„Together“: Ein Liebesfilm mit Ekel-Garantie

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Alison Brie und Dave Franco in Together
Foto: LEONINE Distribution

„Together“ erzählt von der romantischen Fantasie, für immer mit dem Partner zusammen zu sein: als Ekel-Horror.

Was, wenn die gemeinsame Zukunft unerträglich wird? Die Vorstellung, ein Leben lang mit dem geliebten Partner zusammen zu leben, wird plötzlich zum puren Grauen. Und „Together“ findet darin ein Bild des ultimativen Body Horrors. Langsam aber sicher werden die Körper eins. Haut, Fleisch und Knochen verschmelzen miteinander. Die beiden Hauptfiguren, gespielt von Alison Brie und Dave Franco, sind frisch in ihr neues Haus in der Abgeschiedenheit gezogen. Nach einer Nacht in einer mysteriösen Höhle im Wald setzt nun jene monströse Verwandlung ein. Die beiden Liebenden, die an ihrem Lebensentwurf zweifeln, wachsen zusammen.

Eigentlich ist die Idee, aus diesem Bild und dieser Prämisse einen ganzen Horrorfilm zu entwickeln, so brillant, dass man sich fragt, warum sie nicht schon viel häufiger bemüht wurde. Ja, besagtes Bild ist an sich nicht neu. Zuletzt konnte man es in Luca Guadagninos Romanze „Queer“ sehen, in der die beiden Liebhaber ebenfalls miteinander verschmelzen. Aber „Together“ spielt es noch einmal auf ganz andere, exzessive und ambivalente Weise aus.

Zunächst sind es hier Tiere, die das grausame Schicksal ereilt. Ein Schluck aus einer Pfütze in einem Erdloch, aus dem Enddarm der Erde quasi, genügt. Was mit den Hunden daraufhin geschieht, lässt sich nur schemenhaft erahnen. Überhaupt ist Autor und Regisseur Michael Shanks gut darin, die Spannung über kleine Andeutungen aufzubauen. Schaurige Eindrücke und Schockeffekte werden mitunter nur für Sekundenbruchteile gezeigt und erschrecken dadurch umso mehr. Selbst die seltene Kunst des stummen Jumpscares, der einen im Sitz zucken lässt, ohne dass dafür ein lautes Geräusch nötig wäre, meistert Shanks während einer Albtraumszene mit Bravour.

Millie und Tim wachsen nach einer Nacht in einer mysteriösen Höhle plötzlich zusammen. Foto: LEONINE Distribution

„Together“ erzählt von einem Paar, das verschmilzt

Nur: Warum einige dieser Szenen im Film sind, abseits des Effekts; das will sich nicht immer erschließen. Denn „Together – Unzertrennlich“ schmälert sich nicht nur mit seiner eigenen Erklärwut, sondern auch allerlei weiterem, überflüssigem Drehbuch-Ballast. Ein Paar im Haus und die schon beschriebene Metamorphose hätten gereicht, um alles zu sagen, was dieser Film zu sagen und zu zeigen hat. Doch da müssen erst mühsam Herleitungen vorgenommen und Wege zurückgelegt werden, ehe die beiden Hauptfiguren, eine Lehrerin und ein erfolgloser Musiker, überhaupt zu verwachsen beginnen.

Ein angedichtetes Kindheitstrauma legitimiert sich eigentlich nur mit zusätzlichen Gruselszenen, um das Tempo anzuziehen. In der zweiten Hälfte soll dann noch eine halbgare Auflösung für all den Körperhorror aus dem Hut gezaubert werden, weil man das rein Sinnbildliche scheut. Eine Erklärung soll direkt nachgeliefert werden. Das zeugt vor allem von einem abschätzigen Blick auf das Publikum, dem man offenbar gar nicht mehr zutraut, einen solchen Film zu verstehen.

Steht der eigene Partner dem Glück im Weg?

Stark ist der Film am Ende dennoch, weil sein zentrales Bild so perfekt in die heutige Zeit passt, in der das Thema romantische Beziehungen komplizierter denn je erscheint. Einerseits sind all die konservativen Ideale von der monogamen Zweierbeziehung bis zum Tode noch präsent. Ganze Geschäftszweige sind um genau solche Vorstellungen konstruiert. Zugleich ist das leichter gesagt und vorgestellt als getan!

Der Mensch hat sich in unterschiedlichste Richtungen zu entwerfen. Er hat qua System um den eigenen Konsum und das eigene Glück zu kreisen. Die Partnerwahl kann auf der Couch mittels Onlinedating vollzogen werden und unterscheidet sich in seiner digitalen Aufmachung mitunter kaum vom Shopping bei Amazon. Jedes gefundene Glück wird zugleich wieder von der Frage überschattet, ob sich nicht irgendwo noch ein viel größeres Glück finden lässt. Diverse Soziologen und Soziologinnen wie Andreas Reckwitz oder auch Eva Illouz haben sich mit derlei Fragen und Konflikten in den letzten Jahren beschäftigt.

„Together“ erzählt schlussendlich von der Bindungsangst. Von der Angst davor, falsche Entscheidungen zu treffen, die das Glück schmälern und Lebenszeit verschwenden könnten. Und von der Angst, dass der eigene Partner womöglich noch dazu das Berufsleben behindern könnte. Das Gegenüber wird dabei plötzlich zur quälenden Fessel, die in Haut und Haar übergeht.

Foto: LEONINE Distribution

Sinnliche Kinoerfahrung

Michael Shanks erzählt aber nicht nur vom Horror einer Beziehung. Das ist kein pessimistischer Film. Im Kern ist „Together“ sogar ein hoffnungslos romantisches Werk! Diese Ambivalenz macht ihn so aufregend. So einschüchternd das eingehegte Leben zu zweit erscheint, so sehnsüchtig schmachtend erscheint der ganze Horror. Deine Bewegung ist meine Bewegung. Je größer die Entfernung zwischen uns, desto größer die Schmerzen. Selbst nach dem Tod bleibst du für immer ein Teil meiner Person. Verstörend ist „Together“, weil er solche Sehnsüchte und Fantasien von Liebe und Begehren wörtlich nimmt!

Zunächst fürchtet man noch das Verschmelzen zur menschlichen Einheit. Später dann lässt man der Metamorphose und Anziehung zwischen den Leibern freien Lauf und unter all den Ekelszenen rührt „Together“ plötzlich mit seinen Szenen einer untrennbaren Liebe. Auch das ist eine große Stärke dieses Films, der bei alldem versucht, seinen eigenen medialen Körper mit den Affekten und dem Körpergedächtnis seiner Zuschauer zu verschmelzen. Spätestens dann, wenn sich hier etwa zwei Augen in Großaufnahme berühren. Höchst intensive und taktile Kinobilder sind das, die in die eigenen Sinne und Phantomschmerzen übergehen.

„Together“ läuft seit dem 31. Juli 2025 in den deutschen Kinos.

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