Primacom kämpft gegen die Heuschrecken

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Kabel-TV Bild: © soupstock - Fotolia.com
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Der Kabelnetzbetreiber soll in die Enge getrieben werden – seine bisherigen Kreditgeber blockieren den gewinnträchtigen Verkauf der niederländischen Tochter Multikabel.

Der Kabelnetzbetreiber Primacom muss sich in den nächsten Tagen dringend restrukturieren und neue Kreditgeber finden. Am Montag hatte die Banken einen vorrangig besicherten Kredit nicht weiter verlängert und zur Zahlung fällig gestellt. Das Investmenthaus JP Morgan verlängerte jedoch die Überziehungskreditlinie in Höhe von 15 Millionen Euro vorerst bis kommenden Montag, 19. September. Das in Mainz ansässige Unternehmen mit rund 860 Mitarbeitern stehe nach eigenen Angaben nun in konkreten Verhandlungen mit neuen Kreditgebern. Falls keine Lösung erreicht werden kann, sei ein Antrag auf Insolvenz unumgänglich.
 
Primacom hat derzeit Finanzschulden von rund einer Milliarde Euro. Interessant sind allerdings die Umstände, mit denen Primacom in die Schuldenfalle geriet. Im Jahre 2000 erwarb Primacom den niederländischen Kabelnetzbetreiber Multikabel für 375 Millionen Euro auf Kredit. Dabei wurden nach Ansicht von Kritikern wie Aktionärsschützer Markus Straub „sittenwidrige“ Konditionen mit den Gläubigern ausgehandelt, allein an Gebühren fielen 80 Millionen Euro an. Für den Kredit wurde ein Zinssatz von 20 Prozent ausgemacht. Markus Straub ist Abgesandter der „Schutzgemeinschaft der Kapitalanleger“ (SdK) und seit 2004 im Aufsichtsrat von Primacom vertreten. Die bisherigen Kreditgeber, allen voran Apollo, blockieren jedoch den geplanten Multikabel-Verkauf. „Uns liegen Angebote von über 500 Millionen Euro vor“, so ein Primacom-Sprecher gegenüber DIGITAL FERNSEHEN. Zum Verkauf müssten jedoch alle Kreditgeber zustimmen. Mit den Einnahmen könnte Primacom unter anderem den vorrangig besichterten Kredit zurückzahlen und wäre auf einen Schlag zirka die Hälfte der Schulden los.
 
Primacom befindet sich seit längerem im Kampf gegen „Heuschrecken“, die man schnellstens wieder loswerden will. Laut Branchenbeobachtern wollten diese das Unternehmen bereits letztes Jahr ausbluten lassen. Gemeint sind damit laut Branchenbeobachtern ausländische Private-Equity-Unternehmen, die der Primacom nach deutschem Recht sittenwidrige Kredite (20 Prozent Zinsen plus Zinseszinseffekt) aufgedrängt haben. Ein am Dienstag dazu angesetzter Gerichtstermin am Landgericht Mainz verlief ergebnislos. Das Gericht wies die Klage der Primacom gegen die Second Secured Lender wegen fehlender internationaler Zuständigkeit ab. Nun muss voraussichtlich ein britisches Gericht entscheiden. Die JP Morgan Bank erhielt wegen dem Umgang mit dem Kabelunternehmen von der SdK Anfang des Jahres 2005 die zweifelhafte Auszeichnung „Bankräuber des Jahres“ verliehen. [mg]

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