„Das Kanu des Manitu“ ist noch schlimmer als befürchtet

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Ranger und Abahachi in Das Kanu des Manitu
Foto: Constantin Film

Bully kann es nicht mehr: „Das Kanu des Manitu“ ist leider ein Armutszeugnis für das populäre deutsche Kino.

Dies ist ein Film für Menschen, die es lustig finden, wenn ein deutscher Mittfünfziger ein Indianerkostüm anzieht und sagt, man solle heute nicht mehr „Indianer“ sagen. Viel Schlimmes war zu befürchten, als bekannt wurde, dass Michael Bully Herbig den deutschen Kassenschlager „Der Schuh des Manitu“ fortsetzt. Allein die Kulturkämpfe, die vor Kinostart ausgetragen wurden, waren eine Qual. Da gibt es die eine Fraktion, die schon den ersten Teil in seinen Grundzügen problematisch findet. Eine zweite Fraktion befürchtet, Bully würde sich nun nach so vielen Jahren dem „woken“ und angeblich „linksgrünen“ Zeitgeist anbiedern. Und wiederum andere wollten schon im Vorfeld einen Befreiungsschlag in allem sehen. Endlich wieder eine Rolle rückwärts! Endlich wieder unbeschwert und unreflektiert über das lachen, was vor über zwei Jahrzehnten einmal lustig sein sollte.

„Das Kanu des Manitu“, man sollte das leider so drastisch sagen, ist ein verzweifelter und ein verachtenswerter Film. Seine Schwäche ist noch nicht einmal, dass seine Pointen vorrangig aus stumpfer Blödelei und zigfach gesehenen Slapstick-Nummern bestehen. Das kennt man schließlich schon aus dem ersten Teil. Verachtenswert und verzweifelt ist er, weil man hier ein Kommerzkino erleben kann, das sich an all die oben genannten Fraktionen gleichermaßen anbiedern will. Und dabei kommt nur zum Vorschein, welchen eigenartigen Weltbildern man hier auf den Leim geht.

Bully, Tramitz und Kavanian denken offenbar, ein Film würde progressiver daherkommen, wenn man ihn nur mit ein paar mehr Minderheiten besetzt und ein paar mehr „starke Frauenrollen“ schreibt. Man verkennt dabei völlig das strukturelle Problem, das Kritiker des ersten Teils aus guten Gründen bemängelten. Und das bestand darin, dass hier vor allem eine Dominanzkultur über andere lacht, die nicht zu ihrer sogenannten Norm gehören, und dafür nur Stereotype und Karikaturen recycelt, auf deren Köpfen sie wiederum ihre eigene Identität errichtet.

Viel schwächer als „Der Schuh des Manitu“

Man kann dem Originalfilm von 2001 zumindest lassen, dass die künstlerischen Gewerke ganze Arbeit geleistet haben, um einen liebevoll ausgestatteten, atmosphärischen, auch einen dreckigen Old-School-Western auf die Beine zustellen. Und man kann ihm lassen, dass Bully und Co. damals eine beachtlich hohe Dichte an Gags und ikonischen Onelinern geschaffen haben, die bis heute im Gedächtnis geblieben sind. Aber selbst bezüglich dieser wohlwollenden Punkte versagt „Das Kanu des Manitu“ auf ganzer Länge.

Dieser Film ist visuell wenig aufregend und ernüchternd in seinen überschaubaren und mit Computertricks verkünstelten Kulissen. Und er ist trotz nicht einmal anderthalb Stunden Laufzeit träge und schleppend, weil man jeden altbackenen Kalauer schon aus Meilen Entfernung riechen kann. Einige alberne Sprüche laden zum Schmunzeln ein, Ja, okay. Etwa dann, wenn sich Winnetouch beim Cha-Cha-Cha-Training als „Der mit Frau Wolf tanzt“ vorstellt.

Winnetouch in Das Kanu des Manitu
Foto: Constantin Film

„Das Kanu des Manitu“ sehnt sich nach der Vergangenheit

Im Kern – und hier kommen die anderen genannten Fraktionen ins Spiel – bleibt dies jedoch ein ewiggestriges, aus der Zeit gefallenes Kino. Wenn der eigene Humor in weiten Teilen aus dem Verlachen von Minderheiten und anderen Identitäten besteht, die gerade nicht dem deutschen Durchschnitt entsprechen, dann sollte man vielleicht nicht den Fehler in irgendwelchen ermüdenden Kulturkämpfen suchen, sondern genau dort: beim eigenen Humor. „Das Kanu des Manitu“ baut seinen Humor auf Dingen, die man heute angeblich nicht mehr sagen darf und die heute angeblich nicht mehr lustig sind. In Wirklichkeit sagt er derweil alles, weil nie jemand irgendetwas verboten hat, und er ist dabei nicht lustig, weil er eigentlich nie lustig war. Aus einem Kommentar wird eine versuchte Rechtfertigung.

Der eingangs erwähnte Gag mit der Nennung des Begriffs „Indianer“ wird gleich mehrfach wiederholt. Dazu gibt es etwa einen Jim-Knopf-Witz. Lukas der Lokomotivführer spielt eine Rolle im Film. Vielleicht soll auch das eine Anspielung auf die Streitereien der letzten Jahre sein. Denn wer erinnert sich nicht daran, als Twitter sich mal darüber die Köpfe zerbrach, ob „die Grünen“ nun „uns“ auch noch den Jim Knopf verbieten wollen? Ironie Ende. Die größte Peinlichkeit zeigt sich aber, wenn sich irgendwann zu erkennen gibt, worauf diese Komödie eigentlich hinsteuern will.

Bully inszeniert sich selbst quasi vor einem Gericht der Native Americans. Er wähnt sich angeklagt, weil er kein echter Apache, kein echter Indianer ist. Und er lässt sich genau dafür freisprechen, damit der Deutsche auch im nächsten Jahr noch sein Indianerkostüm beim Karnevalsbesäufnis tragen kann. Wiederholt wird damit das dümmliche Argument, es sei ja keine kulturelle Aneignung, sondern nur eine Wertschätzung. Und überhaupt ginge es ja gar nicht um die eigentliche Identität der Indigenen, sondern um ein Bild und Ideale, die diese verkörperten.

Dimitri und Mary in Das Kanu des Manitu
Foto: Constantin Film

Das wird man wohl noch sagen dürfen…

Genau dieses Argument legen Bully und Konsorten nun den Ureinwohnern sinngemäß in den Mund. Spätestens dann, wenn es heißt, hier werde niemand nach seiner Herkunft beurteilt. Nun, hätte man das mal all den Weißen in der Weltgeschichte gesagt, die jene Indigenen genau dafür abgeschlachtet haben: für ihre Herkunft beziehungsweise Abstammung. Das deutsche Mainstreamkino zeigt sich hier in einem ermüdenden Stumpfsinn. Hier wird keine Position gegen die andere ausgespielt. Man ist nur darum bemüht, mit möglichst berechenbaren Mitteln allen das Geld aus der Tasche zu ziehen für ein Werk, das schon nach wenigen Minuten in seine bemühten Einzelteile zerfällt. Ob das nun die hanebüchene Handlung oder die verkrampften Witze sind.

Herausgekommen ist ein weiteres Werk, das sich an totgelaufenen Trigger-Diskursen abrackert und argumentativ keinen Zentimeter von der Stelle kommt. Es sehnt sich trotzig und stur in eine Vergangenheit zurück, die schon damals nicht das Paradies war, das einige darin offenbar sehen wollen. Es ist traurig, was hier aus Bullys Schaffen geworden ist. Gerade weil er noch zu den wenigen Stars zählt, die überhaupt das Potential haben, noch große Massen für das deutsche Kino zu begeistern.

Das jüngst gestartete Reboot von „Die nackte Kanone“ wusste wenigstens, ihre Blödelei mit Überraschungen zu versehen! Und wenn dieser Film geschmacklos sein wollte, dann war er einfach geschmacklos und palaverte nicht um den heißen Brei, er dürfe ja heute nicht mehr geschmacklos sein. Hier zeigt sich, wie sich populäre deutsche Comedy vor allem selbst lächerlich macht. Deutschland im Jahr 2025 lacht darüber, dass ein junger Schauspieler mit vietnamesischer Abstammung plötzlich den stammelnden Klischee-Asiaten vom Imbiss nebenan spielt. Mit dieser Gesamtsituation KANN man nicht zufrieden sein.

„Das Kanu des Manitu“ läuft ab dem 14. August 2025 in den deutschen Kinos.

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57 Kommentare im Forum
  1. Damals hat man drüber gelacht. Heute eher nicht mehr. Wie mit Otto...das war als Kind total lustig aber später dann pure Peinlichkeit.
  2. Der typische DF-Filmverriss. Ist erfahrungsgemäß eher eine Empfehlung, die Filme anzuschauen. Warum nicht Lachen, auf freundlicher Basis. Ohne Zynismus, Sarkasmus. Einfach so. Mit einem kleinen bisschen Ernsthaftigkeit im einen oder anderen Witz. Der Schuh des Manitu ist gut gealtert
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