
In wenigen Tagen startet auf Paramount+ die neue Gangster-Serie „Mobland“ unter der Regie von Guy Ritchie: Tom Hardy, Pierce Brosnan, Helen Mirren und Paddy Considine reiben sich in einer zappendusteren Vendetta auf.
Britische Gangster-Filme bzw. -Serien vor Londoner Kulisse gibt es wie Sand am Meer. „Mobland“ gelingt es dennoch, aus dieser oft generischen Masse qualitativ hervorzustechen und sich dabei selbstbewusst die Krone aufzusetzen. Das Ergebnis ist definitiv nichts für schwache Nerven! Die neue Serie startet hierzulande am 30. Mai auf Paramount+ und Regisseur Guy Ritchie stellt einmal mehr unter Beweis, dass er bei kompromisslosen Gangster-Thrillern genau in seinem Metier ist. Mitsamt einer hochkarätigen Besetzung reizt er den berstenden Spannungsbogen bis zum Äußersten aus.
Ein Pulverfass kurz vorm Explodieren

Die Story liefert im Kern einen klassischen Mafia-Plot. In dessen Mittelpunkt steht der irische Harrigan-Clan, welcher in der Londoner Unterwelt den Ton angibt. Der Sohn der verfeindeten Stevensons, die im Drogengeschäft die Nase vorn haben, verschwindet in einer exzessgetriebenen Clubnacht spurlos und war offenbar vorher mit dem jüngsten Harrigan-Spross Eddie (Anson Boon) unterwegs. Diese brandgefährliche Pulverfass-Situation könnte schnell zu einem brutalen Bandenkrieg eskalieren. Daher sollen zunächst einmal die Wogen geglättet werden, um mehr Licht in die Sache zu bringen. Dass letztlich alles aus dem Ruder läuft und verheerende Konsequenzen nach sich zieht, dürfte kaum verwundern … ebensowenig wie, dass im Hintergrund Verrat, Verschwörungen und diverse doppelte Spiele ablaufen.
Die Crème de la Crème der britischen Schauspielriege
Viel spannender als die zwar sehr unterhaltsame, aber gar nicht mal so originelle Erzählung selbst, welche nach und nach die klassischen Züge einer griechischen Tragödie offenbart, ist tatsächlich die Rollenverteilung und die ausgeklügelte Dynamik innerhalb der Figurenkonstellation dieses Gangster-Stücks. Die erstklassige Besetzung hat einen entscheidenden Anteil an der dichten Spannung sowie der verführerischen Strahlkraft von „Mobland“.

An der Spitze des Harrigan-Clans steht Pierce Brosnan als der großväterliche Patriarch Conrad und es ist wahrlich eine Freude, den 1990er James-Bond-Darsteller nach seinen zunehmend mäßigen Filmauftritten der letzten Jahre hier endlich mal wieder in bestechender Höchstform zu sehen. Hinzu kommt eine grandiose Helen Mirren, die viele jüngst aus dem „Yellowstone“-Spin-off „1923“ an der Seite von Harrison Ford in Erinnerung haben dürften. In „Mobland“ schüttelt Mirren mit würdevoller Souveränität die hochintrigante Maeve aus dem Ärmel, die als Conrads Ehefrau und Familienmatriarchin wie die biblische Salome mit grausamer Zielstrebigkeit die Strippen im Hintergrund zieht.
„House Of The Dragon“-Star Paddy Considine gibt überdies Conrads und Maeves oft aufbrausenden, aber ebenso oft resignierten Sohn Kevin, der hier noch zu den bodenständigeren Charakteren zählt. Ein Großteil des Rampenlichts gehört natürlich dem Hauptstar Tom Hardy („Mad Max: Fury Road“, „Venom“), der als Harry Da Souza die Nummer Eins in den Diensten der Harrigans ist und mit stoischer Präzsion und pragmatischer Brutalität die kniffeligsten Probleme aus der Welt schafft, bis er schließlich selbst zur Zielscheibe wird.
Wer Gangster-Serien mag, muss „Mobland“ gucken!

„Mobland“ spart wahrlich nicht an allen möglichen Gangster-Klischees, aber das stört hier überhaupt nicht. Im Gegenteil zurrt sich der Spannungsbogen dermaßen fest, dass es einen ganz hibbelig machen kann. Und das gelingt gleich ab den allerersten Minuten. Tom Hardy fällt trotz seines großartigen Auftritts in „The Revenant“ normalerweise nicht gerade als der wandlungsfähigste Schauspieler auf, aber für die Rolle des Harry Da Souza in „Mobland“ ist er mit seiner mächtigen physischen Präsenz der perfekte Kandidat. Pierce Brosnan dagegen überrascht als altersweiser Gangster-Pate mit einer durchdringenden Aura der Unberechenbarkeit. Die schauspielerische Harmonie vor der Kamera zwischen Hardy und Brosnan sowie zwischen Brosnan und Hellen Mirren oder zwischen Hardy und Paddy Considine ist wunderbar mit anzusehen.
Die Inszenierung ist vor allem handwerklich sehr hochwertig und punktet ästhetisch mit düsterer Kälte und drückender Schwermut. Das kann zwar dauerhaft aufs Gemüt gehen, gehört aber unverkennbar zur DNA der gesamten Serie. Regisseur Guy Ritchie fährt die Intensität und die Spannung wie mit einem Fingerschnippen hoch und zwar genau dann, wenn es vonnöten ist, was bezeichnender Weise fast durchgehend der Fall ist. „Mobland“ etabliert direkt mit dem Einstieg ein sehr hohes Niveau und kann dieses auch aufrecht erhalten (zumindest, soweit das nach den ersten vier Episoden zu beurteilen ist).

„Mobland“ ist also eine klare Empfehlung an alle, die irgendetwas mit Gangster-Geschichten anfangen können. Vergleicht man die neue Serie insbesondere mit Guy Ritchies zwar ebenfalls brutalen, aber meist auch leichtfüßig witzelnden Frühwerken „Bube, Dame, König, grAS“ (1998) oder „Snatch – Schweine und Diamanten“ (2000), fällt sofort auf, dass „Mobland“ alles andere als leichtfüßig oder witzig ist, dafür aber richtig finster sein kann, was wohl hauptsächlich auch auf den Drehbuchautor Ronan Bennett zurückzuführen ist. Lässt sich zu Beginn nur die Spitze des Eisbergs erahnen, offenbart sich ganz langsam, aber mit beständiger Intensität eine abgründige Tiefe. Und vor allem ist „Mobland“ eine richtig packende Thriller-Achterbahn.
Ab dem 30. Mai gibt es die ersten drei Episoden auf Paramount+ zu sehen. Die weiteren Folgen von insgesamt zehn folgen dann im wöchentlichen Rhythmus und es lohnt sich, dran zu bleiben.