
Leipzig – Wenn ein Gerät nicht im Einsatz ist, abschalten! Auf diese Weise kann bereits viel Energie eingespart werden, sagt Corinna Fischer, Referentin für energieeffiziente Produkte und Normung bei der Verbraucherzentrale. DIGITAL FERNSEHEN sprach mit ihr über das Energiesparen in der Unterhaltungselektronik.
Geräte per Fernbedienung auszuschalten, reicht nicht aus, sagt Corinna Fischer. Geräte, die keinen Knopf zum Ausschalten haben, können die Verbraucher an eine Steckerleiste anschließen, mit der sich alle Geräte auf einen Knopfdruck ausschalten lassen, empfiehlt die Expertin von der Verbraucherzentrale. Beim Kauf sollten Kunden auf den Energieverbrauch der Geräte achten.
DIGITAL FERNSEHEN: Frau Fischer, Set-Top-Boxen, Fernseher und DVD-Player laufen bei Verbrauchern oft rund um die Uhr. Eine Studie der Deutschen Energie-Agentur hat ergeben, dass sich in Deutschland 140 Millionen Euro Elektroenergie einsparen lassen würden, wenn nur die Hälfte der 39 Millionen Haushalte in Deutschland während einer zweiwöchigen Urlaubsreise die unnötigen Geräte vom Netz nehmen würde. Wie können Verbraucher Ihrer Meinung nach den Energieverbrauch von solchen Elektrogeräten langfristig reduzieren?
Corinna Fischer: Die einfachste, sofort umsetzbare Möglichkeit: Nehmen Sie das Gerät vom Netz, wenn Sie es nicht brauchen. Fernbedienung reicht nicht! Findet sich an dem Gerät selbst kein „Aus“-Schalter mehr, können Sie eine schaltbare Steckerleiste verwenden. Damit schalten Sie alle Geräte auf einen Knopfdruck aus.
DF: Wie kann der Verbraucher durch sein Kaufverhalten Einfluss auf die Industrie nehmen?
Fischer: Achten Sie auf sparsame Geräte! Nicht nur im Standby, vor allem im Betrieb unterscheiden sich die Stromverbräuche z.B. bei Fernsehern sehr stark. Sie wachsen vor allem mit der Bildschirmdiagonale. Aber selbst bei gleicher Größe kann ein verschwenderisches Gerät bis zu doppelt so viel Strom fressen wie ein sparsames. Also: Überlegen Sie, wie groß das Gerät sein muss und erkundigen Sie sich nach dem Verbrauch.
Eine Hilfe bieten die Stiftung Warentest (Hefte 5/08 und 9/08), die aktuelle Marktübersicht des BUND oder Webseiten wie www.ecotopten.de oder www.ecochoice.de. 2009 soll außerdem eine Kennzeichnung eingeführt werden, wie es sie für Kühlschränke und Waschmaschinen schon gibt. Wie erfolgreich das war, sieht man daran, dass das Label nun aktualisiert werden muss, weil fast nur noch „A“-Kühlschränke auf dem Markt sind.
DF: Es ist von EU-Seite eine sogenannte EuP-Richtlinie (Directive for energy using products) erlassen worden, die Rahmenbedingungen für umweltschonende und energiesparende Produkte installiert und ein sogenanntes „Eco-Design“ entworfen hat, das Richtwerte für den Energieverbrauch von Set-Top-Boxen vorgeben soll. Ist eine solche Richtline aus Ihrer Sicht sinnvoll?
Fischer: Sie ist sehr sinnvoll. Mit der Festlegung von Mindestanforderungen werden die schlechtesten Geräte aus dem Markt genommen; der Verbraucher braucht sich damit dann gar nicht mehr auseinanderzusetzen. Eine ausreichende Geräteauswahl bleibt dennoch gewährleistet. Die Regelung für Set-Top-Boxen, für die sich die Mitgliedsstaaten am 28. September ausgesprochen haben, spart geschätzte 47 000 Wattstunden. Das ist mehr als die gesamte jährliche Nuklearstromerzeugung Finnlands und der Slowakei zusammengenommen. Für den Verbraucher senkt sie die Gerätekosten über die gesamte Lebensdauer um 30 Prozent. Nach den Set-Top-Boxen sind nun als Nächstes die Fernsehgeräte dran; später folgen etwa DVD-Spieler und Rekorder.
DF: Was muss die Politik noch für energiesparende und umweltschonende Produkte aus der Unterhaltungselektronik tun?
Fischer: Wir bräuchten eine koordinierte Politik für Energieeffizienz. Im Moment sind die Zuständigkeiten zerstückelt. Mehrere Ministerien, die deutsche Energieagentur und weitere nachgeordnete Stellen arbeiten oft aneinander vorbei. Hilfreich wäre ein Stromsparfonds nach dänischem Vorbild als zentraler Akteur. Konkret für Unterhaltungselektronik brauchen wir dringend eine bessere Marktübersicht, d.h. eine einheitliche und transparente Kennzeichnung des Stromverbrauchs im Betrieb und im Standby. Verbraucher müssen außerdem mehr für das Thema sensibilisiert werden. Anders als bei Haushaltsgeräten sind die Probleme oft nicht bekannt.
DF: Welche Anstrengungen müssen die Hersteller unternehmen, um umweltverträgliche Produkte auf den Markt zu bringen?
Fischer: Der Energieverbrauch kann noch stark gesenkt werden, bei Fernsehern z.B. um bis zu 40 Prozent. Daneben sind große Anstrengungen bei der Materialeffizienz und bei der Vermeidung giftiger Bestandteile wie Blei und Quecksilber erforderlich. Auch die Reparatur- und Recyclingfähigkeit muss verbessert werden: Produkte der Unterhaltungselektronik enthalten oft seltene und wertvolle Rohstoffe, die wieder gewonnen werden sollten.
DF: Was kann die Verbraucherzentrale tun, um das Bewusstsein der Verbraucher bezüglich Energiesparen und „grünerUnterhaltungselektronik“, insbesondere Fernsehempfangstechnik zu schärfen?
Fischer: Die Verbraucherzentralen haben ein bundesweites Energieberatungsprojekt, in dem jährlich ca. 70 000 Haushalte zu allen Energiefragen beraten werden, die sie wünschen. Es ist aber wichtig, dass wir neben dem traditionellen Fokus auf Gebäude auch die Bereiche Strom sparen und Unterhaltungselektronik weiter ausbauen. Insbesondere wollen wir bessere Information und Marktübersichten zur Verfügung stellen: Zur Zeit weiß kaum jemand, was ein Gerät verbraucht oder was darin enthalten ist. Wenn es die Information überhaupt gibt, ist sie versteckt und kaum vergleichbar. Außerdem setzen wir uns auf politischer Ebene, etwa bei der angesprochenen EuP-Richtlinie, für anspruchsvolle Mindeststandards ein.
DF: Frau Fischer, vielen Dank für das Interview. [ar]
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