Revolution?: Privatradio senkt Kosten und optimiert Klang auf DAB+

10
3109
Grundig Radio; Grundig Intermedia GmbH
Grundig Intermedia GmbH

Ein niederländischer Privatsender kündigt eine Revolution auf DAB+ an: Weniger Bandbreite und dennoch besserer Klang. Ist das aber wirklich neu?

Weniger Bandbreite und dennoch ein besserer Klang auf DAB+ – das verspricht der niederländische Privatsender Magic FM laut eigenen Angaben. Seit Samstag sendet das Programm über das in weiten Teilen der Niederlande hörbare DAB+-Netz von MTVNL (Kanal 7D) mit einer Datenrate von nur noch 48 kbit/s und spart damit Verbreitungskosten ein. Zuvor wurde eine Bandbreite von 64 kbit/s genutzt.

„Optimod“ gewährleistet besseren Klang

Es soll dennoch besser klingen: NLRADIO, das Unternehmen, das den Radiosender betreibt, erklärt, dass durch den Einsatz eines modernen Prozessors auch mit 48 kbit/s noch ein gutes Audiosignal bereitgestellt werden kann. Um dies zu erreichen, arbeitete man mit dem Technikunternehmen Orban zusammen. Das angebliche „Klangwunder“ soll dessen Produkt Optimod 5750 erzeugen.

Magic FM will mit diesem Experiment laut Eigendarstellung „revolutionäre Pionierarbeit“ betreiben. Radiosender könnten durch diese Optimierung Kosten sparen, zudem entstünde in bereits ausgebuchten DAB+-Ensembles Platz für weitere Programme.

Wirklich eine Revolution?

Was Magic FM als Revolution verkauft, ist aber letztlich nichts Neues. Schon lange ist bekannt, dass bei einer Ausstrahlung über DAB+ nicht nur die zur Verfügung stehende Bandbreite für guten oder schlechten Klang entscheidend ist, sondern auch die Zuführung des Programmsignals. So klingt so manches Programm mit einer Datenrate von 80 kbit/s schlechter als ein anderes mit 48 kbit/s.

In Deutschland hat sich 72 kbit/s als Standard-Bandbreite bei vielen Privatradios für DAB+ etabliert (in der chweiz sind es 64 kbit/s). Einige Landesmedienanstalten schreiben sogar eine Mindestbandbreite von 72 oder sogar 80 kbit/s vor. Dies ist aber tatsächlich Unsinn, denn, wie erwähnt, ist nicht nur die Datenrate für den Klang auf DAB+ verantwortlich, sondern auch die Qualität der Zuführung des Signals. So könnten Programmveranstalter tatsächlich mit weniger Bandbreite, aber optimierter Signalzuführung viel Geld an Verbreitungskosten einsparen, ohne dass der Otto Normalhörer etwas davon mitbekäme.

In einigen Ländern wie Großbritannien und Italien senden Veranstalter sogar mit noch geringeren Datenraten von beispielsweise nur 24 kbit/s. Hier nutzt aber auch die beste Signalaufbereitung nichts mehr, um noch einen ordentlichen Klang zu erzeugen.

Auch interessant:

DAB+: Landesweiter Sendeplatz in Bayern ausgeschrieben

Bildquelle:

  • grundigradio: Grundig Intermedia GmbH
10 Kommentare im Forum
  1. Ich kann mir zwar nicht vorstellen, dass ein Stereo Audioprogramm mit 48 kbps Bruttodatenrate selbst mit einer bestmöglichst optimierten Signalzuführung noch irgendwie anhörbar klingen kann. Aber in Niedersachsen hat man gerade diverse sog. NKLs mit 64 kbps in die Regional-Multiplexe gepackt. Und ja, die klingen tatsächlich "sauberer" als die kommerziellen bei 72-80 kbps. Aber auch sehr "weich", flach und kurz vorm "Metallisch-Klingen", was bei noch weiterer Absenkung der Bitrate auftreten würde. Sauberer dank verlustfreier Zuführung. Aber noch weiter herunter gehen mit der Bitrate!? Dann bitte in Mono senden! Das geht sonst gar nicht mehr. Irgendwann ist auch mal gut.
  2. Magic FM läuft in 48 kBit/s HE-AACv2, also formal schon in mono mit marginalem Datenstrom für Parametric Stereo. Ich kenne deren Core-Samplerate nicht, wenn es 24 kHz sein sollten, haben sie damit eine Nettodatenrate von 43,2 kBit/s. Da soll sogar eine Slideshow dabei sein laut FMscan-Datenbank. Damit erwarte ich kaum mehr als 37 kBit/s Audiodatenrate. Wobei ja auch die noch die Anteile für SBR> und PS beinhaltet, die man gedanklich eigentlich auch noch abziehen müsste. Das Audioprocessing hat großen Einfluss und wird kontrovers diskutiert. Ein Schweizer Vertrieb für teure Broadcast-Prozessoren behauptet (natürlich), dass ohne für DAB+ oprimiertes Optimod-Processing die Audioqualität schlechter wäre. Ein einstiger technischer Leiter eines Schweizer Regionalradios schrieb in den Abschlussbericht eines DAB-Versuchsprojektes sinngemäß, dass eine Zuführung in Form von MP3 (!) zum DAB-Encoder das Audio wie auch immer so beeinflussen würde, dass es danach auf DAB+ besser klingt. Und beim MDR hat sich die Audioqualität bei Beibehaltung der Bitraten dramatisch verbessert, nachdem man das Audioprocessing von Orban Multiband auf Jünger umgestellt und jegliche FM-Bearbeitung (FM-Limiter, ...) aus dem DAB-Signalweg genommen hat.
  3. Das könnte zum Beispiel erklären, dass das frisch gestartete Leibniz.fm aus Hannover seit wenigen Tagen im Stream von lausigen 128 kbps MP3 auf 320 kbps und sogar 48 kHz aufgedreht hat. Anscheinend verwendet man dieses Signal jetzt auch als Zuführung nach Usingen für den SAT-Uplink des Hannover Regionalmux für den Kanal 8C. Daher klingen die 64 kbps in meinen geschädigten Ohren, die dennoch heute feiner zu hören scheinen als je zuvor, besser als die "Kommerziellen" mit geringfügig mehr Bitrate. Die anderen NKLs aus NDS werden via Milling Broadcasting professionell verlustfrei zugeführt. Darüber hattest Du mehrfach berichtet. Der ganze FM Optimierungs Quatsch muss grundsätzlich raus für eine DAB+ Zuführung.
Alle Kommentare 10 im Forum anzeigen

Kommentieren Sie den Artikel im Forum