
Leipzig – Nachdem beim Pay-TV-Sender Premiere offenbar wurde, dass im Vorfeld des Börsenganges im Jahr 2005 die Abonnentenzahlen künstlich aufgebläht worden sind, drohen nun Kleinanleger mit Klagen.
Als Folge der Premiere-Pleite halbierte sich nicht nur der Aktienkurs, zahlreiche Kleinanleger sind seitdem auch verunsichert und fühlen sich aufgrund der Fehlinformation über falsche Abonnenten-Zahlen verprellt. DIGITAL FERNSEHEN wollte daher von Daniel Bauer, dem Sprecher der Schutzgemeinschaft der Kapitalanleger e.V. (SdK), wissen, was er Kleinanlegern rät und wie er selbst den Fall bewertet.
DIGITAL FERNSEHEN: Herr Bauer, gibt es bei Ihnen bereits Nachfragen von Kleinanlegern, die gegen Premiere klagen wollen?
Daniel Bauer: Wir haben schon entsprechende Anfragen von Mitgliedern erhalten, welche Optionen möglicherweise bestehen. Konkrete Klageabsichten wurden uns gegenüber aber noch nicht bestätigt.
DIGITAL FERNSEHEN: Wie bewerten, nach Ihren Informationen, die Kleinanleger den Fall?
Daniel Bauer: Eine fundierte Bewertung auf Basis der Fakten, die in der Mitteilung der Premiere AG vom 2. Oktober 2008 genannt wurden, ist in der Kürze der Zeit noch nicht möglich. Bisher ist nur bekannt, dass die Premiere AG auf Grund einer neuen Klassifizierung ihrer Abonennten ca. 904 000 Abonennten weniger hat. Viele Anleger fühlen sich aufgrund der Fehlinformation natürlich hinters Licht geführt und es muss sicherlich überprüft werden, wer die Verantwortung für diese Fehlinformation zu tragen hat und wie diese solange aufrecht erhalten werden konnte.
Dass Premiere zuvor anscheinend auch diejenigen als Abonennten klassifiziert
hat, die nie eine Smartcard von Premiere aktiviert hatten bzw. keine Gebühren für ein Abo bezahlt haben, ist natürlich nicht verständlich. Jedoch stellt sich damit auch die Frage, woher die Umsatzzuwächse zum Beispiel im ersten Halbjahr 2008 resultieren. Sollten, wie jetzt anzunehmen ist, die Abozahlen zu hoch ausgewiesen worden sein, und seit Börsengang nicht angestiegen oder sogar rückläufig gewesen sein, dann müsste folglich der Umsatz pro Kunde ja höher gewesen sein als bisher veröffentlicht. Es stellen sich also noch viele Fragen, die es in Zukunft zu klären gilt. Und diese dürften dann nicht nur ehemalige Vorstände, sondern auch Aufsichtsräte und die Abschlussprüfer, betreffen.
DIGITAL FERNSEHEN: Es deuten sich gravierende Verstöße gegen die im Verkaufsprospekt getätigten Aussagen von Premiere an. Was raten Sie Kleinanlegern?
Daniel Bauer: Sollte nachweislich gegen Aussagen im Emissionsprospekt verstoßen worden sein, dann könnte man eventuell zu einer Prospekthaftungsklage raten, sofern die Fristen hierfür nicht bereits abgelaufen sind. Eine endgültige Beurteilung des Sachverhaltes und möglicher Ansprüche von Anlegern war aber bisher nicht möglich, wir werden dies aber weiter verfolgen. Sollten unserer Meinung nach belastbare Gründe für eine Prospekthaftungsklage oder eine anderweitige Schadensersatzklage vorliegen, dann wird die SdK dies auch öffentlich bekanntmachen.
DIGITAL FERNSEHEN: Herr Bauer, vielen Dank für das Interview. [cg]
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