
Mainz – Jeder vierte Deutsche über 14 Jahre spielt am Computer. 2,6 Milliarden Euro Rekordumsatz prognostiziert die Branche für das laufende Jahr und verspricht mit ihren digitalen Produkten einen hohen Spaß- und Lernfaktor.
Doch in vielen Computerspielen geht es auch ums Schießen, Schlagen und Töten. Ob Killerspiele oder Horrorfilme, virtuelle Gewalt bleibt nicht folgenlos, so die Erkenntnis einiger Wissenschaftler – auch wenn über Ausmaß und Konsequenzen heftig gestritten wird.
„Mediengewalt ist ein eigenständiger Faktor, der selbst nicht-prügelnde Kinder gewalttätig macht“, warnt etwa der Münchener Schulpsychologe Dr. Werner Hopf. Jedevierte Gewalttat sei auf Medien zurückzuführen, heißt es in seiner neuesten Studie. Auch der Göttinger Professor für Neurobiologie Gerald Hüther erkennt fließende Übergänge zwischen virtueller und realer Gewalt. So hätten viele Jugendliche „nicht mehr das Gefühl für das Reale“, würden „bedenkenlos den anderen treten, weil sie es aus der virtuellen Welt mitgebracht haben“.
Der Pädagogik-Professor Wassilis Kassis, der umfangreiche Studien zur Wirkung medialer Gewalt auf Schüler leitete, schränkt ein: „Die Gewaltmedien, so schändlich sie auch sein mögen, haben einzig bezogen auf eine ganz spezifische jugendliche Gruppe eine so negative Auswirkung, dass es nachher auch zu Gewaltakten kommt.“
Die Dokumentation greift die gesellschaftliche Debatte um Gewalt in den Medien auf und lässt diejenigen zu Wort kommen, die es direkt betrifft: junge Menschen, die Stunde um Stunde vor dem Computer sitzen und auf Spielfiguren zielen, einen negativen Effekt jedoch weder bemerken noch befürchten.
Der Film zeigt aber auch junge Männer, die irgendwann zwischen virtueller und realer Welt nicht mehr unterscheiden konnten. Ganz offen reden sie über die Verwirklichung von Gewaltphantasien in realen Taten bis hin zu schweren Gewaltdelikten, wie der 20-jährige Özcan. „Dieser ganze Frust, den ich in mir getragen habe, keiner wollte mit mir sprechen, dann hatte ich nur noch diese Videospiele und das Video, und dann ist es zur Tat gekommen. Ich hatte nichts
anderes mehr als Gewalt.“
Ähnlich erging es auch dem 19-jährigen Karl: „Zu Hause hatte ich oft nicht das Sagen, als Jüngster in der Familie. Da habe ich auch Gewalt erfahren und da war es für mich eine Abwechslung, im Spiel an der Macht zu sein, am längeren Hebel zu sein.“
Es ist das erste Mal, dass Hintergrundgespräche mit jungen Gewalttätern gefilmt werden durften. Ihre Aussagen werden mit Hilfe ihrer psychologischen Betreuer eingeordnet.
„Gefährliches Flimmern – Wenn virtuelle Gewalt real wird“, ein Film von Rainer Fromm, ist am Mittwoch (24. September) um 0.35 Uhr im ZDF zu sehen. [cg]
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