Blu-ray der Woche: „Ziemlich beste Freunde“: Das Indie-Phänomen

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Bild: © Auerbach Verlag
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Was würden Sie für Ihren besten Freund opfern? Was wären Sie bereit zu tun? Wie aktiv nehmen Sie an seinem Leben teil und bereichern es mit Ihrer Anwesenheit? Egal welche Antworten Sie auf diese Fragen auch finden mögen, die Freundschaft zwischen Driss und Phillippe wird Sie zweifellos in ihren Bann ziehen. „Ziemlich beste Freunde“ ist unsere Blu-ray der Woche.

Das Schicksal ist eine Achterbahnfahrt. Es gibt gute und schlechte Momente. Und für beides ist es von größtem Vorteil einen guten Freund zu haben, mit dem man solche Momente teilt. Das macht das Leben erst lebenswert und den vorliegenden Film zum erfolgreichsten Feel-Good-Movie des Jahres. Freundschaft, etwas Drama und ganz, ganz viel Lebensfreude, mehr bedarf es anscheinend nicht, um in Deutschland über 8,5 Millionen Zuschauer in die Kinos zu locken. In Frankreich waren es sogar 20 Millionen Kinogänger, die sich dieses Glücksbonbon zu Gemüte führten.
 
Nach einem Paragliding-Unfall ist der wohlhabende Kunsthändler Philippe (Francois Cluzet) vom Hals an Querschnittsgelähmt und an den Rollstuhl gefesselt. Driss‘ (Omar Sy) Körper wiederum ist voll funktionsfähig, jedoch fehlt ihm der Job und damit auch das Geld.

Als er bei Philippe als Anwärter auf die Pfleger-Stelle an die Tür klopft, macht er sich keine großen Hoffnungen. Genau genommen will er nur eine Unterschrift, um weiterhin seine Stütze zu erhalten. Sein fehlendes Mitleid und die spitzbübische Respektlosigkeit beim Vorstellungsgespräch machen ihn für  Phillippe interessant, weshalb er ihn probeweise einstellt.
 
Driss sieht zunächst hauptsächlich die neuen Lebensbedingungen, die ihn aus dem tristen Vorstadtleben holen bzw. vor der Obdachlosigkeit bewahren. Die Handgriffe eines Pflegers muss er allerdings erst noch lernen, ebenso wie den Unterschied zwischen Fuß- und Haarpflegemittel. Und wofür die Plastikhandschuhe gut sind, das muss er erst recht noch herausfinden.

Was wie eine Farce beginnt, entwickelt sich mit der Zeit zu einer echten, kompromissfreien Freundschaft, wie es sie nur selten gibt. Obwohl oder gerade weil beide Charaktere von Grund auf verschieden sind und gegen ihre eigenen Dämonen zu kämpfen haben, entdecken sie zusammen den Spaß am Leben, erkunden  die Schönheiten der Kultur und begegnen ihren Problemen mit mehr Gelassenheit und Witz. Besonders dieser Part des Films weckt die Sympathien der Zuschauer und lässt sie direkt am Glück der Protagonisten teilhaben.
 
Der Fakt, dass die Geschichte an einer wahren Begebenheit angelehnt ist, unterstützt das Wohlgefühl, denn umso dramatischer wirkt das Schicksal der ziemlich besten Freunde. Genau genommen handelt es sich nämlich um die Autobiografie des querschnittsgelähmten Champagnerherstellers Pommery Philippe Pozzo die Borgo, der seit seinem Unfall im Jahre 1993 nur noch sein Gesicht bzw. seinen Kopf bewegen kann. Eric Toledano und Olivier Nakache, die beiden Regisseure, besuchten ihn in seiner Villa in Marrakesch, in der er heute mit seiner zweiten Ehefrau und seinen Kindern lebt. Durch seinen damaligen Pfleger Abdel Yasmin Sellou erlebte er einen Aufschwung, der ihn zu seinem jetzigen Lebensmut führte. Nach dem krankheitsbedingten Tod seiner ersten Frau fiel er nämlich in eine tiefe Depression, die er erst durch den damals 21-jährigen Algerier überwinden konnte.

Es gab schon so einige Anfragen von Regisseuren, die sehr gerne die Geschichte Phillipes und Abdel verfilmt hätten, doch erst das Duo Toledano und Nakache konnten die beiden überzeugen. Und das war gut so, denn trotz der Ernsthaftigkeit des Themas und der Situationen gelingt es dem Film immer wieder ein ungezügeltes Lachen zu entfachen bzw. das Publikum zum Lächeln zu bringen. Und das, ohne theatralisch, albern oder grotesk zu werden. Es ist einfach jene Art von Situationskomik, die keiner weiteren Erklärung bedarf. Unterhaltungstechnisch bewegt sich der Film daher auf höchstem Niveau und stellt daher pures Gold für jede Filmsammlung dar.
 
Für „Ziemlich beste Freunde“ investierte Senator in einen nahezu makellosen Bildtransfer. Sehr klare, kontrast- und detailreiche Bilder zeichnen die Blu-ray-Präsentation ohne Kompromisse aus. Und die Qualität lohnt sich: Phillipes Anwesen überschwemmt den Betrachter förmlich mit wunderbaren Verzierungen und vehementem Luxus für die Augen. Von der Lichtstimmung her wirken viele der Einstellungen aufgrund ihrer Farbgebung unterkühlt. Durch das Spiel mit der Tiefenschärfe kommt zudem noch ein weiterer ästhetischer Aspekt hinzu. Gezielt eingesetzte Unschärfen holen den Fokus auf die beiden Protagonisten noch näher heran, denn die sogenannten „Tilt-Shift“-Aufnahmen suggerieren eine Mini-Welt, ein kleines Universum, dass sich ausschließlich um zwei Charaktere dreht.

Um ein Minimales Geschehen dreht sich auch der Ton, der nicht mehr versucht, als die Dialoge der an dem Stück teilnehmenden Menschen einzufangen. Die Klangqualität ist perfekt und die Abmischung sehr gut, wobei der Räumlichkeit ganz offenbar keine größere Beachtung geschenkt wurde. Auf der Bonusdisc erfahren Sie alles über die wahre Geschichte in einer 47-minütigen Dokumentation. Zusätzlich gibt es 8 Minuten gelöschte Szenen, ein 30-minütiges Making-of, sowie Interviews (8 Min.).  
 
Aufgrund des großen Erfolges wird es neben der standardmäßigen sowie neben der Doppeldisc-Version eine limitierte Fan Edition des Films mit insgesamt 7 Discs (3 DVDs + 2 Blu-rays  + 2CDs + Digital Copy) geben. Außerdem wird die Klappdeckelschachtel mit Magnetverschluss ein 24-seitiges Booklet enthalten sowie das Filmposter, 6 Filmpostkarten, eine Original-Soundtrack-CD, eine Hörbuch-CD (mp3). Auf der Film-Blu-ray ist zudem eine Audiodeskription für Sehbehinderte und Blinde enthalten. Damit Sie den Film problemlos zu Ihren Freunden mitnehmen können, bietet das Paket außerdem eine Digital Copy. Die Wertung

 

 

FILMINHALT: 8,5 von 10


 
TECHNIK: 8 von 10
 
BILDQUALITÄT: 9,5 von 10
 
TONQUALITÄT: 7 von 10
 

Fazit: Das massenkompatible Indie-Phänomen punktet vor allem durch seine glaubwürdigen Darsteller, das angenehme Erzähltempo sowie eine große Portion Lebensfreude.


 
BONUSMATERIAL: 6 von 10

Infos zur Blu-ray


 
Genre: Drama | Originaltitel: Intouchables | Land/Jahr: FR 2011 | Vertrieb: Senator/Universum | Bild: MPEG-4, 1.78:1 | Ton: DTS-HD MA 5.1 | Regie: Eric Toledano, Olivier Nakache | Darsteller: François Cluzet, Omar Sy, Audrey Fleurot| Laufzeit: 112 Min. | Wendecover: k.A. | Anzahl Discs: 1 | FSK: ab 6 Jahre | Start: 07. September 2012
 
An dieser Stelle präsentiert Ihnen das BLU-RAY MAGAZIN immer dienstags die „Blu-ray der Woche“, die aus Sicht unserer Redakteure die  interessanteste Veröffentlichung der kommenden Tage darstellt. In der vergangenen Woche stand die Blu-ray „Singin‘ In The Rain“ im Mittelpunkt.

 
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[Falko Theuner]

Bildquelle:

  • Inhalte_Blu-ray_Artikelbild: © Auerbach Verlag

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