
„The Fantastic Four: First Steps“ eröffnet Phase Sechs des Marvel-Universums. Der Superheldenfilm ist überraschend gut geglückt.
Es beginnt schon beim Humor. Immer wieder haben sich die Superheldenfilme des MCU ihr eigenes Grab gewitzelt. Hinter jede bedrohliche Szene musste zugleich ein Augenzwinkern gesetzt werden. Der grässliche Höhepunkt davon waren die „Deadpool“-Filme, die in ihrer dauerhaften Ironie nur noch die eigene Konsumlogik verspotteten, mit der die Marke Marvel seit Jahrzehnten Geld scheffelt. Im neuen „Fantastic Four“ ist das anders! Hier gibt es für Marvel-Verhältnisse erstaunlich wenig zu lachen. Die wenigen Pointen sind wohldosiert, treffend gesetzt. Überhaupt trifft „wohldosiert“ auf viele Elemente in diesem neuen Superheldenfilm zu. Auch bei den Schauwerten hat sich Marvel spürbar mehr Mühe gegeben als bei manch anderen Titeln der vergangenen Jahre.
„The Fantastic Four: First Steps“ ist allein ästhetisch einer der stärksten MCU-Filme überhaupt, weil man hier einen eigenen Stil finden kann. „First Steps“ spielt in einer retrofuturistischen 60er-Jahre-Welt. Die Spannungen zwischen Vergangenheit und Zukunft, analoger Filmästhetik und Sci-Fi-Motiven ergeben mitunter interessante, irritierende Bilder. Dazu setzt diese Spielzeugwelt stärker auf echte Sets und Kostüme als manch anderer Blockbuster. Und wenn Marvel dann seine CGI-Exzesse von der Leine lässt, ist auch das in einigen Sequenzen herausragend bildgewaltig gelungen. Etwa dann, wenn sich die Fantastic Four auf eine Reise ins All begeben, um ihren neuen Widersacher Galactus aufzuspüren. Gemeinsam fliegt man durch ein Wurmloch und Aufnahmen, die an Christopher Nolans „Interstellar“ erinnern.

„The Fantastic Four“ ist ein visuell imposanter Superheldenfilm
Angekommen bei dem intergalaktischen Metall-Koloss, wird hier überwältigend mit den Ausmaßen des Bösen gespielt. Die Leinwand kann dafür kaum groß genug sein. Man merkt den Sparkurs von Marvel, über den jüngst auch der Studioboss Kevin Feige sprach. Neben weniger inhaltlicher Überforderung für das Publikum überlegt man, wie die Filme kostengünstiger und verdichteter inszeniert werden können. In „Thunderbolts*“ kippte das zuletzt leider in eine ästhetische Tristesse. Hier geht die Rechnung hingegen überzeugender auf. Verdichteter erzählt ist dieser Film, Ja. Er kommt mit wenigen großen Höhepunkten, Referenzen und Verstrickungen aus, aber ihm mangelt keineswegs an üppigen Schauwerten, die ein Blockbuster-affines Publikum wahrscheinlich erwartet.
Vor allem aber ist „The Fantastic Four: First Steps“ mal wieder ein Marvel-Film, der konzentriert um eine inhaltliche Frage kreist. Nicht alles im MCU war in den vergangenen Jahren schlecht. Stärken konnte man vor allem dort finden, wo andere nur das Chaos witterten. Etwa in dem oft verrissenen Ant-Man and the Wasp: Quantumania, in dem unter aller Schräg- und Blödheit plötzlich eine verblüffende politische Kritik am Geist der amerikanischen Weltpolizei durchschimmerte. Es ging dort um eine Selbstüberhöhung der Helden, die damit umso größeren Horror beschwören.
Der neue „Fantastic Four“ ist nun um eine ethische Frage konstruiert. Darf man ein Individuum opfern, um damit das Wohl der Masse zu retten? Der böse Galactus kommt und will das Superhelden-Baby der Fantastic Four. In einer gespenstischen Sequenz schwebt Galactus‘ Handlanger, der Silver Surfer, vom Himmel und warnt bereits vor dem kommenden Übel. Sollte die Familie das Kind nicht ausliefern, droht der Menschheit der Untergang.

Opfer und Wehrhaftigkeit
In „First Steps“ entwickelt sich daraus ein Szenario über menschliche Opferbereitschaft, das ganz verschieden gedeutet werden kann. Der Film funktioniert ebenso als Auseinandersetzung mit dem Kampf gegen den Klimawandel wie als Reaktion auf aktuelle Kriege in der Welt und die damit verbundenen Diskurse um Wehrhaftigkeit. Perfide argumentiert ist das dort, wo die Menschen mit leerem, kitschigem Familien-Geschwätz auf den Kampf und Krieg eingeschworen werden sollen. Unentschlossen dort, wo der Film die Gegenposition gleich mitliefert. Er erzählt nämlich ebenso davon, wie ein Kind davor bewahrt werden soll, von klein auf zum Helden und Kämpfer stilisiert zu werden.
Diese Blockbuster-Macke bleibt somit erhalten: Der Drang, sich in möglichst alle Richtungen zu öffnen. Möglichst alle sollen sich ihre politische Position nach Vorliebe herauspicken können. Eine eigene klare Haltung: Fehlanzeige. Haltung reicht hier nur so weit, wie der Kult der Heldenverehrung an sich bewahrt werden kann. Der aktuelle „Superman“ war da schon klarer und bot zumindest selbstbewusst allerlei politische Angriffsflächen. Insofern liefert Marvel weiterhin allzu berechnendes, zahmes Produktkino ab. Aber immerhin, der Weg führt endlich wieder in eine bessere Richtung!
„The Fantastic Four: First Steps“ läuft seit dem 24. Juli 2025 in den deutschen Kinos.
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