
Altmodisch und dennoch wirksam: Das Remake des 80er Jahre Spionage-Thrillers „The Amateur“ nimmt seinen Job aufs Äußerste ernst und bietet mit „Mr. Robot“ und „Mrs. Maisel“ eine rundum gelungenen Besetzung, auch wenn diese klassische Rache-Geschichte niemanden groß ins Kino gelockt hat.
Charlie Heller (Rami Malek) hat drei Leidenschaften: das Fliegen, seine Stelle als Dekodierer bei der CIA und natürlich seine Frau Sarah (Rachel Brosnahan). Nachdem nun aber Sarah in London einem Terroranschlag zum Opfer fällt, nutzt Charlie sein neu gewonnenes, wenn auch aufgezwungenes, Single-Dasein dazu, die Mörder seiner Frau ausfindig zu machen. Frei von familiären Verpflichtungen unterzieht der Geheimdienstmitarbeiter die Work-Life-Balance ebenso einer Hinrichtung und nutzt seinen Posten, sowie seine jahrelange Expertise, um das CIA-Equipment zum Glühen zu bringen. Tatsächlich kann er die Täter ausfindig machen. Als aber keiner seiner Vorgesetzten den schnellen Zugriff ermöglichen mag, macht sich Charlie selbst daran, auf die Jagd zu gehen.

Kalter Krieg und RAF
Robert Littell veröffentlichte seinen Roman „The Amateur“ im Jahr 1981. Dieses Buch war entweder ein plötzlicher Bestseller oder es bestand zu jener Zeit bereits eine gleichzeitige Filmkooperation, denn im Dezember des gleichen Jahres bekam die Geschichte eine Verfilmung, u.a. mit Christopher Plummer im Cast. Damals stand gleichermaßen der Ost-West-Konflikt im Vordergrund wie auch der RAF-Terror in Deutschland. Aus diesem Grund haben die Antagonisten auch deutschsprachige Namen, wie Gretchen oder Schräger. In der neuen Version wurde Bösewicht Schräger zum dem in Deutschland häufiger vorkommenden Schiller umbenannt.
Vor zwei Jahren inszenierte der britische Regisseur James Hawes das Holocaust-Drama „One Life“ mit Sir Anthony Hopkins in der Hauptrolle. Mit der gleichen ernsthaften Einstellung geht Hawes nun „The Amateur“ an. Es mag eine der ältesten Kinoerzählungen der Filmgeschichte sein, doch bringt diese Version so viele kreative Kräfte zusammen, dass hier nichts mehr schiefgehen konnte. Auch wenn Komponist Volker Bertelmann, nach seinem Oscar für die 2022er Version von „Im Westen nichts Neues“, hier nur eine von Hans Zimmer inspirierte „Dark-Knight“-Alternative als Soundtrack erklingen lässt.
Der legendäre Filmkritiker Roger Ebert nannte die 1981er Version von „The Amateur“ in der Chicago Sun-Times einen lachhaften Spionage-Thriller. Dies nun kann von der neuen Variante nicht mehr behaupten werden; da lacht keiner mehr – vor allem weil „Mrs. Maisel“ Rachel Brosnahan schon nach 10 Minuten das Zeitliche segnet und sich wahrscheinlich auf den Weg zum „Superman“-Set macht, wo sie in die Schuhe von Lois Lane schlüpft. Im Rest der Handlung taucht sie nur noch als Restbildnis in Form einer Vision auf, die von Charlies Vorstellungskraft erzeugt wird.
Bond Minus One
In seinem Bestreben möglichst glaubhaft über die Filmbühne zu kommen, reduziert „The Amateur“ das für einen Rache-Thriller übliche Action-Level und präsentiert seinen Hauptdarsteller als zerbrechliches, emotionales Wesen – überzeugend dargestellt von Rami Malek. Beim improvisierten Waffentraining zeigt Charlie seinem neuen Ausbilder Henderson – natürlich verkörpert von der ewigen Mentoren-Figur Laurence Fishburne –, wer hier wirklich der titelgebende Amateur ist. »Bei einer Armlänge Abstand haben Sie eine 50/50-Chance zu treffen«, attestiert ihm der Trainer als Resümee an der Schießanlage. Na, dann … kann losgehen. Es folgte eine Agenten-typische Schnitzeljagd um den Globus: von Paris, über Istanbul, nach Madrid, bis zum Zielort Primorsk, nahe Leningrad, Russland. Stets bleiben die Fähigkeiten Charlies in diesem Szenario auf moderatem Niveau und zeitbezogen – das Knacken von Schlössern, beispielsweise, lernt er aus einem YouTube-Video.

Farbenfrohe Nüchternheit
Kameramann Martin Ruhe bebildert das nüchterne Agenten-Drama in aller Natürlichkeit mit matten Farben, so wie es heutzutage nur allzu häufig Anwendung findet. Allerdings lässt Ruhe die Figuren im Vordergrund der Szene in kräftigem Licht erscheinen, so dass eine gewisse Räumlichkeit durch den Kontrast entsteht. So wird der Fokus auf die Figuren beziehungsweise Schauspieler gelegt, die in kräftigem Licht erstrahlen und der Blässe im Hintergrund entgegen treten. „Captain America: Brave New World“ hatte ebenso den Versuch unternommen, das Nüchterne mit einer ansprechenden Farbpalette zu unterstreichen, reduzierte am Ende jedoch nur den Kontrast. Was politische Spy-Thriller angeht, so ist „The Amateur“ der hübschere von beiden.
Um der Authentizität Willen nahm man einige Action-Szenen mit einer Handykamera auf. Es solle die Assoziation geweckt werden, die Szene würde gerade von Passanten gefilmt werden. Und wenn auch die körperlichen Auseinandersetzungen in diesem Film hier nicht so beeindruckend sein mögen – vor allem diejenigen, in denen ein Ü60 Laurence Fishburne zu Gange ist – gibt es immer noch Szenen, welche beispielsweise hoch gelegene Apartment-Pools beinhalten, die optisch ansprechend gestaltet sind.
Gone Too Soon
So gut auch „The Amateur“ inszeniert ist, die altbackene Motivation ist zu Beginn der einfallenden Handlung ein narrativer Stolperstein. Da hilft es auch nicht wirklich, wenn die Motivationsspritze namens Sarah zu früh aus der Handlung genommen wird, ohne das die Zuschauerschaft eine richtige Bindung mit ihr aufbauen kann. Der mangelnden Zugang zu der Geschichte zieht sich als Makel leider durch den restlichen Film.
Mit knapp über 96 Millionen Dollar weltweitem Einspielergebnis kommt der Rache-Thriller mit Rami Malek nur knapp über die 88 Millionen von der Arbeitsbeschaffungsmaßnahme „A Working Man“ mit Jason Statham. Da half auch kein dramatischer Ansatz. Leonine bringt „The Amateur“ als Standard Blu-ray heraus und ebenso im Bundle mit der 4K-UHD-Version. Gut eine halbe Stunde an Bonusmaterial ist auf der Scheibe vorhanden.
Text & Redaktion: Lars Zschoke
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Bildquelle:
- laurence-fishburne-rami-malek-at-a-bar-in-the-amateur: 20th Century Studios /Leonine | CC BY 2.0
- rachel-brosnahan-ht-gmh-250410_1744318503144_hpEmbed_12x7: 20th Century Studios / Leonine | CC BY 2.0