
Leipzig – Über Störungen des Fernsehempfangs durch Gleichkanalbelegung von Rundfunkdiensten im Kabel und mobilem Internet sprach DIGITAL FERNSEHEN mit Dr. Ralf Heublein, Geschäftsführer des Verbands Deutscher Kabelnetzbetreiber e.V. Anga.
„Grundsätzlich könnte ein Endkunde Störungen auf seinem TV-Gerät vermeiden, indem er sein mobiles Endgerät ausschaltet, während er fernsieht – dies kann natürlich keine sinnvolle Lösung sein“, sagt Dr. Ralf Heublein. Erschwerend wirke, dass diese Störungen auch durch eine 15 Zentimeter dicke Stahlbetonwand hindurch auftreten können, sagt der Geschäftsführer des Anga-Verbands.
DIGITAL FERNSEHEN: Herr Dr. Heublein, laut einer Untersuchung des Instituts für Rundfunktechnik (IRT) und des Verbands Deutscher Kabelnetzbetreiber Anga führt eine Gleichkanalbelegung von Rundfunkdiensten im Kabel und mobilem Internet im Frequenzbereich 790 – 862 MHz zu massiven Störungen des Fernsehempfangs beim Endkunden. Welche Konsequenzen ziehen Sie aus diesen Ergebnissen?
Dr. Ralf Heublein: Wir haben durch unsere Untersuchung festgestellt, dass die analogen und digitalen Fernsehprogramme bei Kabelkunden im Falle einer parallelen Nutzung dieser Frequenzbereiche durch die zukünftige Generation der mobilen Datenübertragung LTE (Long Term Evolution) enorm beeinträchtigt werden. Die Störungen wirken sich vorrangig direkt auf die Rundfunkempfangsgeräte aus. Daher fordern wir eine genaue Prüfung und die Erarbeitung von Szenarien für die verträgliche Nutzung beider Frequenzen.
DF: Ursache für die Störungen sei weniger die Übertragung der Daten vom Sendemast zum Endkunden, sondern vielmehr die Rücksendung der Daten vom mobilen Endgerät in der Wohnung des Nutzers, heißt es in der Untersuchung. Was bedeutet dies für den Endkunden?
Heublein: Grundsätzlich könnte ein Endkunde Störungen auf seinem TV-Gerät vermeiden, indem er sein mobiles Endgerät ausschaltet, während er fernsieht – dies kann natürlich keine sinnvolle Lösung sein. Erschwerend wirkt, dass diese Störungen auch durch eine 15 Zentimeter dicke Stahlbetonwand hindurch auftreten können. Das Fernsehbild bei einem Kabelkunden kann daher durch die mobile Internetnutzung eines Nachbarn beeinträchtigt werden. Die Kunden und die Servicekräfte der Kabelunternehmen können in solchen Fällen die Probleme kaum lokalisieren.
DF: Die Untersuchung zeigt, dass sich die Störungen vorrangig auf die Rundfunkempfangsgeräte direkt auswirken. Was kann der Endkunde tun, um weiterhin Rundfunkprogramme störungsfrei zu empfangen?
Heublein: Da es nach unseren Erkenntnissen momentan keine Rundfunkempfangsgeräte auf dem Markt gibt, die störungsresistent sind, kann der Endkunde momentan leider nichts tun. Es könnte beispielsweise auch ein Ergebnis der weiteren Untersuchungen sein, dass solche Endgeräte zukünftig entwickelt werden sollen oder man die Leistungsstärken der mobilen Endgeräte an die Empfindlichkeit dieser Endgeräte anpasst.
Ursache ist weniger die Übertragung der Daten vom Sendemast zum Endkunden, sondern vielmehr die Rücksendung der Daten vom mobilen Endgerät in der Wohnung des Nutzers. Hier befindet sich die Störquelle direkt im Haushalt. Bei Sendestärken, die rund einem Hundertstel der Spitzenleistung eines GSM-Handys entsprechen, treten bereits Bildausfälle auf. Durch die hohe Schirmung der Kabelnetze sind diese deutlich unempfindlicher gegenüber Störeinstrahlung als Endgeräte, trotzdem ist dieses Phänomen sehr beunruhigend.
DF: Probleme werden auch flächendeckend auftreten, denn das mittlerweile von der Bundesnetzagentur vorgelegte Eckpunktepapier zur Zuteilung der Frequenzen der digitalen Dividende sieht einen bundesweiten Regelbetrieb vor und keineswegs eine Beschränkung auf die sogenannten weißen Flecken, berichtet der ANGA-Verband.
Der Präsident der Landesanstalt für Kommunikation (LFK), Thomas Langheinrich, sagte gegenüber DIGITAL FERNSEHEN auf Anfrage: „Da zuerst primär die weißen Flecken ohne Kabel- und DSL-Anbindung mit Funkinternet versorgt werden sollen, werden sich im Kernversorgungsgebiet keine Störungsprobleme ergeben. Natürlich ist es aber möglich, dass es in Randgebieten möglicherweise zu Beeinträchtigungen im Rundfunk-Empfang beim Kabel kommen kann“.
Genau deshalb würden die Versuchsprojekte gestartet, um ein Störungspotential zu ermitteln und ggf. geeignete Schritte zur Eingrenzung zu unternehmen. „Nicht nur bei diesen Fragen sind wir im konstruktiven Austausch mit Kabel BW und auch der ANGA“, so Langheinrich. Was hat sich aus den Gesprächen mit der LfK bislang ergeben?
Heublein: Wir befinden uns in konstruktiven Gesprächen mit der Landesanstalt für Kommunikation und freuen uns, dass das Pilotprojekt der LfK in Baden-Württemberg die Auswirkungen auf den DVB-C-Fernsehempfang im Kabel untersuchen wird. Darüber hinaus ist es noch zu früh, um über weitere Ergebnisse unserer Gesprächen berichten zu können.
Bei diesem Thema möchte ich jedoch noch folgendes betonen: Da zwei Drittel aller deutschen Haushalte über das Kabel versorgt werden können, gibt es praktisch kaum weiße Flecken, bei denen nicht in unmittelbarer Nähe auch Kabelnetze liegen. Wie von Herrn Langheinrich erwähnt, soll demnach bei den Untersuchungen ebenfalls geprüft werden, ob auch benachbarte Gebiete betroffen sind.
DF: Welche technischen Alternativen gibt aus Sicht der Anga zu dem ja offensichtlich sehr problematischen Sendeverfahren, bei dem Rundfunkfrequenzen für Breitbandinternet genutzt werden soll?
Heublein: Eine technische Alternative gibt es aus unserer Sicht nicht. Die Digitale Dividende soll ja zukünftig für mobiles Internet genutzt werden. Wir fordern jedoch ganz klar, dass vor einer solchen Zuteilung der Frequenzen die Auswirkungen auf die drahtgebundene Rundfunkverbreitung umfassend geprüft und Szenarien für eine verträgliche Nutzung entwickelt werden müssen. Lösungen bieten möglicherweise die Absenkung der Sendeleistungen der Endgeräte oder der Einsatz fest installierter Außeneinrichtungen, die die Daten empfangen und zurück senden.
DF: Herr Dr. Heublein, vielen Dank für das Gespräch. [ar]
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