Blu-ray der Woche: „Nader und Simin“: Berlinale-Sieger 2011

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Bild: © Auerbach Verlag
Bild: © Auerbach Verlag
Wie in jedem Jahr befindet sich auch in diesem Februar der Nabel der Filmwelt wieder einmal für knappe zwei Wochen in Berlin. Pünktlich zur 2012er-Auflage des bedeutendsten und langlebigsten deutschen Filmfestivals erscheint mit „Nader und Simin – Eine Trennung“ der Abräumer des letztjährigen Wettbewerbs endlich auf dem Heimkinomarkt.

Selten zuvor waren sich Publikum, Festivaljury und Kritik so einig wie 2011: Schon nach den ersten Vorführungen machte das Gerücht die Runde, dass dem iranischen Filmemacher Asghar Farhadi mit seinem ambitionierten Familiendrama ein ganz großer Wurf gelungen sei. „Nader und Simin – Ein Trennung“ wurde als ganz heißer Anwärter auf den Goldenen Bären für den besten Film des Wettbewerbs gehandelt – eine Auszeichnung, die er dann auch völlig zu Recht zugesprochen bekam.

Die Entscheidung der Jury, obendrein dem weiblichen und männlichen Cast von „Nader und Simin“ die Silbernen Bären für den besten Hauptdarsteller bzw. die beste Hauptdarstellerin zuzusprechen, ist sicherlich auch als eindeutiges politisches Statement und als Zeichen an das iranische Volk zu verstehen. In einem Land, in dem Regisseure und Schauspieler weiterhin reihenweise verhaftet und angeklagt und mit schärfsten Repressalien von der freien Ausübung ihres Berufs abgehalten werden, wird jedes Leuchtfeuer, das ein international erfolgreicher Film wie „Nader und Simin“ sein und bedeuten kann, dringend gebraucht und hat jegliche Unterstützung, die er bekommen kann, mehr als verdient. Kommt jetzt auch der Oscar?

 
 
Asghar Farhadi kehrt in diesem Jahr übrigens an die Stätte seines bisher größten beruflichen Triumphes zurück, ist er doch Mitglied der insgesamt siebenköpfigen Fach-Jury der Berlinale. Sein Film ist inzwischen auch bei der diesjährigen Oscarverleihung für die beste ausländische Produktion des Jahres sowie für das beste Drehbuch nominiert – und es wäre alles andere als eine Überraschung, wenn er die begehrte Auszeichnung am 26. Februar tatsächlich zum allerersten Mal in den Iran holen würde.  
 
 
Keine Frage: „Nader und Simin“ ist ein starker Film, der sich lohnt und der die – obwohl nicht gerade neue – trotzdem immer noch interessante Grundproblematik der Scheidung zweier Eheleute auf kontroverse Weise vorstellt. Aber die sich förmlich überschlagenden Lobeshymnen müssen doch einen bestimmten Grund haben, nicht wahr? Was macht die Geschichte und ihre Umsetzung so besonders? Der Schlüssel zu diesen Fragen liegt sicher auch in der Tatsache, dass die eigentliche Trennung von Nader (Peyman Maadi) und Simin (Leila Hatami) mit einer ganzen Reihe von weiteren brisanten Themen kontrastiert und mit hochinteressanten Nebenfiguren ergänzt wird. Filmperle auf internationalem Technik-Niveau

 
Da klingt die politisch brisante Situation im Iran an: ein gesellschaftliches Klima, in dem Simin keinen gesunden Nährboden für eine freie und erfüllte Zukunft ihrer geliebten Tochter sehen kann. Die Problematik, wenn die eigenen Eltern zum Pflegefall werden, wird in einem weiteren zentralen Grundkonflikt auf intensive und mitreißende Weise behandelt. In einem dritten Schwerpunkt wächst sich die Geschichte dann zum spannenden Justizdrama aus, als sich die Hauptfiguren in einem immer komplizierter werdenden Gespinst aus Missverständnissen, Lügen und religiösen Zwängen verstricken, und die Grenzen von Wahrheit, Ehre, Moral und Schuld in all ihrer Komplexität ausgelotet werden.
 
 
Sie merken schon: die ganze Fülle der Facetten des Streifens in wenigen Worten zusammenzufassen, fällt schwer – und so bleibt nur die dringende Empfehlung, diesem eindrücklichen Beispiel eines vielschichtigen Dramas eine Chance zu geben und einen der lohnenswertesten Filme der vergangenen Berlinale-Jahrgänge zu entdecken, zumal sich die iranische Produktion vor der internationalen Konkurrenz nicht zu verstecken braucht und vor allem in Sachen Optik durchaus ansprechende HD-Kost bietet. Unglücklicherweise ist die deutsche Synchronisation nicht optimal gelungen – die große Dringlichkeit des Originals geht so stellenweise leider etwas verloren.Die Wertung

 

 

FILMINHALT: 8 von 10


TECHNIK: 6,5 von 10
 
BILDQUALITÄT: 7,5 von 10
 
TONQUALITÄT: 6 von 10

Fazit: Ein würdiger Gewinner des Goldenen Bären, der in zwei Stunden Laufzeit ein beeindruckendes und mitreißendes Kaleidoskop aus Schuld, Sühne und Moral entwirft.
 
BONUSMATERIAL: 4,5 von 10

Infos zur Blu-ray


 
Genre: Drama | Originaltitel: Jodaeiye Nader Az Simin | Land/Jahr: IR 2011 | Vertrieb: Alive | Bild: MPEG-4, 1.85:1 | Ton: DTS-HD MA 5.1 | Regie: Asghar Farhadi | Darsteller: Peyman Moaadi, Leila Hatami, Sareh Bayat | Laufzeit: 128 Min. | Wendecover: ja | Anzahl Discs: 1 | FSK: ab 6 Jahre | Start: 27. Januar 2012
 
An dieser Stelle präsentiert Ihnen das BLU-RAY MAGAZIN immer dienstags die „Blu-ray der Woche“, die aus Sicht unserer Redakteure die  interessanteste Veröffentlichung der kommenden Tage darstellt. In der vergangenen Woche stand die Blu-ray „Cowboys und Aliens“ im Mittelpunkt.

 
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[Tiemo Weisenseel]

Bildquelle:

  • Inhalte_Blu-ray_Artikelbild: © Auerbach Verlag

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