
Der argentinische Film „Electrophilia“ von der Regisseurin und Autorin Lucía Puenzo spielt mit dem Gesetz der natürlichen Ordnung und beschäftigt sich in diesem wilden Reigen aus „Flatliners“, „X-Men“ und „Twister“ mit Leben, Identität und Vergangenheitsbewältigung … und ist definitiv ’ne X-Akte.
Die Tierärztin Ada wird bei der Geburtshilfe eines Kalbes mitten auf der Weide plötzlich von einem Blitz getroffen. Das Unglück auf wundersame Weise überlebt, beginnt eine Veränderung an und in ihrem Körper. Von der Einschlags-Wunde an abwärts zeichnen sich Adern überdeutlich auf der Haut ab. Auch die Gebärmutter scheint einer Regeneration unterworfen zu sein, hatte ihr Körper bereits vor Jahren die Menopause eingeleitet. Ein Treffen mit gleichgesinnten, menschlichen Blitzableitern zeigt der Neugeborenen, dass sie mit diesem Phänomen nicht alleine ist. Da der Hormonhaushalt in ihrem Körper wieder Anregung erfährt, fängt Ada mit Gruppenleiter Juan eine Affäre an. Im weiteren Verlauf ihrer Beziehung steht die Frage nach dem ‚wirklichem‘ Leben im Vordergrund.
Fabelhaft
Wie in ihrem Erstlingswerk „XXY“, von 2007, geht es der argentinischen Auteurin Lucía Puenzo um die Frage nach der eigenen Identität der Hauptfigur und wie die Vergangenheit und die Umwelt jene zu prägen scheinen. Dabei bedient sich die Filmemacherin einem interessanten Kniff: der Verwendung von übernatürlichen Elementen – einer Parabel. Elektrophilie bezeichnet in der Chemie sich anziehende Atome in Form von Additionsreaktionen. Dies wird in der Erzählung von Puenzo auf das menschliche Treiben angewandt. Gleich nach der Blitzinfusion sucht sie ihre Menstruation heim. Infolgedessen schneidet sich Ada die Haare kurz – der 1920er Bubikopf lässt als Symbolfrisur einer Emanzipationsbewegung schön grüßen.
Schon bei „Akte X“ fand das Motiv des Blitzschlags und die Auswirkung auf die handelnden Personen Anwendung. Auch in jener Serien-Episode damals, mit Giovanni Ribisi und Jack Black, ging es um die ungezähmt und leichtsinnige Energie der Jugend. Und wie die Sturmjäger aus „Twister“, so geht auch die geblitzdingste Therapiegruppe aus „Electrophilia“ auf die Jagd nach elektrisch-brisanten Gebieten, welche ebenso einen leichtfertigen Kitzel bieten – den Gruppennamen „Thunderbolts*“ können die sich aber abschmieren, der ist nämlich schon vergeben; das zeigt schon das Anmerkungs-Sternchen.
Flatliners 2½ – Electric Boogaloo
Dieses Adrenalin-Jägertum wiederum ist ein Punkt, der von dem psychologischem Horrorfilm „Flatliners“ aus dem Jahr 1990 übernommen wurde. In jener Synopsis trifft sich eine Gruppe Medizinstudenten, um aus einer selbstgemachten Nahtoderfahrung Erkenntnisse über das Leben nach dem Tod zu sammeln. Das Prozedere gelingt und die freiwilligen Probanden finden gefallen an ihrem Tun. Das Element der Sucht wird deutlich und die Hauptfiguren bekommen Visionen und Albträume aus ihrer Vergangenheit, die sich in der Realität zu manifestieren droht. Dieses Element nun schwappt hinüber in die Geschichte von „Electrophilia“ – auch Ada bekommt immer öfter Visionen von ihrer Mutter.
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