
Leipzig – Der blutrünstige Zuschauer, der von einer Krimiserie zur nächsten zappt, scheint eine Mär.
„Erfreulicherweise will der Großteil der Zuschauer keine Gewalt, sondern Berg- und Wiesenfilme“, sagte RTL-Gründer Prof. Dr. Helmut Thoma bei der Diskussion „Wie viel Tote verträgt das Vorabendprogramm?“ während des Medientreffpunkts Mitteldeutschland am Mittwoch in Leipzig.
Mit zu viel Gewalt verschrecke man eher die Zuschauer als sie an ein Programm zu binden. Daher verzichteten die meisten Daily Soaps auf blutige Konflikte. „Die Spezialisten, die unbedingt Gewalt brauchen, gehen ins Internet“, so Medienberater Thoma.
Werner Dieste, Direktor des Landesfunkhauses Thüringen des Mitteldeutschen Rundfunks, teilte diese Beobachtung. Als jüngst ein Regionalzug im thüringischen Arnstadt in eine Rinderherde raste und der MDR abends Bilder der toten Tiere ausstrahlte, habe es mehrere Beschwerden von Zuschauern gegeben. Daher entscheide man sich im Zweifel immer gegen Aufnahmen von Unglücken, wohl wissend, dass andere Sender sie zeigten.
Dies hängt wohl auch damit zusammen, dass manche Zuschauer das im Fernsehen Gezeigte mit der Wirklichkeit verknüpfen. „2006 gab es in Deutschland 376 Morde. Morde im Fernsehen erwecken den Eindruck, dass es wesentlich mehr sein müssten“, sagte Dieste.
Der Medienbeauftragte des Rates der Evangelischen Kirche in Deutschland, Markus Bräuer, verwies auf die ethische Dimension: „Im Fernsehen ist der Tod normal, während er im realen Leben ins Krankenhaus, in Altenheime und in Hospize verlagert wird.“ Barbara Sichtermann, Mitglied der Adolf-Grimme-Preis-Jury, wehrte sich gegen Pauschalurteile. TV-Serien wie CSI stellten spektakuläre Todesfälle vor. In den USA erreichte CSI höchste Einschaltquoten und ist heute auch hierzulande beliebt. Die im deutschen Vorabendprogramm gezeigten Krimiserien von ZDF und Sat.1 seien dagegen eher sanft.
Dies bestätigte auch Produzent Steven S. Heyland von der Produktionsfirma SHE MEDIA Production. „Die Zuschauer wollen unterhalten werden, da braucht es keine brutalen Geschichten“, sagte er. Die amerikanischen Krimiserien seien dagegen um einiges brutaler und lebten von der Dramatisierung in Held und Antagonist. Er warnte davor, dass im Fernsehen Gezeigte mit der Realität auf eine Stufe zu stellen.
„Das ist ein Trugschluss. Wir dramatisieren die Realität und treiben sie teilweise auf die Spitze. Das ist Entertainment“, so Heyland. (Medientreffpunkt)[mg]
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