
Bei der Deutschen Telekom denkt man derzeit über die Möglichkeit nach, erneut TV-Kabelnetze zu übernehmen. Laut Deutschlandchef Niek Jan van Damme halte man sich entsprechende Kaufoptionen offen. Die TV-Kabelnetze haben sich insbesondere bei der Versorgung mit Breitband-Internet als deutlich leistungsfähiger erwiesen als die Telefonnetze der Telekom.
Die Bundesregierung hat zum Breitbandausbau ausgerufen. Bis 2018 soll jeder Haushalt in Deutschland mindestens mit 50 MBit/s im Netz surfen können. Doch die Ausbaupläne verschlingen viel Geld – vor allem im ländlichen Raum. Allein 10 Milliarden Euro seien notwendig, um die angestrebten 50 MBit/s in 90 Prozent der deutschen Haushalte zu bringen, erklärte Nieck Jan van Damme, Sprecher der Geschäftsführung der Telekom Deutschland GmbH, gegenüber dem Nachrichtenmagazin „Focus“. Um die restlichen 10 Prozent ans schnelle Netz anzuschließen, bräuchte man sogar noch einmal 15 Milliarden Euro mehr.
Dies sind Kosten, die wohl weder die Deutsche Telekom, noch ein anderer Netzbetreiber selbst tragen könnte. Daher werde es laut van Damme darauf ankommen, wie stark die Bundesregierung in die Förderung des Breitbandausbaus investieren wird. Doch die Telekom hat noch ein weiteres Problem: Immer stärker sieht sich der Bonner Telekommunikationsriese durch Kabelnetzbetreiber wie Kabel Deutschland oder Unitymedia Kabel BW unter Druck gesetzt, deren TV-Kabelnetze bereits jetzt Surfgeschwindigkeiten von bis zu 150 MBit/s im Download ermöglichen. Dank neuer Technologien ließen sich die Geschwindigkeiten dort sogar bis auf 400 MBit/s steigern.
Die Deutsche Telekom stößt dort mit ihrer DSL-Technik an Grenzen. Selbst nach dem Ausbau der VDSL-Anschlüsse mittels Vectoring werden diese maximal Download-Geschwindigkeiten von 100 MBit/s ermöglichen – also weniger als die Kabelnetze teilweise heute schon zu leisten im Stande sind. Laut Niek Jan van Damme denke man deshalb in Bonn ernsthaft über einen erneuten Einstieg in den Kabelnetzmarkt nach.
„Wir schauen uns den TV-Kabel-Markt genau an und halten uns Kaufoptionen offen. Aber es muss passen“, so der Telekom-Chef. Denkbare Übernahmeziele wären dabei unter anderem die Netzbetreiber Tele Columbus und Primacom, die derzeit Nummer drei und vier auf dem deutschen Kabelmarkt sind und jeweils über mehr als zwei beziehungsweise mehr als eine Million angeschlossene Haushalte verfügen. Fraglich ist allerdings, in wie weit die Kartellbehörden eine solche Übernahme zulassen würden. Zur Jahrtausendwende hatte die Deutsche Telekom ihr Kabelnetz auf politischen Druck verkaufen müssen, um die damals bestehende Monopolstellung am Festnetzmarkt aufzubrechen. Mittlerweile ist jedoch unter anderem der Telekom-Konkurrent Vodafone mit der Übernahme von Kabel Deutschland groß in den Kabel-TV-Markt eingestiegen. [ps]
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