Vectoring: Konsequenzen des Bundesnetzagentur-Entscheids

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Kabel-TV Bild: © soupstock - Fotolia.com
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Die Bundesnetzagentur hat nicht nur einen Vectoring-Entwurf zu Gunsten der Telekom vorgelegt, sondern auch über die Regeln für den Bitstromzugang entschieden.

Vectoring als Breitbandersatz

Vectoring ist technisch gesehen eine Aufrüstung des bisherigen Netzes. Statt den zukunftsweisenden Ausbau von Breitband voranzutreiben, kann die Telekom ihre alten Kupferkabelnetze durch Vectoring beschleunigen. Das ist deutlich günstiger und erlaubt es dem Marktführer theoretisch, in bisher unterversorgten Gebieten schnellere Leitungen anzubieten.

Vectoring reduziert vereinfacht gesagt das Übersprechen auf Kupferdrahtleitungen. Dabei handelt es sich um Störungen, die durch das elektromagnetische Feld der Kupferdrähte verursacht werden. Es kommt zu Rauschen, beziehungsweise zu einer schlechten Übertragung. Aus Sicht von DSL-Kunden sinkt dabei die mögliche verfügbare Bandbreite deutlich mit steigender Entfernung zum letzten Verteilerkasten. Vectoring reduziert das Übersprechen durch ein bereinigendes Gegensignal und steigert, beziehungsweise erhält somit die mögliche Bandbreite.

Je nach Entfernung zum Verteilerkasten kann Vectoring die Bandbreite einer Leitung von 50 MBit/s im Downstream etwa verdoppeln und von circa 1 MBit/s im Upstream etwa vervierfachen. Vectoring ermöglicht damit eine Bandbreite über bereites bestehende Telefonleitungen von bis zu 100 MBit/s. Das entspricht ungefähr der von üblichen Glasfaserkabelanschlüssen. Allerdings profitieren nur solche Anschlüsse, die nah genug am letzten Kabelverzweiger liegen. Daher wird Vectoring weniger in ländlichen Gebieten zum Einsatz kommen können. Vectoring und der letzte Verteilerkasten

Laut Entscheidungsentwurf der Bundesnetzagentur wird die Telekom ein Monopol erhalten. Denn sie bekommt den Zugriff auf die Hauptverteiler, um Vectoring zu installieren. Damit verbunden ist ein Monopol über die Teilnehmeranschlussleitung. Denn die Telekom kann den physikalischen Zugang auf dieses wichtige Leitungsstück untersagen, wenn sie Vectoring installiert hat. Weitere Anbieter sind dann auf ein technisches Leistungspaket angewiesen, das die Telekom schnüren und in Rechnung stellen kann. Ausnahmen von dieser Regelung sollen nur dort möglich sein, wo die Konkurrenz bisher bereits aktiver beim Ausbau des lokalen VDSL-Netzes war. Die Konkurrenz wird durch die Regelung jedoch in der Breite von der Installation eigener Techniken abgehalten. Bitstream und Vectoring

An dieser Stelle ist die zweite Entscheidung der Bundesnetzagentur wichtig. Denn die Telekom muss der Konkurrenz sogenannte Bitstreamzugänge zur Verfügung stellen. Ein solcher Zugang ist erforderlich, um den Endkunden mit dem DSL-Angebot überhaupt zu erreichen.

Es gibt zwei Varianten beim Bitstreamzugang: Layer 2 und Layer 3. Layer 2 ist ein Prinzip, das den Wettbewerbern mehr eigene Gestaltungsmöglichkeit überlässt. Die technische Vorleistung ist weniger starr und der Wettbewerber kann zum Beispiel eigene VDSL-Dienste einspeisen. Beim Layer-3-Zugang stellt die Telekom der Konkurrenz einen sehr klar umrissenen internetbasierten Zugang zur Verfügung. Das hat den Vorteil, dass die Wettbewerber weniger eigene Technik benötigen, aber auf das genaue Vorleistungspaket der Telekom angewiesen sind. Ausgeschlossen ist damit in der Regel, dass die Wettbewerber zum Beispiel eigene Internet-TV-Angebote einspeisen.

Beim Vectoring muss die Kontrolle über die Technik bei der Telekom bleiben, um die störungsfreie Übertragung zu gewährleisten. Damit wird diese Technik zu einem Bitstromzugang mit Layer 3 führen. Damit werden die Wettbewerber jedoch am Einspeisen eigener Breitbanddienste behindert, sofern diese spezielle Konfigurationen benötigen.Kritik der Wettbewerber

Der Branchenverband Breko kritisiert diese Entwicklung. Die Bundesnetzagentur würde nach Auffassung der Breitbandkabelnetzbetreiber ein faktisches Monopol über den Ausbau des Nahbereichs erhalten. Dieses verschleppe jedoch den Ausbau eines leistungsstarken Glasfaserkabelnetzes und grenze Wettbewerber aus. So würden die Mitbewerber zu infrastrukturlosen Vorleistungsempfängern verkommen. Dabei zeige die Praxis, dass Monopole zu Preissteigerungen und schlechter Qualität führen.Wie können Kunden reagieren?

Kunden haben in vielen Fällen keine Wahl des Anschlusses. Liegt kein Kabelnetz vor der Haustür, fällt der Breitbandanschluss als DSL-Alternative weg. LTE und DSL per Satellit können gegenenfalls eine Alternative sein, das hängt jedoch vom Standort ab. Um zu prüfen, welche DSL-Alternativen vor Ort möglich sind, können Kunden jedoch ein Vergleichsportal bemühen und sich dann entscheiden. Besteht im VDSL per Vectoring die einzige sinnvolle Alternative, kann der Kunde dennoch immer noch bei Wettbewerbern der Telekom einen Anschluss beauftragen. Letztlich spielt für den Endkunden das gesamte Leistungspaket aus Preis, Bandbreite, Service und technischer Konfiguration eine Rolle. Der Wettbewerb beim letzten Punkt wird durch die Entscheidungen der Bundesnetzagentur jedoch kaum noch eine Rolle spielen können. [kw]

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9 Kommentare im Forum

  1. "Damit wird diese Technik zu einem Bitstromzugang mit Layer 3 führen. Damit werden die Wettbewerber jedoch am Einspeisen eigener Breitbanddienste behindert, sofern diese spezielle Konfigurationen benötigen." Das ist Falsch. Die Telekom bietet seit fast 10 Jahren VDSL Layer 2 an und so wird es auch mit Vectoring sein. Darüber realisieren Firmen wie Vodafone und 1&1 u.a. ihr IP-TV. Ab 1.1.2016 ist die Telekom sogar gesetzlich dazu verpflichtet, Layer 2 anzubieten.
  2. Es ist nur die Frage zu welchem Preis. Da gibt es offensichtlich schon einen Antrag der Telekom bei der Bundesnetzagentur der, wenn er durchkommt, saftige Preiserhöhungen beinhaltet. Wem Monopole gewährt werden wird sie auch einsetzen.
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