
Während ernsthafter regionaler und nationaler Notfallsituationen kommt dem Radio die tagende Rolle als schnelle, umfassende und für die Betroffenen leicht nutzbare Informationsquelle zu. Bislang wird diese Aufgabe über UKW erfüllt. Nach dem UKW-Aus der SRG, geht man in der Schweiz nun neue Wege – auf Basis von DAB+.
Es ist bekannt, dass sich die Empfangbarkeit von UKW und DAB+ grundlegend voneinander unterscheiden. Bei UKW klappt es auch noch, wenn das Signal nur noch verrauscht ankommt. Bei einer Infoquelle während Notsituation geht es nicht um Stereo und hervorragendem Sound. Da geht es allein darum, dass wichtige Mitteilungen verstanden werden.
DAB+ kennt, so wie auch andere digitale Übertragungsverfahren, DVB-T2 inklusive, nur zwei Empfangszustände. Entweder klappt der Empfang einwandfrei in bester Qualität oder gar nicht. Einen unzureichenden, angerauschten Empfang kennt die Digitaltechnik nicht. Deshalb gilt es zu achten, dass bei Notfällen möglichst alle Bürger erreicht werden. Das klappt auch mit DAB+. Allerdings muss man da an einigen Schrauben drehen. Die Schweiz hat hierfür ein Konzept entwickelt, das DAB+ auch für Extremsituationen fit macht.
Warum gerade die Schweiz?
In der Schweiz wurde die Verbreitung des öffentlich-rechtlichen Rundfunks auf UKW mit Jahresende 2024 eingestellt. Über DAB+ sind die Programme der SRG SSR im ganzen Land über sehr gut ausgebaute Sendernetze verfügbar.
Das schweizer Bevölkerungswarnsystem ist mehrstufig aufgebaut. An erster Stelle rangieren neben Sirenen DAB+ und Fernsehen. Einfach, weil diese die größte Verbreitung und höchste Zuverlässigkeit genießen. Erst auf Platz 2 rangiert das webbasierte AlertSwiss.
DAB+ während Notfallsituationen
Üblicherweise werden die öffentlich-rechtlichen DAB+-Pakete in der Schweiz mit dem auch bei uns weit verbreiteten durchschnittlichen Fehlerschutz EEP-3A ausgestrahlt. Er stellt einen guten Kompromiss zwischen der benötigten Datenrate und damit dem Platz für weitere Programme in einem Mux dar.
Während Notfallsituationen würde die SRG SSR auf den bestmöglichen Fehlerschutz EEP-1A wechseln. Er bringt eine merklich verbesserte Empfangbarkeit mit sich und lässt das DAB+-Radio auch dort noch einwandfrei spielen, wo es mit dem üblichen Fehlerschutz EEP-3A längst verstummt ist. Nachdem EEP-1A pro Programm bei gleicher Audioqualität deutlich mehr an Übertragungsbandbreite benötigen würde, müsste während solcher außergewöhnlicher Situationen entweder die Audioqualität oder die Anzahl der übertragenen Programme im Mux verringert werden.
Die Notfall-Ausstrahlungen werden über die öffentlich-rechtlichen DAB+-Pakete D01 für die Deutschschweiz, F01 für die französische, I01 für die italienische und R01 für die rätoromanische Schweiz angeboten.
Mit EEP-1A wird erreicht, dass die Indoor-Versorgung der genannten Multiplexe auf 96 Prozent ansteigen würde. Die Mobilversorgung im Auto würde gar auf 98 Prozent gesteigert werden.
Sehr hohe Autonomie
Zum Bevölkerungswarnsystem gehört auch die Möglichkeit des autonomen Betriebs vom Studio bis zu den Sendeanlagen. Diese können im Falle der SRG SSR unabhängig vom öffentlichen Stromnetz länger als 10 Tage auf Sendung bleiben. Damit ist die Grundlage geschaffen, die Bevölkerung auch während länger andauernde Notsituationen informieren zu können.
Das Schweizer Modell für DAB+ wäre auch für andere Rundfunkanbieter überlegenswert. Zumindest die wichtigen Grundnetzsender sind auch in anderen Ländern, wie Deutschland und Österreich, mit einer Notstromversorgung ausgestattet – die Studios der wichtigsten Programme ebenfalls. Und der Wechsel von EEP-3A und EEP-1A sollte eine Sache von einer halben Stunde sein, zumal man für solche Extremsituationen ja schon vieles vorbereiten kann.
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