
„Heldin“ mit Leonie Benesch ist ein bewegender Film über das Leben einer Pflegerin. Jetzt auf Blu-ray DVD und auf Prime Video verfügbar.
Die Handlung von „Heldin“, geschrieben und in Szene gesetzt von Petra Biondina Volpe, folgt der Krankenschwester Floria Lind (Leonie Benesch, „Das Lehrerzimmer“) während ihrer Spätschicht in einem Schweitzer Kantonsspital. Der Film beginnt mit den Bildern einer Wäscherei. Kittel, Hemden und Hosen – Arbeitsbekleidung für das Pflegepersonal – hängen an der Stange und werden von der Maschinerie für den tagtäglichen Einsatz bereitgestellt. Ein tiefgreifendes Bild des brotlosen Tagesablaufs der nun eintreffenden Pflegekräften. Judith Kaufmanns Kamera folgt der Protagonistin Floria dynamisch durch die sterilen Flure des Krankenhauses, immer in Bewegung. Die Kostüme der Schwestern und Brüder stechen aus dem Hintergrund hervor, sind ein strahlendes Licht im sich anbahnenden Chaos.
Eine ewig währende Diskussion
Die Prämisse von „Heldin“ ist so einfach, wie wirksam: Das Publikum soll den Schichtalltag im Leben einer Pflegerin erleben und nachfühlen. Nie sitzt die Frau still; immer ist da ein anderer Brandherd, den es zu löschen gilt … und das schlaucht ganz schön. Volpes Verfilmung basiert auf den Roman „Unser Beruf ist nicht das Problem: Es sind die Umstände“ von Madeline Calvelage aus dem Jahr 2002.
Wie man sieht, handelt es sich hierbei um ein Thema, welches schon länger hausiert. Besonders während der Coroan-Pandemie, vor ein paar Jahren, kam dieser Sachverhalt verstärkt wieder auf – von Systemrelevanz war da die Rede; nur dass diese Systemrelevanz bis heute nicht nach ganz nach oben gedrungen ist. Schuld ist der Pflegemangel, nicht die Pflegerinnen und Pfleger. Aber die bekommen nun mal den Unmut der Patienten – und manchmal auch von Ärzten – ab. Auch Foira ist in ihrer Schicht größtenteils allein unterwegs, hat in ihrer Abteilung nur zwei Kolleginnen, eine davon in Ausbildung. Der Film weist weit mehr Vorlagen auf, als das Buch. Ausgebildete Pflegekräfte dienten Regisseurin Volpe bei der Inszenierung jenes Alltags. Und so finden einige mannigfaltige Momente und Probleme Platz in dieser Erzählung, die nur das Leben schreiben kann.

Authentischer Arbeitsalltag
„Heldin“ ist wahrlich kein Werbefilm für die Pflege, zeigt die Geschichte nämlich größtenteils die unangenehmen und zutiefst privaten Momente dieses Berufs, besonders im Umgang mit alten, senilen Patienten und Patientinnen. Floria wird während ihrer Schicht des Öfteren mit dem Tod konfrontiert, aber auch mit völlig banalen Sachen, wie Patienten, die ihre Brille verlegen. Alles, auch jede Kleinigkeit, hält sie von ihrer aktuellen Tätigkeit auf. Anfangs noch gut gelaunt, fangen die Finger bald an zu Zittern, unterstützt vom guten Spiel Leonie Beneschs. Das nette, entspannte Gesicht Florias weicht dem angespannten, unter Stress stehendem. Sie beginnt ihre Auszubildende anzukeifen.
Von allen Seiten angegriffen, erhält die Hauptfigur nur selten Dankbarkeit. Viele Patienten lassen ihre angestaute Wut über die enormen Wartezeiten an der Pflegerin aus. Der enorme Zeitaufwand, die im Film angesprochenen Überstunden, wirkt sich ebenso auf die Familie aus. Florias Kind möchte nicht mehr mit ihr telefonieren, es fühlt sich hinten angestellt. Ein Privatleben ist nur noch unter Umständen möglich. Dass viele Pflegekräfte aus dem Beruf austreten wollen, wird am Ende der Geschichte nachvollziehbar.

Dokumentation trifft auf Fiktion
Die Tatsache, dass „Heldin“, vor dem dauerhaften Korrigieren des Drehbuches mithilfe der Berater, einst ein rein fiktives Drehbuch war, wird durch einige dramatische Handlungsspitzen deutlich, die sich in ihrer Einfachheit sehr von dem Authentischen separieren. Vor allem Jürgen Plüss’ Charakter des schnöseligen, privatversicherten Patienten Severin entspringt stark dem Melodram. Einige, rein fiktive Szenen sind zudem noch klassisch vorhersehbar. Jedoch bleiben solche Gesichtspunkte streng in der Minderheit. Kritikpunkte, wie »die Patienten sind alle geschminkt«, wirken lachhaft und unseriös, handelt es sich hierbei immer noch um eine Filmproduktion. Pssst … nicht weiter sagen, aber man munkelt, es gäbe auch eine künstliche Beleuchtung.
Heldin ist ein notwendiger Film, temporeich und authentisch. In einer tiefgreifenden Performance bekommt man durch die Augen von Leonie Benesch die Unmenschlichkeit des Pflegeberufes zu sehen. Kamerafrau Judith Kaufmann erschafft einen starken Kontrast zwischen steriler Umgebung und vereinzelt hervorgehobenen Farben. Das Master-Audio 5.1 lässt die Stimmen im Vordergrund dominant wirken. Somit verbleibt das kräftige Hintergrund-Gewusel sicherlich blasser als gewollt. Dolby Surround als alternative gibt es nicht.
Constantin Film hat den Film am 25. Juli für den Heimvideomarkt und Prime Video freigegeben. Neben der deutschen Tonspur und der Hörfilmfassung, gibt es das Ganze auch in Schwyzerdütsch. Als Bonusmaterial sind zwei Interviews auf der Scheibe beigelegt. Einmal von Regisseurin Petra Biondina Volpe und dann noch eins von einer Pflegekraft, die beim Dreh als Beraterin fungiert hat.
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Bildquelle:
- csm_heldin_still_03: Tobis | CC BY 2.0
- csm_heldin_still_02: Lars Zschoke | CC BY 2.0