Köln – Der deutsche Kabelmarkt steht vor tiefgreifenden Veränderungen. Sollte das Kartellamt seine bisherige Sprechung im Kabelbereich überdenken, wird 2008 ein Jahr der Marktbereinigung.
Wie die „Financial Times Deutschland“ berichtet, planen die Finanzinvestoren, die hinter Deutschlands zweitgrößtem Kabelnetzbetreiber Unitymedia stehen, die Übernahme des drittgrößten Anbieters Kabel BW.
Um gegen die drohende Marktmacht der Telekomkonzerne anzukommen, soll darüber hinaus ein Telekommunikationsunternehmen aufgekauft werden. Laut Angaben des Blatts sei Unitymedia bereits auf der Suche nach geeigneten Übernahmekandidaten. Bisher war Unitymedia für eine Anfrage von DIGITAL FERNSEHEN nicht zu erreichen.
Das Zünglein an der Wage spielt hier weiterhin das Kartellamt, das in der Vergangenheit die Zügel sehr streng geführt und bereits einige groß angelegte Übernahmen untersagt hat. Doch zuletzt kam auch aus Bonn das Signal, dass man die eigene Position überdenkt.
Dabei dreht sich alles um die neuen Triple-Play-Dienste. Neben dem TV-Angebot bieten die Kabelnetzbetreiber zunehmend Internet und Telefon – und treten damit in Konkurrenz mit den Telekommunikationsunternehmen. Diese wiederum beginnen mit ihren Internetfernsehen-Angeboten (IPTV) auf den Markt der Kabelnetzbetreiber zu schielen. Alte Marktgrenzen verschwinden durch den technologischen Fortschritt zunehmend, so dass die Kabelnetzbetreiber ihrerseits nun vom Kartellam ähnliche Kriterien wie im etwas lockerer geführten Telekommunikationsmarkt fordern.
Wenn die Kabelkonzerne nicht den direkten Zugang zum Kunden erhalten, sind sie nicht wettbewerbsfähig im Konkurrenzkampf mit Telekom, Hansenet, Arcor und Co. Die bisherigen Kartellamtsentscheidungen hielten die Teilung in den Netzebenen zugunsten der vielen kleinen und mittelständischen Kabelnetzbetreiber aufrecht. Auf diesen Teil des Kabelmarkts entfällt aber eben häufig der direkte Kontakt zum Kunden, den die großen Konzerne wollen.
Auch liegt in dieser für Deutschland typischen Struktur das Zurückbleiben der Kabelnetzbetreiber beim Breitbandinternet begründet: Zwischen den verschiedenen Unternehmen wird immer wieder gestritten, ob die Netze modernisiert werden und wer denn die Kosten übernimmt. So sehen es zumindest die Kabelnetzbetreiber.
Wie die „FTD“ weiter berichtet, ist dies nur die halbe Wahrheit: Auch haben sich die großen Finanzinvestornen hinter den Kabelnetzbetreibern nach ihrem Einstieg allesamt gescheut, große Investitionen zu wagen. BC Partners und Apollo (Unitymedia), Providence (Kabel Deutschland) und EQT (Kabel BW) stiegen nach dem Internet-Börsencrash ein und scheuten hohe Ausgaben.
Damit kam man jedoch gegenüber DSL ins Hintertreffen – so beherrschen die Telekommunikationsunternehmen derzeit mehr als 90 Prozent des Telekommunikationsmarkts und die Kabelnetzbetreiber müssen jetzt deutlich aufholen. Die Investitionen fließen jetzt. [lf]
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