Das alte Eisen: Hörrundfunk wird 95

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Radio UKW Bild: © jakkapan - Fotolia.com
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Am 29. Oktober 1923 startete der Hörrundfunk. Heute hören Menschen im Durchschnitt täglich vier Stunden Radio. Die spanende Lebensgeschichte einer nicht wegzudenkenden Alltagsbegleitung.

Happy Birthday, Radio! Am 29. Oktober 1923, vor 95 Jahren, wurde in Deutschland „erstmalig Mitteilung gemacht, dass der Unterhaltungs-Rundfunk mit Verbreitung von Musikvorführungen auf drahtlos- telefonischem Wege beginnt“. Die „Modetorheit Rundfunk“ nahm im Berliner Vox-Haus ihren Anfang und entwickelte sich nach einem zögernden Start zum Renner. 

Gab es zum Start 1923 nicht einen einzigen Hörer, waren es zum Jahresende 467 zahlende Hörer. Zum 1. Januar 1925 waren 500.000 Hörer registriert und zum Jahresende 1925 wurde schon die Millionengrenze überschritten. Parallel zur Hörerentwicklung vergrößerte sich auch die Zahl der Rundfunkanstalten: 1924 gestalteten Sender in Leipzig, München, Frankfurt, Hamburg, Stuttgart, Breslau, Königsberg und Münster eigene Programme. Als erster zentraler Sender des damaligen Deutschen Reiches entstand 1926 die Deutsche Welle.
 
Ab 1932 griff die Politik drastisch in das Geschehen ein und 1933 kam der Volksempfänger. Das Radio-Publikum zählte 1943 16 Millionen. 1945 eröffneten unter Aufsicht der Besatzungsmächte wieder die ersten Rundfunk-Stationen neu. 1948 gingen diese als Landesrundfunkanstalten des öffentlichen Rechts in der BRD in deutsche Obhut über. Ab 1949 wurde die Ultra-Kurzwelle (UKW) für die Rundfunk-Versorgung einbezogen. Dies bescherte dem Radio einen Qualitätssprung mit deutlich besserer Klangqualität.
 
Im geteilten Deutschland verlief auch die technische Entwicklung getrennt. So startete in der ehemaligen DDR der reguläre Rundfunk-Sendebetrieb am 15. September 1945. Im Jahr 1950 folgte die schrittweise Einführung des UKW-Rundfunks. Seit über 55 Jahren gibt es in der BRD stereophonen Hörfunk, in der ehemaligen DDR seit 1965. 
 
1980 begannen die Versuche zur Radioausstrahlung mit digitaler Codierung. 1982 erlebte der digitale Satelliten-Hörfunk seine Premiere. Die ersten privaten Radioprogramme waren 1984 Bestandteil der Kabel-Pilotprojekte. Seit Anfang der 1990er Jahre gibt es neben den analogen Ausstrahlungen auch digitales Radio über Satellit und Kabel. In den letzten Jahren wurden auch die Hörfunk-Verbreitung über das Internet und Streaming-Dienste mit mehreren hundert Millionen Abrufen pro Monat immer beliebter.
 
Am 1. August 2011 gingen erstmals deutschlandweit Programme nach dem Digitalstandard DAB Plus auf Sendung. Das Übertragungsverfahren DAB Plus arbeitet mit einer moderneren, effizi- enteren Ton-Kodierung, um Übertragungskosten zu verringern und bei gleicher Klangqualität mehr Spielraum für eine noch deutlich größere digitale Programmvielfalt zu bieten.
 
Aktuell werden pro Jahr mehr als sechs Millionen Radiogeräte unterschiedlichster Ausstattung verkauft. Die Programmanbieter erreichen mehr als 60 Millionen Hörer täglich.Abschließend zum Schmunzeln: Die „goldenen Radioregeln“, die im „Radiokalender 1928“ veröffentlicht wurden

„Lade Deine Freunde nur dann zu einer Rundfunkübertragung ein, wenn Du Deinen Apparat in Ordnung weißt.“
 
„Sorge dafür, dass auch von Deinen Angehörigen der Apparat bedient werden kann, damit sie gute Programme auch in Deiner Abwesenheit genießen können.“
 
„Dein Radioapparat soll Dir Erholung und Genuss vermitteln. Setze ihn nur dann in Betrieb, wenn du in der Lage bist, die Darbietungen mit Aufmerksamkeit zu verfolgen“.
 [PMa]

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6 Kommentare im Forum

  1. Und es gab Astra Digital Radio (ADR). Das funktionierte mittels der zusätzlichen Tonunterträger der Sat-Transponder bei der analogen TV-Ausstrahlung. Ursprünglich wurden darüber zusätzliche Radioprogramme in analoger Form mitgesendet. Nachteil war dass ein zusätzlicher Receiver für ADR erforderlich war während die analogen Tonunterträger mit jedem analogen Satellitenreceiver hörbar gemacht werden konnten. DSR hatte nur eine kurze Verweildauer, den Inhalteanbietern waren die Verbreitungskosten zu hoch, da nur 16 Radioprogramme über einen Transponder verbreitet werden konnten – ohne ein zusätzliches TV-Programm.
  2. Was für ein Stuss: "1948 gingen diese als Landesrundfunkanstalten des öffentlichen Rechts in der BRD in deutsche Obhut über." Wäre mir neu, dass 1948 die BRD bereits existiert hätte... "So startete in der ehemaligen DDR der reguläre Rundfunk-Sendebetrieb am 15. September 1945." Die DDR wurde am 7. Oktober 1949 ausgerufen. In ihr konnte 1945 kein Rundfunk starten. Aber der Rundfunk startete schon deutlich eher, nur halt sehr bizarr: bereits am 13. Mai 1945 wurde im "Haus des Rundfunks" in der Masurenallee (bis Kriegsende Sitz des Reichsrundfunks, viel später dann SFB, heute RBB) eine Sendung zusammengestellt und über den den Sender Tegel ausgestrahlt. Da die Leitungen zerstört waren (u.a. durch zerstörte Brücken), musste man die Sendung per Band direkt vom Sender Tegel abspielen, also dorthin transportieren. Eine Woche später war man schon wieder täglich stundenlang auf Sendung - als Stimme des selbst so benannten "antifaschistischen Deutschlands", als Stimme der Sowjetunion, aber aus einem Funkhaus in Westberlin. Bizarr war die Situation, dass das Funkhaus von den Sowjets besetzt war (sie hatten ja Berlin eingenommen, also auch das Funkhaus) und nach dem 5. Juni 1945 nicht freigegeben wurde. Der Rundfunk der dann sowjetisch besetzten Ostzone sendete also aus der britischen Besatzungszone, der Sender Tegel stand in der französischen Besatzungszone und das Verstärkeramt Winterfeldstraße befand sich in der amerikanischen Besatzungszone. Große "Freude" war vorprogrammiert. So ließ der französische Militärkommandant von Berlin den alten sowie den neuen, im Bau befindlichen Sendeturm in Tegel am l6. Dezember 1948 sprengen. Als Vorwand diente die Einrichtung des Flugplatzes in Tegel, dem die Antennenträger angeblich im Wege standen. Sofort wurde festgelegt, daß der 20 kW-Mittelwellensender Potsdam/Golm das Programm des Berliner Rundfunks auf der "Berliner Frequenz" 841 kHz übernehmen mußte. Der Sender in Golm konnte zwar von 564 kHz auf 841 kHz umgestimmt werden, ein passendes Steuer quarz war jedoch nicht vorhanden. Die Inbetriebnahme erfolgte den noch innerhalb von zwölf Stunden. Danach mußte über vierzehn Tage lang ständig nachgestimmt und -getrimmt werden, um einigermaßen die Sollfrequenz zu halten. Nach langwierigen Verhandlungen mit den französischen Dienststellen gelang die Freigabe des Senders Tegel - mit einer First von genau 3 Tagen und Nächten zur Erledigung der Arbeiten. Mit Hilfe der Sowjets und von Mitarbeitern des Funkwerks Köpenick wurde der Sender in kürzester Frist demontiert, nach Königs Wusterhausen transportiert, dort wieder aufgebaut und am 20. März 1949 in Betrieb genommen. Es war absehbar, dass das Funkhaus Masurenallee nicht mehr zur Verfügung stehen wird. Bereits am 20. Mai 1946 hatte Marschall Shukow den Bau eines Rundfunkstudios in Berlin - Grünau, Regattastr. 276/277, angeordnet. Denoch baute man die Anlagen im Funkhaus Masurenallee weiter aus. Es endete dann in der Abriegelung des Funkhauses Masurenallee ab 3. Juni 1952 und der regelrechten "Aushungerung" der Mitarbeiter. 5 Wochen sendete man noch von dort, dann war man in Ostberlin soweit, das Programm volständig aus dortigen Studios zu übernehmen. Nach Verhandlungen zwischen den sowjetischen Behörden und dem Senat von Westberlin ist das Haus des Runfunks in der Masurenallee am 5. 7. 1956 dem Senat von Westberlin übergeben worden. Am 15. September 1945 begann der Sender Wiederau südlich von Leipzig in der Elsteraue mit ersten regulären Sendungen nach Kriegsende. Abgestrahlt wurde aber das Programm aus der Masurenallee in Berlin. Das war also nicht der Beginn des Rundfunks in Ostdeutschland (wenn man darauf schaut, wer da sendet). Blick nach Halle/Saale: bereits am 12. September 1945 wurde eine erste Schallplatten-Sendung über einen ehemaligen Luftwaffen-Sender in Cursdorf bei Schkeuditz ausgestrahlt. Also noch vor dem 15. September. Blick nach Weimar: am 15. 11. 1945 wurde ein neu gebauter Sender mit 300 Watt (!) im Gestellraum des vormaligen Polizeisenders im Belvedere installiert. Das Programm war aber wieder das aus Berlin Masurenallee. Ab 1. Dezember 1945 gab es aber in Weimar eigenproduzierte Sendungen. Blick nach Dresden: dort entstand mit Hilfe eines Wehrmachtssenders und der noch vorhandenen großen Masten der Nachrichtenkaserne eine Anlage, die am 2. Juni 1945 den Probebetrieb aufnahm. Dabei wurden zunächst Schallplatten abgespielt. Das Programm lief ohne Stationsangabe. Nach 5 Tagen wurde der Sendebetrieb wieder eingestellt. Am 6. September 1945 erfolgte innerhalb eines Tages mit Hilfe mehrerer Lastkraftwagen die Umsetzung der Sendeanlagen von Dresden-Übigau (Nachrichtenkaserne) in die Gebäude der Polizeikaserne Dresden-Trachau und der Studiogeräte in die Gebäude der ehemaligen "Boehner-Film-AG" in Dresden-Obergorbitz, Kesselsdorfer Straße 128 (Gasthof Reichsschmied). Bereits am 12. September um 8.00 Uhr früh konnte der Sender auf der Frequenz 519 kHz mit dem Programm des Berliner Rundfunks aus der Masurenallee in Betrieb genommen werden. Auch das war also vor dem 15. September 1945. Blick nach Potsdam: dort startete man am 20. Juni 1946 um 6.20 Uhr mit einem eigenen Programm. Quelle der Rundfunkgeschichte Ostdeutschlands: "Zusammenfassung der Unterlagen über die Entwicklung der Technik des Rundfunks bis 1967" - eine interne Publikation der Deutschen Post der DDR / Studiotechnik Rundfunk, fertiggestellt im Dezember 1988. Mehr dazu in den "Radio News" von Kai Ludwig / Radio Eins, dort auch mit Fotos aus der Dokumentation. Lohnt! Stunde Null in Berlin Zur Entwicklung des Rundfunks in Dresden von 1945 bis 1967 Der Aufbau des Rundfunks in Leipzig Zur Geschichte der Funkhäuser Cottbus und Frankfurt (Oder) Zur Geschichte des Funkhauses Potsdam Das Rundfunkstudio Görlitz und sein Nachfolger in Bautzen "1980 begannen die Versuche zur Radioausstrahlung mit digitaler Codierung." Das könnte Bigfon gewesen sein, das Multimedia-Kabelprojekt mit Bildtelefon und Digitalrundfunk, dessen Eckdaten mit denen des späteren DSR auffällig übereinstimmten. Auch der Prototyp-Empfänger von Telefunken sah verdächtig gleich aus. BIGFON – Wikipedia . Die Funk-Technik berichtete über das Bigfon-Radiosystem im Heft 4 / 1985. Hier eine Fundstelle: (Digital (PCM) Tuner for Reception of BIGFON Signals - Semantic Scholar) "1982 erlebte der digitale Satelliten-Hörfunk seine Premiere." 1982 stellte Telefunken den Prototyp-Empfänger vor. Aber erst zur IFA 1989 ging es offiziell mit DSR los.
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