Nach Ansicht der Kabel Deutschland wird das Bundeskartellamt das angedachte Entflechtungsverfahren einstellen.
„Wir haben uns sehr ernsthaft mit der Primacom beschäftigt und verschiedene Optionen geprüft. Deshalb haben wir auch einen Anteil an der Primacom erworben und in einer Due Diligence geprüft, ob ein Angebot für eine Komplettübernahme sinnvoll wäre“, so KDG-Unternehmenssprecher Stefan Schott gegenüber DIGITAL FERNSEHEN. Kabel Deutschland erwarb im Mai von Primacom-Mitbegründer und ehemaligen Vorstand Wolfgang Preuß 2.921.617 Aktien (zum damaligen Zeitpunkt rund 14,4% des Grundkapitals) und zahlte ihm hierbei pro Aktie 12 Euro. Die Beteiligung wurde aber nicht beim Kartellamt angemeldet. Nach Ansicht der Wettbewerbshüter haben die Firmen damit gegen das Vollzugsverbot verstoßen. Sie hätten den Verkauf anmelden und die Freigabe durch das Bundeskartellamt abwarten müssen. Daraufhin wurde ein sogenanntes Entflechtungsverfahren, das bisher jedoch ergebnislos blieb, eingeleitet. Dieses wird nach Informationen von DIGITAL FERNSEHEN voraussichtlich gar nicht mehr weitergeführt. „Das Kartellamt hatte die Überprüfung der Beteiligung der KDG an der Primacom aufgeschoben, um abzuwarten, ob KDG ein eigenes Angebot für eine Übernahme vorlegt. Kabel Deutschland geht davon aus, dass das Bundeskartellamt das Verfahren aufgrund des Verkaufs der Beteiligung an Orion Cable einstellen wird“, so Schott weiter. Eine eventuell spekulierte Rückabwicklung des Geschäfts wird es somit nicht geben.
Der Kauf der 1,2 Millionen Kabelhaushalte von Orion Cable seit bereits lange geplant gewesen. „Wir sind mit Orion Cable bezüglich der Übernahme der Kabelhaushalte bereits seit einem Jahr im Gespräch gewesen“, so Schott gegenüber DF. Dieser Kauf sei immer völlig unabhängig von einer Primacom-Beteiligung gewesen. Schott weiter: „Die von Orion Cable erworbenen 1,2 Millionen Kabelhaushalte in die Netze der KDG zu integrieren ist eine riesige Aufgabe. Deshalb macht es keinen Sinn ein eigenes Angebot für das Unternehmen Primacom abzugeben. Beides, also der Kauf der 1,2 Millionen Kabelhaushalte von Orion Cable und die Übernahme der Primacom ist für die KDG gleichzeitig nicht zu bewältigen – weder finanziell noch organisatorisch.“
Kabel Deutschland sehe auch keine Verbindung zwischen der Weitergabe ihrer Primacom-Beteiligung an Orion Cable und dem gleichzeitig kommunizierten Erwerb von 1,2 Millionen Orion Cable Haushalten für 585 Millionen Euro. Branchenbeobachter bezweifeln dies stark, da die Kabel Deutschland alleine durch die Weitergabe der 2.921.617 von Wolfgang Preis zum Stückpreis von 12 Euro erworbenen Aktien für lediglich 10 Euro an Orion Cable nahezu sechs Millionen Euro Verlust innerhalb von nur fünf Monaten macht.
„Herr Dr. Siemen hat auf der außerordentlichen Hauptversammlung nur verschiedene Vergleiche angeführt, die zur Bewertung der PrimaCom-Aktien herangezogen werden könnten, er hat jedoch nicht selbst den Wert definiert. Die Wiedergabe seiner Aussagen in der Stellungnahme des Primacom-Vorstandes letzte Woche ist somit falsch“, so Schott.
In der Primacom-Stellungnahme heißt es: „Im Rahmen der außerordentlichen Hauptversammlung der Gesellschaft wies Herr Dr. Andreas Siemen, Direktor Corporate Development der KDG, die anwesenden Aktionäre darauf hin, dass die von der Bieterin angebotene Gegenleistung von 10 Euro dem Wert der Primacom-Aktie in keiner Weise entspreche. Er bewertete den Übernahmepreis unter anderem deshalb als zu niedrig, weil er weder die Investitionen der Vergangenheit wider spiegele, noch das mögliche künftige Ergebniswachstum erfasse. Mit der Unterbewertung wolle die Bieterin (Orion Cable) nur einen günstigen Moment für einen Erwerb zum niedrigen Preis ausnutzen. Herr Dr. Siemen bezeichnete einen um bis zu 5 Euro je Aktie höheren Übernahmepreis als angemessen.“ Zu diesem Zeitpunkt waren die Verhandlungen zwischen Kabel Deutschland und Orion Cable über den Kauf der 1,2 Millionen Kabelhaushalte gerade auf dem Höhepunkt.
Von der Wortmeldungen auf der Hauptversammlung gebe es laut Primacom Investor Relations kein Gesprächsprotokoll und keine Aufzeichnung. Die anwesenden Teilnehmer seien sich jedoch alle einig, dass Siemen den Wert „bis zu 15 Euro“ als angemessenen Übernahmepreis während seiner Folienpräsentation erwähnte. KDG-Unternehmenssprecher Schott dementiert weiter: „Wir haben immer gesagt, wir prüfen die Optionen, es gab nie eine Ankündigung für ein eigenes Übernahmeangebot.“[sh]
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