100 Jahre „Ulysses“: Arte begibt sich heute auf die Spuren des legendären Romans

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Heute sind nur noch wenige Exemplare der Erstausgabe von „Ulysses“ erhalten. Sie gehören zu den wertvollsten Büchern der Welt. © Create One Ltd/Ruán Magan

Manche Bücher sind weltberühmt, aber kaum jemand hat sie gelesen. Für einen Klassiker der Moderne gilt das auf jeden Fall: „Ulysses“ des Iren James Joyce. Eine Dokumentation auf Arte schildert, was es mit dem Roman auf sich hat.

„Ein Jahrhundertroman“. „Kerntext der literarischen Moderne“. Heutzutage sind sich die Kritiker einig in ihrem Urteil über den Roman „Ulysses“, den der irische Schriftsteller James Joyce vor 100 Jahren veröffentlicht hat. Das war nicht immer so. Anfangs hieß es häufig, das Buch sei literarisch minderwertig, wenn nicht sogar unlesbar.

Was ist dran an dem dicken Roman, in dem zwei Männer einen Tag lang durch Dublin streifen wie einst der legendäre Odysseus durch das Mittelmeer? Dieser Frage geht der irische Filmemacher Ruán Magan in seiner Dokumentation „100 Jahre Ulysses – James Joyce‘ Meisterwerk“ nach. Arte zeigt sie am Mittwoch um 22.20 Uhr.

Magan findet den Zugang zum Roman über dessen Verfasser James Joyce. 1882 in Dublin geboren, verband den Autor sein ganzes Leben lang eine komplizierte Hassliebe mit seiner irischen Heimat und ihren konservativen Traditionen. Der Film zeigt die Armut und Enge der Stadt und beschreibt den Zwiespalt der Menschen zwischen dem Wunsch nach Unabhängigkeit und dem nach Erfolg.

James Joyce – der unangepasste Intellektuelle

James Joyce Ulysses
Kein anderer Roman des 20. Jahrhunderts war so richtungsweisend für die moderne Literatur wie James Joyces „Ulysses“. © Create One Ltd/Ruán Magan

Für Joyce, den unangepassten Intellektuellen, führte der Weg fast zwangsläufig in die Fremde. Dublin, Paris, Triest und schließlich Zürich waren die Stationen in einem Leben stets am Rande der Armut und lange Zeit ohne Erfolg mit seinen Texten. Erst im Juni 1914, unmittelbar vor dem Ersten Weltkrieg, konnte er sein erstes Buch veröffentlichen, die Geschichtensammlung „Dubliner“, geschrieben von jemandem, der nicht recht wusste, ob er ein Dubliner sein wollte.

An Joyces 40. Geburtstag, dem 2. Februar 1922, erschien dann sein zweiter Roman „Ulysses“. Kein Verlag hatte sich an den langen, ungewöhnlichen Text herangewagt, an dem Joyce acht Jahre lang gearbeitet hatte. Erst die Pariser Buchhändlerin Sylvia Beach wagte sich an eine Mini-Auflage.

„Ulysses“ war Joyce‘ zweiter Roman

Mit seinem Roman „änderte er das Wesen der Literatur dramatisch“, betont die Literaturprofessorin Margaret O’Callaghan im Film. Und der Dichter Paul Muldoon ergänzt: „Es gibt nichts Vergleichbares in der Weltliteratur.“

Joyce brach mit vielen literarischen Konventionen. Auf rund 800 Seiten beschreibt er einen einzelnen Tag im Leben zweier Männer. Sie ziehen durch Dublin, mal gemeinsam, mal getrennt, und erleben die vielen Facetten modernen Lebens. Was „Ulysses“ so außergewöhnlich macht, ist die Art der Darstellung. Joyce konzentriert sich darauf, was die Männer sehen, fühlen, riechen, schmecken und denken. Ihr Innenleben ist ihm wichtig, nicht die Äußerlichkeiten.

Die Kamera gibt Magan die Möglichkeit, eine weitere Dimension zu ergänzen. Der Film zeigt Häuser, Menschen und Dinge so, wie die beiden Hauptfiguren sie wahrnehmen. Dadurch entsteht eine gelungene Erweiterung des literarischen Textes.

Der Dokumentation gelingt es, den scheinbar so abgehobenen „Ulysses“ zu einer Geschichte aus der realen Welt werden zu lassen. Durch die Erläuterungen, wer Joyce war und in welchen Zusammenhängen der Roman entstanden ist, eröffnet „100 Jahre Ulysses“ einen Zugang zu dem anerkannt komplexen Text. Der Film regt dazu an, das Buch zu lesen.

[Axel Knönagel]

Bildquelle:

  • df-james-joyce-ulysses2: ARTE
  • df-james-joyce-ulysses: Arte

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