Jurk: Kartellamt muss unabhängig entscheiden können

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Satellit, Bild: © twobee - Fotolia.com
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Leipzig – Am Rande des Leipziger Kabelkongresses am Dienstag traf DF-Herausgeber Stefan Goedecke den sächsischen Staatsminister für Wirtschaft und Arbeit, Thomas Jurk, zum Gespräch über die geplante neue Plattform für Fernsehprogramme via Satellit („Entavio“).

DF: Herr Jurk, Sie verfolgen die Entwicklung des Rundfunks mit großem Interesse. Welche Rolle spielt dabei die Politik?

Jurk: Der öffentlich-rechtliche Rundfunk hat zunächst einmal eine Verantwortlichkeit hinsichtlich der Grundversorgung und die Politik hat die Verantwortung dafür, dass dieBevölkerung nicht dadurch geteilt wird, weil einige von bestimmten Programmangeboten ferngehalten werden.
 
DF: Nun hat RTL angekündigt, sein Programm zu verschlüsseln. Schreiten Sie ein?
 
Jurk: Zunächst einmal bleibt festzustellen, dass private Programme keinen öffentlichen Auftrag wie ARD oder ZDF haben. Aber RTL und ProSieben/Sat.1 sind beliebte Programme. Wir sind in Deutschland gut damit gefahren, ein breites Angebot an öffentlich-rechtlichen und privaten Sendern unverschlüsselt auszustrahlen – im Gegensatz zur Entwicklung in vielen anderen europäischen Ländern. Eigentlich sind wir da den privaten Sendeanstalten zu Dank verpflichtet, dass sie 15 Jahre lang unverschlüsselt ausgestrahlt haben. Ich würde mir wünschen, dass sie dies auch weiterhin tun.
 
DF: Wie viel Wunsch ist davon in Europa noch Wirklichkeit?
 
Jurk: Ich bedauere sehr, dass in Europa ein anderer Weg beschritten wurde. Hauptsächlich werden Inlandsprogramme verschlüsselt und können nur unter komplizierten Bedingungen aus dem Ausland empfangen werden. Ich halte das der europäischen Idee, völkerverbindend zu wirken, für abträglich. Es darf keine medialen Mauern geben. Ich bin ein Freund des unverschlüsselten Empfangs, von Free-TV. Urheberrechtsfragen sollten nicht dazu führen, dass die Vermittlung von anderen Programminhalten vermieden wird. Was schadet es jemandem, wenn er Nachrichten oder den Wetterbericht aus anderen europäischen Ländern frei empfangen kann? Das ist für mich keine Urheberrechtsfrage.
 
DF: Die privaten Sender begründen damit jedoch ihre Pläne, die Programme künftig via Satellit nur noch grundverschlüsselt auszustrahlen. Sind RTL und MTV dazu berechtigt?
 
Jurk: Das legt nicht die Politik fest. Wir müssen jetzt erst einmal die Entscheidung des Bundeskartellamtes abwarten. Der kann und will ich als Politiker nicht vorgreifen, damit das Bundeskartellamt unabhängig entscheiden kann. Wenn uns diese Entscheidung zugeht, danach können wir weiter darüber reden. Von daher können Sie mir die Frage gern in einem Jahr nochmals stellen. Wenn Sie mich persönlich fragen: Für mich ist wichtig, dass wir breiten Bevölkerungskreisen ohne Unterschied den Empfang von öffentlich-rechtlichen und privaten Programmen unverschlüsselt ermöglichen – ohne zusätzliche Kosten. Davon haben wir schon genügend.
 
DF: Was empfehlen Sie den Zuschauern?
 
Jurk: Der Zuschauer wird über Erfolg oder Scheitern dieses Modells mit dem Knopf an der Fernbedienung entscheiden. Ob das Sehverhalten nach einer Verschlüsselung allerdings im Sinne der Betreiber ist, wage ich zu bezweifeln.
 
DF: Herr Jurk, vielen Dank für das Interview. [lf]

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