Radiochefin Weber: „Dürfen Live-Moment nicht zerstören“

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Valerie Weber Guy Fränkel
Stefan G. König (Fotoquelle)

Die Radiomanagerin von Antenne Bayern hat in einem Interview Einblicke in ihre Strategie gewährt. Und sie hat auch einen Blick in die Zukunft gewagt.

Schon seit Jahren gilt die Mediengattung als angeschlagen, quasi totgeredet wird sie seit geraumer Zeit. Doch auch 2025 lebt sie noch und fast jeder Bürger hört täglich Radio. Aber das Medium ist unter Druck geraten, nicht zuletzt Ende 2024, als das Weihnachtswerbegeschäft für viele Sender erschreckend schwach lief. In einem sehr lesenswerten Interview mit der „Süddeutschen Zeitung“ (extern, €) hat nun Deutschlands vielleicht bekannteste Radiomanagerin, Valerie Weber, Einblick in ihre Strategie für ihren Sender Antenne Bayern gegeben. Diesen leitete sie mit unglaublich großem Erfolg schon bis 2014. Danach ging sie zum WDR, den sie 2021/2022 in Richtung Audiotainment Südwest verließ. Seit Ende 2024 ist sie nun Geschäftsführerin der Antenne Bayern Group – und muss sich insbesondere um das dortige Hauptprogramm kümmern, dessen Reichweiten in den Jahren zuvor überdurchschnittlich stark zurückgingen.

Zum Jahreswechsel habe man daher umstrukturieren und sich verkleinern müssen, bestätigt sie. Und auch das Programm wurde umgebaut. Hierbei lag unter anderem der Fokus auf einem neuen Nachrichtenformat. „Menschen haben Angst vor Nachrichten heuzutage“, sagt die Radiomacherin der „SZ“. Daher würden sie oft vor linearen Medien flüchten, bei denen sie es nicht selbst in der Hand haben, wann und mit welchen News sie konfrontiert werden. „Wir packen den schwierigen Block in die Mitte“, sagt Weber über das neue News-Konzept ihres Senders. Vorne und hinten stünden News, die nicht beängstigend sind. „Und der Moderator der bisherigen Sendung begleitet die Hörer ins Nachrichtenstudio“.

Radioprogramm als Fläche für gegenseitiges Verständnis

Abseits der News gehe es ihr verstärkt auch um Gegenseitiges Verständnis füreinander. „Dass Eltern vielleicht erfahren, was ihre Kinder gerade bewegt, und Kinder lernen müssen, dass ihre Großeltern noch Sex haben. Bei uns wird auch weder ein linker Kommentar noch ein blaues Herzchen verborgen, außer es ist verletzend“, sagt sie. „Neulich hatten wir eine Frau auf Sendung, die erklären wollte, warum sie Trump eigentlich ganz klasse findet. Und die meinte, sie wisse gar nicht, ob sie das hier öffentlich sagen darf. Dieses Gefühl der Menschen, in den Medien nicht mehr alles sagen zu dürfen, ist teilweise verstörend für uns“, so Weber, die ergänzt: „Wir müssen bewusst antworten: Wir respektieren deine Meinung, wie integrieren sie. Deswegen darf jemand anderes eine andere Meinung haben. Wir brauchen auch keinen Kompromiss finden, sondern halten einfach nur aus, dass wir unterschiedlicher Auffassung sind.“

Als wichtig bezeichnete Weber für die Gattung Radio zudem, sich auf das Alleinstellungsmerkmal zu besinnen. „Wir sind live bei den Hörerinnen und Hörern, teilen gemeinsam diese wilde Welt, reden mit ihnen darüber. Diesen Live-Moment dürfen wir vor lauter Optimierungs- und Einsparungswahnsinn nicht zerstören durch Retortenprogramme oder eine Berieselung, die bloß nicht lästig fallen wird.“ Wohl auch deshalb wird unter Webers Führung in Ismaning mehr live gesendet. Seit Januar sind weite Teile des Oldie-Antenne-Tagesprogramms in der Regel live. Und auch wenn es bei Antenne Bayern abends öfter vorproduzierte Moderationen gibt, ist der Live-Anteil über die Gruppe hinweg gestiegen.

Für die Zukunft sagt Weber „Ki-gestützte Audio-Assistenten“ voraus, die Musik spielen, informieren und den Kalender im Blick haben würden. „Ein interaktiver Begleiter, der mich durch den Tag navigiert. Der sich der Medien bedient, aber selbst kein Medium ist. Das könnte klassisches Radio verdrängen. Die Frage wird sein, wer es erfindet.“

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