Grimme-Preise für Jan Böhmermann und das Sandmännchen

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Die Grimme-Preis Trophäe
© rbb/Grimme-Institut

Der Grimme-Preis gilt als Ritterschlag für jeden, der hochwertiges Fernsehen machen möchte. Nun haben die Jurys entschieden. Die begehrte Auszeichnung verbindet 2023 mehrere Zuschauergenerationen – und wirft einen Blick auf die Vielfalt der Gesellschaft.

Der eine Kinderstar, der andere Kritikerliebling: Satiriker Jan Böhmermann und das berühmte Sandmännchen aus dem Kinderfernsehen werden in diesem Jahr mit Grimme-Preisen ausgezeichnet. Das teilte das Grimme-Institut am Dienstag in Köln mit. Der Grimme-Preis gilt als renommierteste Auszeichnung, die man in Deutschland für eine Fernsehproduktion bekommen kann.

Grimme-Preis für Jan Böhmermanns „ZDF Magazin Royale“

Böhmermann, bereits mit vielen Trophäen dekoriert, erhält die Ehrung 2023 zusammen mit seinem Team für seine ZDF-Sendung „ZDF Magazin Royale“, die Satire und Comedy mit investigativer Recherche kombiniert. Böhmermann hatte das Format nach seinem Wechsel vom Spartensender ZDFneo im ZDF-Hauptprogramm etabliert. Nach Angabe des Grimme-Instituts ist es bereits der sechste Grimme-Preis in der Karriere des Moderators.

„Eigene Rechercheleistungen und für ein größeres Publikum satirisch aufbereitete Informationen, die sonst nur ein Fachpublikum erreicht hätten, sind zum Markenzeichen des ‚ZDF Magazin Royale‘ geworden“, begründete die Jury die Entscheidung. Böhmermanns Konzept basiere auf einer „simplen Überlegung“: In einer Welt, in der Politikerinnen und Politiker „wie Clowns“ agierten, hätten echte Clowns keine andere Wahl als selbst politisch zu werden. „Genau das tut der politisch gewordene Clown Jan Böhmermann (…).“

„Unser Sandmännchen“ erstmalig ausgezeichnet

Der Kinder-Klassiker „Unser Sandmännchen“ erhält nach Angaben des Grimme-Instituts indes zum ersten Mal die begehrte Trophäe. Die Auszeichnung gehe an Stefan Schomerus (Buch/Regie) sowie Tine Kluth (Animation) für eine RBB-Produktion, die im Juni 2022 zum ersten Mal im Kinderkanal (KiKA) ausgestrahlt worden sei. Der Sandmännchen-Film behandelt ein sogenanntes Recycling-Fahrzeug – aus gebrauchten und defekten Dingen entsteht darin auf Knopfdruck etwas Neues.

„Besonders gelungen findet die Jury die Modernisierung der Animation und die Beschäftigung mit dem wichtigen Thema Nachhaltigkeit, das hier – wie immer ohne Worte – kindlich begreifbar gemacht wird“, hieß es in der Begründung. Der Sandmann, der abendlich Kinder über das Fernsehen in die Schlafenszeit begleitet, ist schon mehr als 60 Jahre alt. 1959 wurde „Unser Sandmännchen“ erstmals im DDR-Fernsehen gesendet. Der kleine Mann ist Deutschlands dienstälteste Kinderfernsehen-Figur und hat den Sandmann aus dem Westen überlebt.

Öffentlich-Rechtliche räumen beim Grimme-Preis 2023 ab

Insgesamt wurden am Dienstag in Köln 16 Grimme-Preise sowie drei Sonderpreise bekanntgegeben. Die Auszeichnungen sind zwar nicht mit Geld verbunden, gelten unter Fernsehleuten aber als hochrenommiert. Seit 1964 werden sie jährlich verliehen. Übergeben werden die Trophäen in diesem Jahr am 21. April in Marl.

Besonders gut schneidet 2023 das ZDF ab. Neben Böhmermann konnten zum Beispiel auch die Serie „Neuland“ und der Film „Die Wannseekonferenz“ überzeugen. Auch das Drama „Im Feuer – Zwei Schwestern“ bekam einen Grimme-Preis zugeteilt. Es begleitet eine junge Bundeswehrsoldatin auf der Suche nach ihrer im Irak vermissten Schwester.

Gute Nachrichten nach krisenhaften Zeiten gab es zudem für den Rundfunk Berlin-Brandenburg (RBB). Mit dem Preis für die „besondere journalistische Leistung“ zeichnete die Grimme-Jury die Redaktion des RBB-Politmagazins „Kontraste“ aus. Gewürdigt wurden ihre „kontinuierlichen investigativen Recherchen zu Randthemen des Rechtsradikalismus“.

Auch mehrere Dokumentationen konnten Grimme-Preise ergattern – darunter „Atomkraft Forever“ (SWR/NDR) und „Die Story im Ersten: Leben nach Butscha – Trauma und Hoffnung“ (WDR).

Gesellschaftliche Vielfalt als zentrales Thema

Schon bei den Nominierungen für den Grimme-Preis – in diesem Jahr waren 71 Produktionen und Einzelleistungen ins Rennen gegangen – hatte sich abgezeichnet, dass das Thema Vielfalt in der Gesellschaft ein prägendes für den diesjährigen Grimme-Jahrgang werden könnte. Zum Teil bewahrheitete sich das auch. Mehrere Formate aus diesem Spektrum konnten sich am Dienstag über eine Auszeichnung freuen.

Eine Auszeichnung wurde zum Beispiel an das Format „Queer Eye Germany“ des Streamingdienstes Netflix vergeben, in dem queere Lifestyle-Experten das Leben ihrer Kandidaten zum Positiven verändern wollen. „Echte Empathie und Sensibilität im Ausdruck sind ein seltenes Gut auf dem Gebiet des Reality-Fernsehens“, würdigte die Jury die Show. Einen weiteren Preis bekam Netflix für die Serie „KLEO“ mit Schauspielerin Jella Haase zugesprochen.

Ebenfalls bedacht wurde das Vox-Format „Zum Schwarzwälder Hirsch – eine außergewöhnliche Küchencrew und Tim Mälzer“. In der Sendung macht TV-Koch Tim Mälzer Menschen mit Trisomie 21 fit für den Restaurant-Betrieb. Das Format gewann nicht nur einen Grimme-Preis, sondern auch den sogenannten Publikumspreis.

Besondere Ehrung für Maren Kroymann

Die sogenannte besondere Ehrung im Rahmen des Grimme-Preises geht 2023 unterdessen an Kabarettistin und Schauspielerin Maren Kroymann. Mit ihrem Schaffen und Wirken stehe die 73-Jährige „für die kraftvolle Vielfalt weiblicher Identitäten im Deutschen Fernsehen“, hieß es zur Begründung. „Dabei hat sie die Hürden und Entwertungen der traditionell männlich geprägten Fernsehkultur durchleben müssen, wovon sie sich aber nicht hat entmutigen lassen, im Gegenteil.“

Bei der besonderen Ehrung im Rahmen des Grimme-Preises handelt es sich um eine spezielle Auszeichnung, die der Deutsche Volkshochschul-Verband (DVV) – der Stifter des Grimme-Preises – verleiht. Laut Statut erhalten diese Persönlichkeiten, die sich in herausragender Weise um das Fernsehen verdient gemacht haben.

Bildquelle:

  • df-grimme-preis: ARD-Foto

5 Kommentare im Forum

  1. Die Preisverleihungen in Deutschland (oft auch die internationalen) sind - meiner Meinung nach - alles Selbstbeweihräucherungsveranstaltungen auf dürftigem Niveau.
  2. Seh ich schon lange so. Die Oscarverleihung kürzlich ist ja mitlerweile eher ein Politikum, als eine unabhängige Veranstaltung der Filmbranche. Und wie es dort hinter den Kulissen zugeht, kam vor Jahren ans Licht. Für mich ist das ALLES nur noch Schmierentheater. Immerwieder erstaunt, wie erstaunt die Preisträger sind, wenn sie ihren Preis bekommen, auch wenn sie es oft vorher schon wussten Das ist ungefähr so wie im Sport, wo Kampfrichter entscheiden müssen. Da werden auch, natürlich nur hinter vorgehaltener Hand, Sportler mal bevorzugt, oder eben nicht. Egal wie die sportliche Leistung letztlich war. In der Filmbranche geht es hingegen weit krimineller zu.
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