Eine Frage des Abstands

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Eine Frage des Abstands, Teil 2

Full-HD ist nicht gleich Full-HD

Full-HD ist nicht gleich Full-HD

Im Fernsehalltag gestaltet sich die Anwendung der Formel schwieriger, denn der Bildinhalt und das Umgebungslicht spielen eine entscheidende Rolle dabei, wie unsere Augen Schärfe wahrnehmen. So wird das Auflösungsvermögen des Auges maßgeblich von Kriterien wie Kontrast und Helligkeit beeinflusst.
 
Befinden sich etwa zwei helle Punkte vor einem hellen Hintergrund, ist die Trennbarkeit beider Punkte nicht mehr gegeben. Ein schwarzer und ein weißer Punkt garantieren hingegen einen optimalen Kontrast und somit eine hohe empfundene Trennbarkeit respektive Schärfe. Der Bildinhalt und das Umgebungslicht sind also ausschlaggebend für unsere Schärfewahrnehmung und erst knackige Kontraste im abgedunkelten Heimkino garantieren das optimale Schärfeerlebnis.

Die Hersteller von LCDs und Plasmas machen sich diesen Umstand zunutze und je nach Arbeitsweise der Schärferegulierung erstrahlen selbst Full-HD-Bilder noch plastischer. Dabei wird der Kontrast einzelner Pixel erhöht, indem dunkle Bildpunkte weiter abgedunkelt und helle weiter aufgehellt werden. So wird auch der Kontrast zwischen einzelnen Details verstärkt, im gleichen Zuge werden mehr Feinheiten hervorgehoben und das Bild erscheint subjektiv schärfer.
 
Wenn die Bildverarbeitung aber nicht intelligent arbeitet, sprich das Bild nicht in Abschnitten analysiert wird, kann es zu Bildfehlern kommen und Details treten hervor, die eigentlich im Verborgenen liegen sollten. Als Beispiel für die statische Bildschärfe ziehen wir die Edge-LED-LCDs Panasonic TX-L42V20 und Samsung UE46C8790 heran. Ersterer schärft Bildinhalte auf die beschriebene Weise nach und erhöht dabei den Schärfeeindruck bei statischen Bildinhalten.

Verwischeffekt

Bei Bewegtbildern kommt es hingegen auf die Güte der Zwischenbildberechnung an und hier hat der Samsung mit seinen 200 Hertz (Hz) die Nase vorn. Eine effiziente Zwischenbildberechnung ist für LCDs verpflichtend, da die Bilderzeugung schnelle Bewegungen verwischt darstellt. Die Zwischenbildberechnung steigert die Bildfrequenz, so wird die Anzeigedauer für jedes Einzelbild minimiert und die empfundene Schärfe erhöht.
 
Das Ergebnis ist dabei maßgeblich von der Signalverarbeitung des TVs abhängig, denn die künstlich erzeugten Bilder werden in einer Echtzeitanalyse geschätzt, deren Qualität von Hersteller zu Hersteller schwankt. Plasmafernseher sind aufgrund ihrer impulsartigen Bilderzeugung auch ohne künstlich eingefügte Bilder nahezu frei von Unschärfen, lediglich das Nachleuchten des Phosphors kann farbige Doppelkonturen provozieren. Um Unschärfen bei LCDs zu vermeiden, setzen die Hersteller bei Geräten mit LED-Beleuchtung auf das Backlight Blinking, bei dem die LEDs in festen Intervallen ein- und ausgeschaltet werden.
 
Die Nachleuchtzeit eines Bildes wird so verringert. Sonys 3-D-LED-LCD HX905 beeindruckt im 3-D-Modus mit einer tadellosen Bildschärfe ohne den Einsatz einer Zwischenbildberechnung. Dafür werden die LEDs in Synchronisation mit der Bildwiederholfrequenz (bei 3-D-Blu-rays 48 Bilder pro Sekunde) ein- und ausgeschaltet.
 
Über das Verfahren nähern sich die Hersteller der impulshaften Bilderzeugung eines Plasmas an, während des Prozesses verliert der LED-LCD aber einen Großteil seiner Leuchtkraft und die für ein LC-Display perfekte Bildschärfe geht mit einem sichtbaren Bildflackern einher. Die Ansteuerung der LEDs mit einer höheren Bildwiederholrate ist nur in Kombination mit einer Zwischenbildberechnung sinnvoll, andernfalls würde der Vorteil der plasmaähnlichen Bilderzeugung verloren gehen, da man sich der konstant hinterleuchteten Bilderzeugung eines herkömmlichen LCDs annähern würde.
 
Auch die Qualität der Zuspielung nimmt maßgeblich auf den Schärfeeindruck Einfluss, dabei bildet die Blu-ray Disc mit ihren 1 920 × 1 080 Bildpunkten derzeit das Optimum. Da Flachbildfernseher, anders als eine Röhre, über eine feste Auflösung verfügen, müssen Inhalte mit geringerer Pixelanzahl immer auf die volle Auflösung hochgerechnet werden. Bei der Skalierung werden die fehlenden Bildpunkte mit künstlich errechneten Pixeln aufgefüllt, so sieht eine DVD auf einem Full-HD-Gerät immer unschärfer aus als eine Blu-ray.

Sofa-Ausrichtung

Bei Flachbildfernsehern unterhalb von 40 Zoll ist die Full-HD-Auflösung nur bedingt sinnvoll, denn Sie müssten sich rund einen Meter vor dem TV befinden, um das volle Potenzial der hochauflösenden Bilder wahrzunehmen. Bei einem Betrachtungsabstand von zwei Metern würden Sie selbst bei einer Größe von 42 Zoll keinen Unterschied zu einem „HD ready“-Gerät mit 1 366 × 768 Bildpunkten erkennen können; das Auflösungsvermögen unserer Augen ist hier der limitierende Faktor.
 
Die Full-HD-Auflösung ist aber keinesfalls obsolet, denn nur sie bildet Filme von Blu-ray Discs nativ ab. Außerdem verstärkt sie den Trend zu immer größeren Bildschirmdiagonalen und stellt dabei sicher, dass Sie selbst in kleinen Wohnzimmern bei Displays jenseits der 50-Zoll-Grenze stets die perfekte HDTV-Qualität genießen können. Vor allem bei einer großflächigen Projektion lassen die zwei Millionen Bildpunkte echte Kinoatmosphäre aufkommen. Die UHDTV- Auflösung mit 7 680 × 4 320 Bildpunkten ist für das heimische Wohnzimmer überdimensioniert, denn der Auflösungsvorteil macht sich bei einem üblichen Betrachtungsabstand nicht bermerkbar.
 
Dennoch könnte sie in Zukunft bei autostereoskopischen 3-D-Displays eine große Rolle spielen, denn hier werden die für den 3-D-Eindruck nötigen Perspektiven nicht von einer aktiven Shutter-Brille, sondern von einer speziellen Schicht am Display direkt erzeugt. Diese halbiert im gleichen Zuge die Auflösung, dank UDHTV sind aber genügend Bildpunkte für den hochauflösenden 3-D-Spaß ohne Brille vorhanden, und dies sogar für mehrere Sitzplätze.
 
Beim Fernseher- oder Beamer-Kauf sollten Sie neben Ihren individuellen Ansprüchen auch immer die Bildverarbeitung des Wunschgerätes im Auge behalten, denn deren Güte lässt Full-HD-Bilder je nach Hersteller schärfer erscheinen. Unsere Tests unterstützen Sie dabei  und geben Ihnen Auskunft über die Qualität der statischen und Bewegtbildschärfe.
(Dennis Schirrmacher)

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