltung zum Schluss dann doch romantisch verbogen und entkräftet werden … es ist quasi konsequent halbgar, wie hier vorgegangen wird, aber gerade deswegen handelt es sich auch um eine interessante Folge, die zum Nachdenken anregt.

3 Kommentare im Forum
  1. Hat mich überhaupt nicht angesprochen. Warum muß es bei einer Staffel von nur 10 Folgen immer wieder solche blöden Lückenfüller geben. Und dann ein Wesen, das im luftleeren Raum mit den Flügeln flattert.
  2. Die neue Staffel hat mich bis jetzt nicht vom Hocker gerissen. Eine Folge habe ich fast nur im Vorspulgang übersprungen (die mit dem Holodeck).
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