
Leipzig – In der Diskussion um den Einsatz proprietärer Systeme in den Kabelnetzen sprachen wir mit einem Sprecher des Westdeutschen Rundfunks.
Im Gespräch mit DIGITAL FERNSEHEN spricht sich WDR-Sprecher Uwe-Jens Lindner für den Einsatz von einheitlichen Standards aus. Außerdem sieht er keine Alternative zur Multimedia Home Platform MHP.
DIGITAL FERNSEHEN: Aufgrund der Möglichkeit, dass die Kabelnetzbetreiber unterschiedliche Middleware-Lösungen einsetzen könnten, würde sich die technische Divergenz zwischen den Kabelnetzbetreibern noch verstärken. Wie beurteilt der WDR diese mögliche Entwicklung?
Uwe-Jens Lindner: Der WDR hat sich schon immer für den Einsatz von Standards zur Übertragung seiner Angebote ausgesprochen. In allen Kabelnetzen können seine Angebote mit im freien Markt erhältlichen Standard-Receivern unverschlüsselt empfangen werden. Für die interaktiven Angebote gibt es zur Multimedia-Home-Plattform keine Alternative. Bezüglich der Entwicklung von Middleware-Lösungen für Kabelnetzbetreiber steht der WDR sowie das Institut für Rundfunktechnik mit den Kabelnetzbetreibern in Kontakt.
DF: Wie würde der WDR auf ein mögliches „Middleware-Chaos“ in den Kabelnetzen reagieren?Welche Möglichkeiten sehen Sie, ein solches Szenario zu verhindern?
Lindner: Nach den uns vorliegenden Informationen sehen wir kein Middleware-Chaos. Die bisher geführten Gespräche lassen erkennen, dass auch die Kabelnetzbetreiber Interesse an einer harmonisierten Lösung haben.
DF: Hat der WDR als Inhalteanbieter überhaupt noch Interesse an interaktivem Fernsehen oder betrachten Sie die Etablierung von interaktivem Fernsehen in Deutschland als gescheitert?
Lindner: Der WDR hat nach wie vor ein hohes Interesse an interaktivem Fernsehen. Eine Lösung lässt sich jedoch nicht im Alleingang erreichen.
DF: Haben Sie Interesse an einer Middleware im Netz des jeweiligen Kabelnetzbereibers und würden Sie den Netzbetreiber mit interaktiven Anwendungen unterstützen? Welche Anwendungen würden Sie gemeinsam mit dem Netzbetreiber entwickeln?
Lindner: Interaktive Anwendungen können grundsätzlich nur auf Basis einheitlicher Standards zur Verfügung gestellt werden, so dass alle Kabelzuschauer gleichermaßen diese Anbote nutzen können. Weiterentwicklungen auf der Basis unseres umfangreichen Videotextangebotes wären denkbar. Solange jedoch die Technik und die Reichweite nicht feststeht, ist es zu früh, Entscheidungen zu treffen.
DF: Würden Sie die Entscheidung den Kabelnetzbetreibern interaktive Inhalte bereitzustellen von der eingesetzten Middleware abhängig machen?
Lindner: Der Kabelnetzbetreiber hat die grundsätzliche Entscheidungsfreiheit zur eingesetzten Middleware im Rahmen der Umsetzung seines Geschäftsmodells.Dies sollte aber kein Hinderungsgrund sein, in einer standardisierten Technik übertragene interaktive Angebote darstellen zu können.
DF: Herr Lindner, vielen Dank für das Gespräch. [mth]
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