
Wer das innig umschlungene, ultimativ bromantische Männer-Sandwich zwischen Ulknudel Jack Black und Muskelberg Jason Momoa bestaunen will, kommt um den neuen „Minecraft“-Film definitiv nicht drum herum. Aber mal Hand aufs Herz: Warum eigentlich überhaupt einen Film über Minecraft drehen? Dieser Frage soll hier nachgegangen werden.
Das alte Vorurteil, dass Kinoumsetzungen von Video- und Computerspiele-Franchises allesamt Rohrkrepierer sind, wurzelt in alten Kollektivwunden der Gamer-Szene. Man denke nur an den 1993er „Super Mario Bros.“-Film mit Bob Hoskins und Dennis Hopper, den 1994er „Street Fighter“-Schmumpf mit Jean-Claude van Damme oder den 1995er „Mortal Kombat“-Blödsinn mit Christopher Lambert. Trash-Freunde konnten hier zwar noch auf ihre Kosten kommen, aber es gibt auch Verbrechen, die die Fan-Herzen gebrochen haben, wie das unsägliche „Max Payne“-Debakel (2008) mit Mark Wahlberg. Auch die deutsche Spielerschaft musste Grausamkeiten vom Kaliber eines „Autobahnraser“ (2004) ertragen. Und über alles, das auf Uwe Bolls Kappe geht, soll hier der Mantel des Schweigens gehüllt werden.
Der Erfolg der Videospiel-Verfilmungen
In den jüngeren Jahren hat sich das Blatt allerdings gewendet. Qualitative Spieleverfilmungen müssen keine exotischen Raritäten mehr sein und können vor allem stattliche Summen an den Kinokassen einbringen, ob nun „Der Super Mario Bros. Film“ (2023) von den Illumination-Studios oder die „Sonic The Hedgehog“-Reihe von Paramount. Die Minecraft-Verfilmung positioniert sich mit über 940 Millionen US-Dollar Einspielergebnis ebenfalls im Spitzenbereich der Blockbuster-Liga. Der Plan, all die vielen Fans des erfolgreichsten Computerspiels der Welt („Minecraft“ kann über 300 Millionen verkaufte Einheiten für sich verbuchen ) in die Lichtspielhäuser zu locken, ist also aufgegangen.

„Minecraft“-Zauber
Aber woher kommt der Erfolg denn ursprünglich? Minecraft ist als Spiel vor allem deshalb so einzigartig, weil hier der eigenen Kreativität kaum Grenzen gesetzt sind. Es ist ein gigantischer virtueller Sandkasten, in dem man alles bauen kann, was einem in den Sinn kommt. Vielleicht eine idyllische Strandvilla mit einem blühenden Gartenparadies? Oder doch lieber eine prachtvolle mittelalterliche Burg mit Wassergraben, Verlies und so weiter? Ein protzig klassizistischer Bahnhof wie aus der Kaiserzeit hätte doch auch was, wo doch gerade Eisenbahn-Freunde sich in Minecraft mit endlosen Schienensystemen austoben können.
Sogar riesige automatisierte Fabrikanlagen mit komplexen Schaltsystemen sind möglich. Manch einer baut auch einfach komplett Mittelerde oder Westeros nach mit einem Größen- und Detailwahn, der nicht mehr feierlich ist. Die simple Block-Struktur, aus der die gesamte Minecraft-Welt besteht und mit der der Algorithmus wunderschöne Gebirgs-, Dschungel, Savannen- oder Wüsten-Biome zusammen stellt (ganz zu schweigen von den endlosen unterirdischen Höhlensystemen), macht diesen kreativen Reichtum möglich. Wie bei Lego setzt man einfach einen Stein (einen Block) auf den anderen.
Und was hat das jetzt alles mit Kino und Film-Spaß zu tun? … Ehrlich gesagt gar nichts. Es gibt so viele Videospielmarken, die schon seit den 1980ern ehrfürchtig die Nähe zum Film suchen und über die Jahrzehnte wurden Spiele dank des technischen Fortschritts generell immer filmhafter. Der Gipfel dieser Entwicklungen zeigt sich in den ausufernd cineastischen Werken von Naughty Dog („Uncharted“, „The Last Of Us“). „Minecraft“ jedoch ist das komplette Gegenteil zu diesem Trend. Dieses Abenteuer braucht keine ausgefeilten Dialoge, Story-Ergüsse oder epische Zwischensequenzen, weil alle Geschichten im eigenen Kopf entstehen.

„Minecraft“-Spektakel
Was kann denn dann ein Film über „Minecraft“ überhaupt auf der Leinwand präsentieren, ohne aus der Vorlage etwas völlig anderes zu machen, das mit dem Original letztlich nichts mehr zu tun hat? Die Antwort ist Fan-Service, Fan-Service und noch mehr Fan-Service. Diese 150 Millionen US-Dollar teure Warner-Produktion ballert uns ein quietschbuntes CGI-Gewitter vor den Latz, das nicht nur alle wichtigen Kreaturen des Spiels wie zum Beispiel Creeper, Piglins oder Endermen pixelgetreu auf die Leinwand überträgt, sondern mit viel bonbonfarbenem, neongrellem Pomp den ikonischen Block-Look der virtuellen Landschaften zu vermitteln versucht. Obendrauf wurden mit Jack Black („School of Rock“), Jason Momoa“ („Aquaman“), Danielle Brooks („Orange Is The New Black“) oder Jennifer Coolidge („American Pie“) Comedy-erfahrene Hollywood-Zugpferde ins Rennen geschickt. Die restlichen Drehbuchlücken hat man mit 1980er Retro-Nerdkram und reihenweise Zitaten aus „Der Herr der Ringe“ gestopft.
Mit Spitzhacke, Charme und Selbstironie
Das Ergebnis ist quatschiger Irrsinn mit purer Absicht, womit auch die Macher des Films offensiv und selbstironisch kokettieren. Zu gewissen Teilen geht diese Strategie durchaus auf. Der Humor ist stellenweise so schräg und in den besten Momenten charmant hirnrissig, dass er für regelmäßiges Schmunzeln, verstohlenes Kichern und manchmal auch für ein paar herzhafte Lacher sorgt.
Dass das nicht die gesamte Laufzeit von ca. 100 Minuten trägt, muss trotzdem festgestellt werden. Zudem schmettert sich der Greenscreen dem Filmpublikum förmlich entgegen. Besonders bei den vielen Kämpfen gegen diverse digitale Zombies, Piglins und dergleichen lässt sich kaum ignorieren, dass die Schauspieler beim Dreh einfach wild in die Luft geschlagen haben und alles andere dann später mittels Computertechnik hinein gesetzt wurde.
Die Handlung ist übrigens schlicht nicht erwähnenswert … die „Minecraft“-Welt muss halt vor irgendetwas Bösem gerettet werden. Die beiden sympathischen Filmgeschwister Henry (Sebastian Hansen) und Natalie (Emma Myers), die hier ebenfalls tragende Rollen übernehmen, sollen aber nicht gänzlich verschwiegen werden.
Letztlich sprechen die erfolgsverwöhnten Zahlen für sich selbst, weswegen es nicht verwundert, dass bereits eine Kinofortsetzung geplant ist. Aber auch diese muss sich dann wieder die Frage gefallen lassen, was das alles überhaupt noch dem mit dem Spiele-Original zu tun hat, welches eben nicht durch ausufernde Effektgewitter und albernen Blödelhumor so beliebt geworden ist, sondern weil es uns mittels der gemütlichen Spielwiesen-Atmosphäre vor Augen führt, dass ungeahnte kreative Höhenflüge aus der Freiheit des Sandkastens und die größte Muße aus der Entschleunigung kommen. Warner Bros. veröffentlicht neben der Standard-Blu-ray übrigens noch eine Standard-4K-Version, ein 4K-Steelbook und die Werkbank-Sammleredtion (ebenfalls mit 4K-Blu-ray-Disc).
Text: Felix Ritter / Redaktion: Lars Zschoke
Bei Amazon ist neben der Standard- und der Steelbook-Ausgabe noch die Limited Collector’s Edition (4k UHD + Blu-ray) zu haben.

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Bildquelle:
- MINECRAFT: Warner Bros | CC BY 2.0
- MINECRAFT: WarnerBros | CC BY 2.0
- a-minecraft-movie-3840×2160-20040: Warner Bros/ 4KWallpapers.comrs. | CC BY 2.0