Looper, Seite 2
Die Blu-ray zum Film
… und philosophisch dazu!
Ein weiteres Puzzleteil, das das vielschichtige Gesamtbild dieser außergewöhnlichen Story ausmacht, ist die Figur des mysteriösen „Regenmachers“. Er ist die graue Eminenz der Unterwelt der Zukunft, der nach und nach alle Verbrechersyndikate der Welt vereinigt, systematisch alle noch lebenden Looper ausschaltet und in seinem machtgierigen Größenwahn auch für die Zivilbevölkerung zu einer echten Bedrohung geworden ist. Der inzwischen gealterte „erste“ Joe reist schließlich erneut zurück zu seiner Exekution: In dieser zweiten Zeitschleife überwältigt er sein jüngeres Ich aber und setzt nun alles daran, den gerade einmal fünf Jahre alten Despoten in spe ausfindig und unschädlich zu machen. Auf diese Weise erhofft er sich, die Zukunft zu einem besseren Ort zu machen und vor allem sein ganz privates Glück mit seiner großen Liebe doch noch weiterleben zu können.
Sie sehen also: Hier wird das bekannte Gedankenexperiment, ob man einen späteren Diktator/Massenmörder in seinen frühen Jahren noch hätte umkrempeln können (bzw., wenn man die Möglichkeit dazu hätte, ob es sogar legitim wäre, ihm das Leben zu nehmen) plötzlich zu einer ganz realen Entscheidungsfrage. Joe beantwortet sie – vor allem in seinem eigenen Interesse – auf die schockierendste und kompromissloseste Weise. Das heißt jedoch nicht, dass er ein gewissenloses Monster wäre: Eines der Kunststücke, das Drehbuch, Regie und Schauspielern gleichermaßen zu verdanken ist, ist die Tatsache, dass man für diesen vielfach gebrochenen und mehr als ambivalenten Antihelden trotz all seiner moralischen Fragwürdigkeiten immer auch große Sympathie empfindet.
Ihr Auftritt, Emily Blunt!
Nach exakt der Hälfte des Films hat die Britin Emily Blunt dann endlich ihre erste Szene. Allein die Tatsache, dass sie einem am Ende als beeindruckende und vollwertige Hauptfigur im Gedächtnis bleibt, ist Beleg dafür, welche Präsenz sie in ihrer Rolle als resolute Farmerin und liebevolle Mutter des künftigen „Regenmachers“ entfaltet.
Aber auch der während der Dreharbeiten erst sechsjährige Pierce Gagnon ist schlichtweg eine Sensation. Dass dieser unglaublich herzige Kerl einmal zur Nemesis der gesamten Menschheit heranreifen soll, kann und will man im ersten Moment natürlich nicht glauben. Doch mit welcher Selbstverständlichkeit er dann zwischen kindlicher Niedlichkeit, großem Ernst und furchterregenden Wutausbrüchen hin- und herwechselt, treibt einem zuerst Tränen der Rührung in die Augen und jagt einem im nächsten Moment wohlige Schauer über den Rücken.
Viel mehr als nur ein Genre-Highlight
„Looper“ ist einer jener seltenen Filme, die bei jedem Wiedersehen wachsen und immer noch besser und besser werden. Beim ersten Mal ist man fasziniert, allerdings ohne auch nur die Hälfte der Details zu entschlüsseln oder die große Komplexität des Films ganz in sich aufnehmen zu können. Beim zweiten Mal meint man, so gut wie alles begriffen und verstanden zu haben, kann die sorgsame Konstruktion aller Komponenten dieses filmischen Kunstwerks noch ausführlicher erkennen, genießen und bewundern. Beim dritten Mal trifft einen das Nachgrübeln über diverse Zeitreise-Paradoxa dann mit voller Wucht und verdreht einem die Gehirnwindungen vollends, sodass sich wiederum ein völlig neuer Blick auf das Gesehene auftut.
Rian Johnson, der zur äußerst seltenen Spezies der amerikanischen Autorenfilmer gehört, hat mit seinem erst dritten Werk einen furiosen, atemlosen und unglaublich intelligenten Genrefilm vorgelegt. Durch die mitreißende Emotionalität seiner Figuren bekommt er schließlich den allerletzten Schliff verpasst und erhebt sich somit mühelos über sämtliche vergleichbare Produktionen der vergangenen Jahre. Als kleinen Wermutstropfen könnten empfindsame Gemüter oder speziell Filmfreunde, die dem Genre sonst nicht so zugetan sind, einen auch storytechnisch eher überflüssigen und extrem gewalttätigen Blutrausch des alten Joe kurz vor dem eigentlichen Finale empfinden. Doch diese Sequenz ist tatsächlich das einzige, das wir an diesem insgesamt schlichtweg überwältigenden Kinoerlebnis ändern würden.
So gut ist die Blu-ray
Erfreulicherweise gibt sich die Technik der Blu-ray keinerlei Blöße und pegelt sich auf exakt dem grandiosen Level ein, das der famose Inhalt des Films verdient hat. Wenn man so will, dann ist „Looper“ der krasse Gegenentwurf zum Remake von „Total Recall“, also keine Hochglanz-Science-Fiction, sondern ein rauer, dreckiger, ungeschönter Blick in eine düstere filmische Zukunft. Dennoch muss man auf knackige Schärfe, tiefes Schwarz und eine sehr gute Detailfülle nicht verzichten, die besonders während der am Tage spielenden Szenen so richtig zum Tragen kommt.
Was Soundeffekte, Score und Surroundumsetzung betrifft, hat man einen absoluten Volltreffer gelandet. Die schiere Fülle der eingesetzten Elemente – die genaue Platzierung im Raum und die große dynamische Bandbreite vom fragilsten Geräusch bis zur gewaltigsten Explosion – kreiert einen umfassenden Klangkosmos, der neben den Bildern zum gleichberechtigten Bestandteil dieser dystopischen Zukunftswelt wird. Um es kurz zu machen: Heimkino und High-Definition at it’s best, und definitiv ein verdienter Träger unserer begehrten „Premium-Blu-ray“-Plakette!
Diese Extras erwarten Sie
- Making-of: spannender, aber leider etwas kurzer Einblick in die bewegte Produktionsgeschichte; plus Schwerpunkt auf das Thema „Zeitreisen“ (16 Minuten)
- Der Score: Filmkomponist Nathan Johnson (übrigens der Cousin von Regisseur Rian Johnson) nimmt einen mit auf eine faszinierende Reise in die Welt der Klänge, die einem in Sachen Aufwand von Filnscores tatsächlich die Augen öffnet (16 Minuten)
- Audiokommentar: Die muntere Plauderei zwischen Regisseur Rian Johnson und seinen beiden Darstellern Joseph Gordon-Levitt und Emily Blunt lässt einen tief eintauchen in die Welt von „Looper“
- entfallene Szenen (mit optionalem Audiokommentar): neue oder stark erweiteret Szenen, die v.a. die Nebencharaktere genauer zeichnen (40 Minuten)
- stylisch animierter Trailer, US- und DE-Trailer
(Tiemo Weisenseel)
