American Pie – Das Klassentreffen

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Die Probleme von Mittdreißigern

Dreizehn Jahre nach dem ersten Film haben die American-Pie-Protagonisten die Ü30-Grenze erreicht, Familien gegründet, Karriere gemacht, sind ins Ausland gegangen und haben jeder ihren eigenen Weg gefunden. Nur einer ist auf seinem Level stehen geblieben: Stifler, der Stiffmaster.

Trotz ihres Erwachsenen-Daseins verbindet die alte Clique nach wie vor das Thema Sex. Nun, da sie alle mehr oder weniger ihre Erfahrungen gesammelt haben, suchen sie nach dem Reiz, den sie damals verspürten, als das „Erste Mal“ noch ein Mythos war. Die Karten sind gespielt, Jim und Michelle (Jason Biggs und Alyson Hannigan) sind nun Eltern eine kleinen Sohnes. Durch den Ehe-Alltag ist ihr Liebesleben ein wenig eingeschlafen, weshalb Jim die Gelegenheit nutzt, um sich zusammen mit seiner Tennissocke und etwas Gleitgel Internet-Pornos anzuschauen.
 
Doch selbst solche kleinen Vergnüglichkeiten gehen für einen Familienvater nicht immer glimpflich aus, wie der fatale Prolog beweist. Die Situation nimmt den schlimmstmöglichen Verlauf, ergänzt eine unüberschaubar große Portion Peinlichkeit und endet in einem Desaster, dass dem Zuschauer vor allem eins vermittelt: Wir sind doch alle nur Menschen.

Aus Liebe zur Socke

„Es ist nicht so, dass in den „American Pie“-Filmen verrückte Leute einfach nur abgefahrene Dinge machen. Wir kommen mit diesen verrückten Dingen durch, weil die Filme immer auch das nötige Herz besitzen.“ erklärt Kevin-Darsteller Thomas Ian Nicholas. Und damit hat er vollkommen Recht, denn so schräg die Dinge auch erscheinen mögen, die sämtliche Charaktere hier erleben, ihre Freundschaft bleibt bestehen und auch ihren Sympathie-Faktor vor dem Zuschauer verlieren sie dadurch nie. Daher meint Vicky-Darstellerin Tara Reid: „Echte Freunde sind absolut wichtig. Man braucht eigentlich gar nicht so viele im Leben. Besitzt man zwei oder drei echte Freunde, kann man sich wirklich glücklich schätzen. Denn dann hat man die nötige Unterstützung und weiß, dass man durch jede Situation kommt.“
 
Einige Dinge haben sich seit dem letzten Treffen allerdings trotzdem verändert. Jims Mutter unterlag in der Zwischenzeit einem tragischen Krebsleiden, weshalb sein Vater (Eugene Levy) nun erstmals den Beistand seines Sohnes braucht. „Geh wieder raus. Triff dich mit Frauen. Hab deinen Spaß und wirf nicht deine ganze Lebensfreude zum Fenster raus“, rät Jim seinem Vater. Und tatsächlich bahnt sich mit Stiflers Mom (Jennifer Coolidge) ein episches Zusammentreffen an, das den zweiten Frühling zum Sommer der Liebe machen könnte.

Je oller, desto…

Dass das Alter nur bedingt eine Rolle beim Spaß am Sex spielt, bestätigen auch die beiden betagten Eltern-Darsteller. Auf Eugene Levys Hinweis: „Ich denke, jeder kann über Sex-Witze lachen. Vermutlich wird der sexuelle Teil daran mit fortschreitendem Alter etwas zahmer. Ganz sicher bin ich mir da aber nicht…“ kontert Jennifer Coolidge zwar zunächst lachend: „Ich glaube nicht, dass es zahmer wird.“ Letztendlich sind sie sich aber einig, dass „ein peinlicher Moment im Sex-Kontext wirklich komisch ist“, so Coolidge.
 
Als sie dann im Interview noch mit ihrer sehr präsenten Art ein paar witzige Momente aus dem Sex-Leben ihrer Freunde zum Besten gibt, während Levy nervös mit seinen buschigen Augenbrauen wackelt, ist klar, wie sehr die beiden mit ihren Filmrollen verwachsen sind. Und auch, wenn die ganze Welt sie nur als Jims Dad und Stiflers Mom kennt, verraten sie am Ende des Gesprächs noch ihre echten Film-Namen, die aufmerksame Fans vermutlich bereits im zweiten Teil registriert haben: Noah und Jeanine.

Geglückte Wiedervereinigung

Insgesamt sieht sich „Das Klassentreffen“ als Hommage an den ersten Teil. Es treten sämtliche Charaktere auf und sie lassen die alten Tage noch einmal so richtig aufleben. Wenn es bei den Olympischen Spielen eine „American Pie“-Disziplin gäbe, dann würden die beiden Regisseure und Drehbuchschreiber Jon Hurwitz und Hayden Schlossberg eindeutig Gold gewinnen, denn ihre Hausaufgaben haben sie definitiv gemacht.
 
Sicherlich sind die Gags schockierender und freizügiger als in allen bisherigen Teilen (Tja, moderne Topfdeckel sind nun einmal durchsichtig), dennoch geschieht alles vor einem intelligent durchdachten Hintergrund sowie mit viel inszenatorischem Feingefühl. Kaum ein anderer aktueller Film vermag es, dem sexuell aktiven Teil der Gesellschaft dermaßen den Spiegel vorzuhalten wie „American Pie – Das Klassentreffen“.

Kinofassung vs. Unrated Version

Zunächst einmal sei gesagt, dass es sich hierbei um die komplett ungeschnittene Kinofassung handelt, bei der es trotz FSK-12-Freigabe allerlei Nacktheit zu sehen gibt. Wer trotz alledem der (ausschließlich) in den Staaten veröffentlichten Unrated-Fassung nachtrauert, sollte folgendes wissen: Jene Version ist nur 1 Minute länger, kaum freizügiger und trumpft lediglich mit ein paar härteren Sprüchen und einem zusätzlichen Müh an Fäkalhumor auf. „American Pie“-Fans verpassen mit der deutschen Blu-ray also prinzipiell so gut wie nichts. Einzig den Bild-in-Bild-Kommentar der US-Scheibe („Out Of Control“-Track) konnten wir in dem neu gestalteten mit Icons versehenen Menü nicht finden.
 
Passend zum „Klassentreffen“-Thema gestaltet sich das Menü-Design als Erinnerungsfoto-Diashow. Das großartige Bonus-Bouquet überschwämt den Zuschauer geradezu mit satten 71 Minuten voller zusätzlicher Szenen, witziger Filmchen und Interviews. Zusätzlich gibt es einen Audiokommentar und ein interaktives Jahresbuch. In letzterem lassen sich sämtliche Charaktere nachschlagen und die berühmtesten Momente aus insgesamt 4 „American Pie“-Filmen als Videoclip anwählen – Fanherz, was willst du mehr? Die Bildqualität kann sich mit ihrem hohen Kontrast, der überdurchschnittlichen Kanten- und Detailschärfe sowie den warmen, satten Farben sehen lassen.
 
Sobald jedoch die Party-People zum allnächtlichen Gelage rufen, beginnen auch die Parameter zu straucheln. Schwarzflächen versauern zum milchigen Einheitsbrei, ganz ohne Details. Die Schärfe sinkt, das Rauschen nimmt zu und jedwede Plastizität geht verloren. Der flache Sound wird durch das gelungene Verhältnis zwischen Musik, Effekten und Dialogen gut kaschiert. Bei den Partyszenen hätten wir uns allerdings eine größere Dynamik gewünscht, denn so wirkt das ganze etwas zu brav und halbherzig – statt Feierlaune bekommt der Zuschauer bei solch einer milden Audiopräsentation wohl eher ein wohliges Müdigkeitsgefühl. Gut, dass der Film keine zusätzlichen Hilfsmittel benötigt, um Sie dennoch wach und bei Laune zu halten. Einen besseren vierten Teil können wir uns jedenfalls nicht vorstellen.

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