TV-Betriebssysteme: So will TiVo OS bei der Content-Findung helfen

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TiVo OS ist eines der jüngsten Betriebssysteme für smarte TV-Geräte im Markt, es ist zudem auch komplett unabhängig von Herstellern. Was die Besonderheiten angeht, bringt sie uns Michael Roedel, Senior Director Sales and Business Development EMEA bei TiVo, näher.

Herr Roedel, viele Nutzer empfinden die Content-Suche auf Streaming-Plattformen als mühsam – was läuft aus Ihrer Sicht bei der Empfehlungskultur derzeit schief?

Michael Roedel: Aus meiner Sicht liegt das Problem weniger an mangelnder Technologie, sondern vielmehr daran, wie diese eingesetzt wird. Oft sind die Empfehlungsparameter zu breit gefasst, weil TV-Anbieter ihren gesamten Content präsentieren möchten, anstatt gezielte, auf das Nutzerprofil zugeschnittene Vorschläge zu machen. Besonders frustrierend ist es, wenn man auf der Suche nach einem konkreten Titel mit einer Vielzahl an irrelevanten Vorschlägen konfrontiert wird. Hinzu kommt, dass Tageszeit und Wochentag in der Personalisierung häufig nicht berücksichtigt werden. Wir bei TiVo nennen das „zeitbasierte Personalisierung“. Dabei werden Inhalte passend zur aktuellen Tageszeit oder zum Wochentag vorgeschlagen. Zum Beispiel sieht man sich eher selten mitten unter der Woche oder um Mitternacht einen kompletten Film an. TiVo OS kann diese Art der Personalisierung schon in der Suche abbilden.

Michael Roedel, Senior Director Sales and Business Development EMEA bei TiVo

„Besonders frustrierend ist es, wenn man auf der Suche nach einem konkreten Titel mit einer Vielzahl an irrelevanten Vorschlägen konfrontiert wird.“

Michael Roedel, Senior Director Sales and Business Development EMEA bei TiVo

Wie genau funktioniert die Metadatenanalyse bei TiVo OS – und inwiefern unterscheidet sich Ihr System von klassischen Algorithmen bei Netflix oder Disney+?

Wir setzen seit Jahren auf Machine Learning und KI, um Metadaten umfassend zu analysieren und Verknüpfungen zwischen Inhalten herzustellen. Wichtig sind dabei sogenannte „Deep-Descriptors“, also Metadaten, die weit über Genre oder Schauspieler hinausgehen und Inhalte auch auf emotionaler oder situativer Ebene beschreiben. Nicht alle TV-Plattformen oder Streaming-Anbieter nutzen oder haben solch detaillierte eigene Metadaten. Daher können einige auch lediglich einfache Content-to-Content Recommendations anbieten. Netflix zum Beispiel ist bezüglich Metadaten sehr gut aufgestellt und investiert hier auch viel. Als aggregierte Plattform nutzt TiVo OS seine eigenen TiVo-Metadaten für Analysen und zur Gewährleistung von Zuverlässigkeit und Genauigkeit. Metadaten bilden das Rückgrat der Zuschauerdaten und dienen als Grundlage für die Segmentierung des Publikums und die Bereitstellung relevanter Inhalte. Unsere TiVo- Metadaten gehören außerdem zu einer der größten Datenbanken weltweit.

TiVo OS verspricht eine Integration verschiedener Streamingdienste. Wie gelingt es dabei, Plattformgrenzen zu überwinden, ohne in technische oder rechtliche Konflikte zu geraten?

Das funktioniert natürlich nur mit entsprechenden Verträgen. Wir arbeiten seit vielen Jahren eng mit großen Anbietern wie Netflix, Disney+ oder Amazon Prime zusammen und verfügen über das nötige Vertrauen, um Metadaten und Deep-Links zu erhalten. Unsere langjährigen Beziehungen als US-Unternehmen sind dabei ein klarer Vorteil.

Die Startseite wirkt strukturiert, trotzdem empfinden wir sie nicht zu 100 Prozent als übersichtlich
Die Startseite von TiVo OS

Metadaten werden häufig als Schlüssel zur Personalisierung dargestellt. Können Sie Beispiele nennen, wie tiefgehend TiVo OS Inhalte klassifiziert – jenseits von Genre oder Schauspielern?

Wie schon erwähnt, nutzen wir zusätzliche Daten, die wir selbst kreieren und die Inhalte tiefgehender beschreiben. Daher stammt auch der Name „Deep-Descriptors“. Zu den Inhalten werden Informationen wie Handlungsort, also Stadt, Land, Zeitepoche oder spezielle Merkmale erfasst. Wir erfassen auch sogenannte „Vibes“ – also Kontextdaten – in unseren TiVo-Metadaten. Dabei handelt es sich um emotionale Stimmungen, die von Nutzern erzeugt werden, wie beispielsweise lustig, beängstigend, traurig oder nachdenklich. So können wir zum Beispiel nach dem Film „Gangs of New York“ gezielt weitere Titel aus der gleichen Zeit oder mit ähnlicher Atmosphäre empfehlen und nicht einfach nur den nächsten Leonardo DiCaprio-Film, da er ja bekanntlich in sehr unterschiedlichen Filmen mitgespielt hat.

Viele Zuschauer abonnieren mehrere Dienste, sehen aber oft nicht, was wo verfügbar ist. Wie hilft TiVo OS konkret dabei, das Streamingbudget effizienter zu nutzen?

Die Aggregation von verschiedenen Streamingdiensten und die Personalisierung bei der Suche von Inhalten unterstützt Kund:innen, gebündelt Inhalte aus allen genutzten Quellen zu finden. Das spart ihnen Zeit und lässt sie den Überblick behalten. Es ist möglich, schneller als bisher in jede einzelne App, Mediathek oder durch den Electronic Program Guide zu browsen. Durchschnittlich werden mittlerweile zum Fernsehkonsum 4,5 Quellen genutzt und innerhalb einer Session wechseln knapp zwei Drittel zwischen mehreren hin und her. Das zeigt: Zuschauer:innen bewegen sich ständig zwischen unterschiedlichen Plattformen – ein Betriebssystem, das dabei unterstützt, personalisierte Inhalte anbietet und den Kund:innen die Möglichkeit bietet, sich eine plattformübergreifende eigene Watchlist zu erstellen, ist im Alltag ein echter Vorteil.

Personalisierung erfordert Datennutzung. Wie stellt TiVo sicher, dass der Datenschutz bei der Verarbeitung von Nutzerverhalten nicht zu kurz kommt? Welche Daten müssen die Nutzer preisgeben?

Kund:innen müssen uns ihre Permission für die Datenerfassung geben. Wir erfassen ausschließlich, was auf unserer Plattform angesehen wird und das auch nur mit ausdrücklicher Zustimmung des Nutzers. Angesichts der Entscheidungsmüdigkeit bei der Content-Suche sind in Deutschland bereits 41 Prozent der Menschen bereit, für bessere Empfehlungen persönliche Nutzungsdaten zu teilen. Letztendlich ist der beste Weg, das Vertrauen der Kunden zu gewinnen, ein besseres, persönlicheres Erlebnis zu bieten, das auf Daten basiert, und das war schon immer unser Ziel.

Eigene FAST Channels gepaart mit Sendern anderer Anbieter wie Rakuten ergeben eine doch große Bibliothek
Eigene FAST Channels gepaart mit Sendern anderer Anbieter wie Rakuten ergeben eine große Bibliothek beim TiVo OS

TiVo OS verfügt im Vergleich zu den Wettbewerbern noch über relativ geringe Verbreitung, wie planen Sie hier eine Erhöhung der Marktanteile?

Die Markteinführung unserer Smart-TVs mit TiVo-Technologie ist erst der Anfang. Wir gehen davon aus, dass wir das TiVo-Betriebssystem im Laufe des nächsten Jahres weiterverbreiten werden. Unsere ersten Smart-TV-Partner kamen vor allem aus Europa. Nach erfolgreichen Markteinführungen haben wir unsere Zusammenarbeit auf weitere OEM-Partner in ganz Europa und den USA ausgeweitet. Smart-TVs müssen entwickelt, getestet, produziert, ausgeliefert und an den Handel verteilt werden. Dieser Prozess kann je nach anderen technologischen Faktoren ein bis zwei Jahre dauern.

Lesen Sie auch: TV-Betriebssystem „TiVo OS“ vorgestellt

Bei Smartphones spielt das Betriebssystem für die Nutzer eine wichtige Rolle bei der Wahl des Endgerätes, könnte dies im TV-Bereich auch künftig wichtiger werden? Mit welchen Vorhersagen planen Sie?

Es gibt bereits klare Anzeichen, dass das Betriebssystem von gleicher Bedeutung ist, wie die technischen Hardwarefeatures. Eine aktuelle TiVo Studie zeigt: Für 55 Prozent der Deutschen ist die Möglichkeit, kostenfreie Streaming-Inhalte wie FAST Channels oder AVOD- Angebote zu nutzen, kaufentscheidend. Die bieten wir mit TiVo+ frei zugänglich. 46 Prozent legen zudem Wert auf integrierte Apps, also darauf, dass Inhalte verschiedener Anbieter direkt im User Interface angezeigt werden. Damit ist das Betriebssystem inzwischen genauso wichtig wie klassische TV-Kriterien der Bildqualität und der Audioqualität.

Wie setzt sich TiVo OS von den Wettbewerbern ab? Welches Feature ist Ihrer Meinung nach der Grund, sich einen TV mit TiVo OS zuzulegen?

Wir entwickeln sämtliche Komponenten selbst – vom User Interface über die Metadaten bis hin zum Sprachassistenten. Was uns zudem unterscheidet, ist unsere jahrelange Erfahrung. Die in TiVo OS integrierten Funktionen zur personalisierten Inhaltserkennung und -suche nutzen wir bereits seit vielen Jahren in anderen Lösungen. So können wir z.B. auf oberste Ebene in einem Suchergebnis oder im Hauptmenü dem Kunden direkt anzeigen, in welchen Apps und Kanälen der von ihm gesuchte Inhalt läuft, ohne dass er auf eine Detailseite gehen muss.

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Bildquelle:

  • Michael Roedel, Senior Director Sales and Business Development EMEA bei TiVo: Colin Ross
  • tivo_Startseite: digitalfernsehen.de
  • tivo_FASTTV: digitalfernsehen.de
  • tivo Start: digitalfernsehen.de
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