Köln – Mehr als ein Viertel der deutschen TV-Haushalte bezieht sein TV-Angebot bereits digital. Dies hat auch zur Folge, dass die Zahl an neuen TV-Sendern stetig zunimmt.
Damit steigt aber auch die Zahl der Zuschauer, die der explodierenden Vielfalt eher noch reserviert gegenüberstehen. Zu diesen Ergebnissen kommt eine aktuelle Studie des TV-Vermarkters IP Deutschland.
Mehr als 25 Prozent der deutschen Fernsehhhaushalte sind digital. Damit liegt Deutschland im europäischen Vergleich im Mittelfeld: Absoluter Vorreiter sind die Briten, bei denen im Januar 2007mit 72 Prozent also fast drei Viertel der TV-Haushalte „digital“ waren. Das Nachbarland Belgien dagegen vermeldeten Ende 2006 erst zehn Prozent digitale Fernseh-Haushalte.
Die Digitalisierung der Übertragungswege schafft neue Märkte und hat unter den Medienanbietern eine Goldgräberstimmung ausgelöst, die an die Anfangszeit des privaten Fernsehens erinnert. In nur drei Jahren hat sich die Zahl der Fernsehsender in Deutschland um fünfzig Prozent vermehrt. Am 1. Januar 2007 waren in den deutschen TV-Haushalten insgesamt 421 verschiedene TV-Sender empfangbar, Anfang 2004 waren es noch 280.
Dies ergab eine Analyse der GfK Fernsehforschung im Auftrag der IP Deutschland. Auch wenn vergleichbare Zahlen aus den anderen Ländern schwierig zu beschaffen sind – Zumindest in puncto Sendervielfalt dürfte Deutschland damit einen Spitzenplatz in Europa einnehmen.
Die „Gründer-Euphorie“ könnte bei vielen neuen Sendern aber schon bald einer Ernüchterung weichen. Denn tatsächlich sehen sich die Zuschauer pro Woche im Schnitt nicht mehr als zehn verschiedene Sender an. Dies ergab eine IP-Analyse von Daten des AGF/GfK Fernsehforschungspanels, in dem die Fernsehnutzung von über 12 000 Personen permanent und sekundengenau elektronisch erfasst wird.
Die Ergebnisse zeigen, dass sich Erwachsene zwischen 14 und 49 Jahren durchschnittlich 9,1 verschiedene TV-Sender im Laufe einer Woche ansehen. Und selbst Personen in „Mega-Channel-Haushalten“ mit mehr als 150 empfangbaren Sendern nutzen davon nur 10,6 unterschiedliche Kanäle pro Woche. Diese Befunde belegen die unverändert hohe Relevanz der etablierten TV-Sender der ersten und zweiten Generation, die im Medienalltag der Bevölkerung praktisch eine Leuchtturm-Funktion einnehmen.
Neue Sender stehen damit vor einer großen Herausforderung: Selbst wenn sie ihre technische Reichweite schnell ausbauen können, gibt es keine Anzeichen dafür, dass die Zuschauer ihr „Relevant Set“ über zehn Sender hinaus deutlich erweitern. Damit verringert sich bei jedem neu hinzukommenden Sender die Chance, überhaupt noch Beachtung zu finden.
Töchter einer starken Mutter, wie beispielsweise die digitalen Spartenkanäle von RTL – RTL Living, RTL Crime und Passion – haben hier natürlich die beste Startposition, da sie als Line Extension an Bekanntheit und Erfolg ihrer Dachmarke anknüpfen und nicht zuletzt auch von den Werbemöglichkeiten der Mutter profitieren können.
Für unbekanntere Sender steht und fällt der Erfolg mit einer klaren Positionierung und dem erfolgreichen Besetzen einer Nische. Mehrere hundert Nischen werden sich allerdings kaum finden, und so dürften etliche erwartungsfroh gestartete Sender auf Dauer ohne Zuschauer und damit auf der Strecke bleiben. [lf]
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