Alles neu ab 2013: Der neue Rundfunkbeitrag

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Der Rundfunkbeitrag – Die Interviews

Burkhardt Müller-Sönksen (FDP)

Wie stehen Sie zur Haushaltsabgabe ab 2013?
 
Burkhardt Müller-Sönksen: Diese Reform ist eine Mogelpackung. Die Haushalts- und Betriebsstättenabgabe zielt vorrangig darauf ab, den öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten zusätzliche Einnahmequellen zu erschließen. Um eine echte Reform der Rundfunkfinanzierung ging es den Ministerpräsidenten nicht.
 
Welchen Vorteil oder Nachteile dürfen die Bürger ihres Erachtens erwarten?
 
Müller-Sönksen: Im Gegensatz zur geltenden Rundfunkgebühr bietet die Haushalts- und Betriebsstättenabgabe wenige Vorteile, bietet für die wesentlichen Probleme des öffentlich-rechtlichen Rundfunks keine Lösungen und schafft erhebliche neue Datenschutzprobleme. Die geltende Rundfunkgebühr ist auf Grund der technischen Entwicklung dringend reformbedürftig. Wir kritisieren seit vielen Jahren, dass das Vorhalten eines Empfangsgeräts im Privathaushalt oder am Arbeitsplatz kein tauglicher Anknüpfungspunkt für den Gebührentatbestand ist. Nun aber, da fast jedes handelsübliche Handy den Radioempfang ermöglicht, und Laptops wie Smartphones ihrem Benutzer jederzeit und überall Rundfunkempfang ermöglichen, lässt sich weder der technische Empfang, noch die Nutzung des Rundfunkprogramms nachweisen.
 
Es ist aus FDP-Sicht allerdings völlig unverständlich, dass man die nötige Pauschalierung nicht zum Anlass für eine echte Reform genommen hat. Statt konsequent zu pauschalisieren wurde insbesondere durch die Betriebsstättenabgabe mit ihren Stufentarifen und der Kfz-Abgabe eine neue Abrechnungsbürokratie geschaffen.
 
Außerdem führt die Betriebsstättenabgabe zu einer erheblichen Mehrbelastung der Unternehmer. Bereits jetzt wird die geltende Gebühr pro Haushalt und Betriebsstätte erhoben, allerdings mit einer Befreiung, wenn dort kein Empfangsgerät vorhanden ist. Die Haushalts- und Betriebsstättenabgabe verzichtet auf diese Befreiung, also ist sie nichts anderes als die bisherige GEZ-Gebühr erweitert auf alle Haushalte und Betriebsstätten. Warum nach der Vollerfassung aller Haushalte auch noch an der Betriebsstätte abkassiert wird, ist für uns nicht nachvollziehbar, weil jeder Mensch ja nur einm al Rundfunk empfangen kann.
 
Die durch die Abgabe entstehenden Mehrkosten muss der Unternehmer auf den einzelnen Arbeitsplatz umlegen, was die Bemühungen der Bundesregierung konterkariert, die Arbeitsplatzkosten möglichst niedrig zu halten. Hinzu kommen erhebliche datenschutzrechtliche Bedenken. Bereits beim Einzug der geltenden Rundfunkgebühr ist die GEZ als nicht-staatliche Inkassostelle immer wieder in die Kritik geraten, weil der Umgang mit den Daten der Gebührenzahler intransparent war. Nun wird die GEZ aber zur zentralen Speicherstelle für fast alle personenbezogenen Daten aufgeblasen, also zu einer Art „Supermeldebehörde“. Dagegen melden nicht nur wir, sondern auch die Datenschutzbeauftragten der Länder erhebliche Bedenken an.
 
Sehen Sie Vorteile oder Nachteile für die öffentlich-rechtlichen Anstalten?
 
Müller-Sönksen: Die Haushalts- und Betriebsstättenabgabe erschließt dem öffentlich-rechtlichen Rundfunk neue Einnahmequellen und zwar insbesondere durch das Festhalten an einer Betriebsstättenabgabe neben der Vollerfassung in den Haushalten. Ich habe die Betriebsstättenabgabe in der Vergangenheit deshalb auch schon als „Goldesel von ARD und ZDF“ bezeichnet.
 
Wir fordern eine Konkretisierung des Grundversorgungsauftrags von ARD und ZDF, und noch größere Sparanstrengungen. Einen entsprechenden Beschluss hat der FDP-Landesverband Bayern bereits gefasst und ich bin sicher, dass diese Initiative auf breite öffentliche Unterstützung stoßen wird. Einen Nachteil sehe ich auch in der rasant schwindenden Akzeptanz insbesondere in der jungen Generation, die zu ihrem Berufsstart mit der Belastung konfrontiert wird.
 
Glauben Sie, dass die Gesamteinnahmen für den öffentlich-rechtlichen Rundfunk steigen werden?
 
Müller-Sönksen: Ja, selbstverständlich wird es zu Mehreinahmen kommen. Denn die Beschränkung auf den Besitz eines Rundfunkempfängers fällt weg und deshalb wird es zusammen mit der Betriebsstättenabgabe bei konsequenter Anwendung zu Mehreinnahmen in dreistelliger Millionenhöhe kommen. Dass hier die Ministerpräsidenten so tun als könnten sie dies nicht selbst beurteilen, ist kollektive Vogel-Strauß-Politik.
 
Welche Haushalte sollten nach Ihrer Meinung von der Haushaltspauschale befreit sein, die nicht bereits befreit sind?
 
Müller-Sönksen: Die FDP spricht sich seit Jahren für die personenbezogene Medienabgabe als Finanzierungsmodell des öffentlich-rechtlichen Rundfunks in Deutschland aus. Mit der Medienabgabe wären unklare Sonder- und Befreiungstatbestände ausgeschlossen, weil nur die einkommenssteuerpflichten Bürgerinnen und Bürger belastet würden. Ohne einkommenssteuerpflichtiges Einkommen wäre keine Medienabgabe zu zahlen. Damit die zur Erfüllung des Grundversorgungsauftrags erforderlichen Einnahmen erzielt werden, müsste geprüft werden, ob geringfügige Einkommen und sogenannte Transferleistungsempfänger eine Aufstockung in Höhe der Medienabgabe erhalten.
 
Glauben Sie, dass die Haushaltspauschale vor dem Bundesverfassungsgericht Bestand haben wird, wenn es zu Klagen kommt?
 
Müller-Sönksen: Es bestehen jedenfalls erhebliche Bedenken in Hinblick auf die Abgabengerechtigkeit. Erste Unternehmen haben entsprechende Rechtsgutachten vorgelegt und ich werde die Verfahren mit großem Interesse verfolgen.
 
Halten Sie die Institution der GEZ nach der Einführung der Haushaltspauschale noch für sinnvoll? Wo müsste dringend reformiert werden? Oder sollte diese Anstalt vollständig abgeschafft werden? Gibt es Anregungen in der Politik die Gebühreneinzugszentrale abzuschaffen oder umzubenennen?
 
Müller-Sönksen: Wir plädieren seit Jahren dafür, die GEZ ersatzlos abzuschaffen. Es ist den Bürgerinnen und Bürgern nicht vermittelbar, dass eine nicht-staatliche Stelle ihre persönlichen Lebensverhältnisse ausleuchtet und die Daten speichert. Ein Einzug durch die Finanzämter wäre wesentlich unbürokratischer und datenschutzrechtlich unbedenklich. Mich erreichen jede Woche Zuschriften von Bürgerinnen und Bürgern, die von haarsträubenden Methoden der sogenannten GEZ-Außendienstmitarbeitern an ihren Haustüren berichten. Dieses Vorgehen fällt letztlich auf den öffentlich-rechtlichen Rundfunk als Institution zurück und verschärft dessen Legitimationskrise. Die ungeliebte GEZ umzubenennen ist wie alter Wein in neuen Schläuchen.
 
Halten Sie den Aufwendungen für die Umstellung insbesondere der vorübergehenden Mehrbedarf an Mitarbeitern für gerechtfertigt?
 
Müller-Sönksen: Nein! Der Mehrbedarf spricht insofern für sich: Datensammelwut erfordert mehr Personal. Da das Datenfeld „Empfangsgerät vorhanden“ wegfällt, müsste die GEZ sogar weniger Mitarbeiter benötigen. Ich stelle mir jedenfalls die Frage, wofür die Viertelmilliarde jährlich bei der GEZ verwendet werden.
 
Halten Sie den Preis von 17,98 Euro pro Haushalt für gerechtfertigt? Gibt es Gründe warum dieser höher oder eventuell niedriger ausfallen sollte?
 
Müller-Sönksen: Zu den bisherigen Gebührenzahlern kommen alle diejenigen, die bisher angegeben hatten, kein Empfangsgerät vorzuhalten, sowie die bisherigen Schwarzseher und die erhebliche Erweiterung der Betriebsstättenabgabe. Dadurch werden so viel Mehreinnahmen generiert, dass die Gebühr pro GEZ-pflichtiger Person bei gleichem Programmangebot um mindestens zehn Prozent gesenkt werden könnte.
 
Es besteht innerhalb der Senderstrukturen erhebliches Einsparpotential. Wenn beim öffentlich-rechtlichen Rundfunk entweder europäische Fußballmillionäre mit Gebührengeldern kofinanziert werden, oder ein unüberschaubares Geflecht aus Tochtergesellschaften Gebühren verschlingt, dann ergibt sich erheblicher Spielraum für eine weitere Gebührensenkung.
 
Denken Sie, dass mit der Haushaltspauschale ein gerechteres Gebührenmodell gefunden worden ist?
 
Müller-Sönksen: Nein, für uns ist es lediglich die alte, ungerechte GEZ-Gebühr, die auf alle Haushalte und Betriebe erweitert wird. Was ist ein gerechtes Gebührenmodell? Mir scheint das Modell gerechter zu sein, nach dem 12 Euro für eine öffentlich-rechtliche Grundversorgung gezahlt wird und 6 Euro für beliebige Medienangebote eigener Wahl zur Verfügung bleiben.

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