Harte Männer, harte Filme: Western auf Blu-ray

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Harte Männer, harte Filme: Western auf Blu-ray, Teil 4

Interview Paul Rutan Jr.

Mister Rutan, Sie sind ein Experte auf dem Gebiet der Konservierung und Wiederherstellung von Filmen. Wie hat das alles angefangen bei Ihnen?
 
Ich habe als Laufbursche bei Optical Print Services Incorporated begonnen, der Firma meines Vaters. Ich war fasziniert von der Technologie und den verschiedenen Filmformaten, mit denen wir arbeiteten, und wie sich diese Arbeit auf das auswirkte, was man letztendlich auf der Leinwand oder dem Bildschirm sah. Ich wollte unbedingt alles darüber lernen, was wir da taten. Als dann das erste professionelle Filmabtast- Equipment aufkam und die Firma schloss, wurde mir langsam klar, dass mein Wissen im Bereich dieser aus der Mode gekommenen Filmformate für die Studios und deren Archive unschätzbar war.
 
 
Es gibt da eine Menge beeindruckender Filme, an denen Sie in der Vergangenheit gearbeitet haben. Was waren die interessantesten Projekte, und warum?
 
In meinen 37 Jahren im Beruf habe ich wirklich an Hunderten von Filmen gearbeitet. Viele davon galten schon fast als hoffnungslose Fälle, aber wir haben es hinbekommen, viele davon als komplett restaurierte Versionen wiederherzustellen. Am stolzesten bin ich wohl auf einige Oscar®-prämierte Streifen aus den 1930er, 1940er und 1950er Jahren – ich konnte es kaum glauben, in welch schlimmem Zustand dieses Material war. Drei Filme fallen mir ein, die vielleicht meine Lieblinge sind und auf jeden Fall die größten Herausforderungen waren: Ich hatte das Glück, „A Hard Day’s Night“ und „Help“ von den Beatles zu restaurieren.
 
Da ich Beatles-Fan bin, seit ich neun Jahre alt war, war das eine wirkliche Herzensangelegenheit. Und dann war da natürlich noch „Spiel mir das Lied vom Tod“, für den ich in Italien arbeiten musste, da es eine Klausel gibt, die besagt, dass die Originalnegative von Sergio Leone Italien nicht verlassen dürfen. Ich habe auch die gesamte „Dollar-Trilogie“ mit Clint Eastwood überarbeitet.

Wie fühlt es sich an, für diese „Frischzellenkur“ einiger der beliebtesten und unbestritten besten Western aller Zeiten verantwortlich zu zeichnen?
 
Ich bin stolz darauf, an diesen Projekten mitgewirkt zu haben. Mein Team und ich haben hart gearbeitet, um sicherzustellen, dass das Ergebnis dem absoluten Optimum entsprach. Ich bin sehr zufrieden mit den fertigen Versionen, die auf Jahre hin Bestand und Gültigkeit haben werden.
 
 
Wie lange hat es gedauert, „Spiel mir das Lied vom Tod“ zu überarbeiten, und wie viele Mitarbeiter waren insgesamt involviert?
 
Wir hatten keine feste Deadline für „Spiel mir das Lied vom Tod“, aber Barry Allen von Paramount und Martin Scorsese (der sich aktiv und leidenschaftlich für die Rettung diverser Filmschätze einsetzt – Anm. d. Red.) trieben das Projekt ständig voran, da das Material wirklich in einem schlechten Zustand war. Bei uns waren ungefähr sechs Leute an der Restauration des Quellmaterials beteiligt, hinzu kommen Mitarbeiter von Technicolor in Rom, Paramount, Martin Scorseses Projekt „Film Foundation“ usw. Ich würde sagen, insgesamt dauerte der gesamte Prozess so ungefähr sechs bis acht Monate.
 
 
Erzählen Sie uns doch noch etwas über Ihren Beruf! Für was sind Sie beispielsweise alles verantwortlich?
 
Wenn man mich lässt, dann fühle ich mich wahrscheinlich für so gut wie jeden Aspekt des Restaurationsprozesses verantwortlich!
Angefangen beim Ausfi ndigmachen des fehlenden Materials in den diversen Archiven bis hin zur Abnahme des fertigen Endprodukts. Ich kenne mich ganz gut aus in der Auffrischung, der Abtastung, dem digitalen Nachbearbeiten und auch in den letzten Feinschliff-Schritten, die nötig sind. Es ist ziemlich schwierig, meinen Kompetenzbereich zu umschreiben, da jedes Projekt unterschiedlich ist und verschiedene Herangehensweisen erfordert.

Ich würde gerne erfahren, was Ihnen durch den Kopf geht, wenn Sie das Wort „Western“ hören. Was bedeutet Ihnen das Genre?
 
Ich mag einen guten Western! Das Genre hat sich seit den 1930er Jahren bis heute aber extrem verändert: Es war ein weiter Weg von Roy Rogers (Westernikone der 1940er Jahre – Anm. d. Red.) oder singenden Cowboys bis hin zu den harten und düsteren Western von heute. Ich mag allerdings auch „Bonanza“ oder „Rauchende Colts“, also die TV-Serien der späten 1950er und 1960er Jahre. Ebenso die Western, die Clint Eastwood nach seiner Leone- Phase produziert und realisiert hat, oder ungewöhnliche Sachen wie „Der mit dem Wolf tanzt“. Was aber das Erstaunlichste ist: Sergio Leone, also ein Italiener, hat meine Vorstellung vom idealen Western auf den Punkt genau eingefangen.
 
 
Was meinen Sie: Ist das Genre heute überhaupt noch aktuell?
 
Gar keine Frage – für mich auf jeden Fall! Ich bevorzuge allerdings die Western, die einem erlauben, auch mal das Gehirn einzuschalten, um bestimmte Szenen zu interpretieren, und die nicht alles haarklein und bis ins letzte blutige Detail auf der Leinwand abbilden.
 
 
Vielen Dank für das Gespräch.

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