„Einer wird gewinnen“: „Kuli“ wäre heute 90 geworden

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Bild: Destina - Fotolia.com
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Hans-Joachim Kulenkampff ist eine TV-Legende, vor allem sein Quiz „Einer wird gewinnen“ war ein Straßenfeger. Nun wäre der 1998 gestorbene Showmaster, Schauspieler und Sozi 90 Jahre alt geworden. Wer ist noch wie er?

Einen wie ihn hat das Fernsehen nicht mehr. Hans-Joachim Kulenkampff gab stets den Mann von Welt – schlagfertig und schlau: Vor allem mit der Samstagabendshow „Einer wird gewinnen“ hatte er sensationelle Einschaltquoten. Eines war „Kuli“, wie die Nation ihn liebevoll nannte, ganz und gar nicht: angepasst und glatt wie mancher Fernsehmann von heute.

Kulenkampff war ein Meister beim Überziehen der Sendezeit – und ein Großmeister bei Komplimenten. Viele fanden ihn charmant, mancher machohaft und zotig. An diesem Mittwoch jährt sich sein Geburtstag zum 90. Mal. Hat der gebürtige Bremer, der 1998 mit 77 Jahren starb, einen legitimen Erbe im deutschen TV?

In Nachrufen ist oft von „den letzten Großen“ einer Branche die Rede. Bei der TV-Unterhaltung war das erst im Februar wieder der Fall, nach dem Tod von Peter Alexander. Kulenkampff bezeichnete sich selbst gern als „letzten TV-Dinosaurier“ und war einer der beliebtesten Moderatoren der Nachkriegszeit, neben Lou van Burg („Der goldene Schuß“), Hans Rosenthal („Dalli Dalli“), Peter Frankenfeld („Musik ist Trumpf“) oder Rudi Carrell („Am laufenden Band“). Die einzigen Stars dieser Ära, die noch leben, dürften der 84-jährige Dietmar Schönherr („Wünsch Dir was“) und der 86-jährige Heinz Schenk („Zum Blauen Bock“) sein.Gesangs-Legastheniker erobert den Samstagabend

 
Die ARD strahlte zwischen 1964 und 1987 mehr als 80 Ausgaben von „Einer wird gewinnen“ aus. Es war kein Zufall, dass man die Show des Hessischen Rundfunks – Untertitel: „Das große internationale Quiz“ wegen der Kandidaten aus verschiedenen Ländern – „EWG“ abkürzte, also genauso wie die „Europäische Wirtschaftsgemeinschaft“, den Vorläufer der EU. Unvergessen sind die Einspielfilme mit Kulenkampff in historischen Rollen und natürlich die einstudierten Witz-Dialoge jeweils am Schluss, die sich „Butler“ Martin Jente, eigentlich der Produzent der Show, und sein „Chef“ lieferten.

„Ich kann nicht singen, nicht tanzen, kein Instrument spielen und bin doch ein Showmann geworden – das ist doch fantastisch!“, wunderte sich „Kuli“ einmal über seine eigene TV-Karriere. Der gelernte Schauspieler war auch immer wieder auf der Theaterbühne und im Kino („Immer die Radfahrer“) zu sehen. Beim Publikum hatte er auch damit viel Erfolg, doch die überregionalen Feuilletons schätzten kaum die leichte Kost, was „Kuli“ fuchste.

In Fernsehbeiträgen, die rechtzeitig zum 90. Geburtstag seines Vaters herauskommen, spricht Sohn Kai-Joachim, ein Arzt, über den Privatmann „Kuli“. Er erzählt offen, dass der Mann, der im Fernsehen nie um ein Witzchen verlegen schien, die Abgründe seines Lebens lieber nur mit sich selber ausmachte – etwa die Kriegserlebnisse an der Ostfront oder den Unfalltod seines vierjährigen Sohnes Till in den 50er Jahren.

In der Öffentlichkeit war „Kuli“ ein Mann des offenen Wortes („Nur politische Scheißer und kleine Hirne können sich nicht vorstellen, dass ein Mensch eine ehrliche Meinung haben kann und diese äußert“). Jeder wusste, wo er politisch steht. 1969 machte er Wahlkampf für Willy Brandt und die SPD.Hat „Chefkoch“ Kuli im Zeitalter von Fast-Food-TV ausgedient?

 
„Kuli“ mochte Spötteleien und war, obwohl selber Fernsehmann, auch ein Kritiker des Mediums. Ob mit Sendungen bei RTL oder später wieder öffentlich-rechtlich: Er war nie mehr so erfolgreich wie mit „EWG“. Am meisten blieb noch seine Sendung zum ARD-Programmschluss in Erinnerung, die „Nachtgedanken“ zwischen 1985 und 1989. In Zeiten von Privatsendern und zunehmender Verflachung sagte er einmal: „Als wir angefangen haben mit dem Fernsehen, wollten wir ein Viersterne-Restaurant aufmachen – nun haben wir eine Kette von Imbissbuden.“

Um im Bild zu bleiben: Gibt es im heutigen Fast-Food-Zeitalter noch einen Chefkoch-Typ wie „Kuli“? Der Wettermoderator Jörg Kachelmann scheiterte 1998 mit einer „EWG“-Neuauflage kläglich. Günther Jauch vielleicht? Zu wenig Grandezza. Stefan Raab? Zu wenig intellektuell. Harald Schmidt? Nicht mehrheitsfähig und zu zynisch. Hape Kerkeling? Zwar mehrheitsfähig, aber hält kein Format länger durch – bisher jedenfalls.

Am ehesten ist wohl Thomas Gottschalk wie Kulenkampff – auch was Rücktrittsgetöse und Eitelkeit angeht: „Kuli“ nahm bei der „EWG“-Show gleich dreimal seinen Hut. Nach einem Abschied im Sommer 1966 kehrte er bereits 1968 wieder zurück, nach einem weiteren Abschied im August 1969 war das Comeback dann erst im September 1979. Endgültig Schluss war dann am 21. November 1987. Als wahrer „Kuli“-Erbe hätte der 60-jährige Gottschalk also noch eine „Wetten, dass..?“-Rückkehr gut. [Gregor Tholl/ar]

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5 Kommentare im Forum

  1. AW: "Einer wird gewinnen": "Kuli" wäre heute 90 geworden Der seelige Kulenkampf, DAS war noch ein richtiger Moderator, DAS war noch RICHTIGE Samstagabendunterhaltung. Ach *schwelg* was waren das noch tolle Zeiten mit "Einer wird gewinnen", mit "Auf los gehts los" mit Blacky Fuchsberger, mit "Am laufenden Band" mit Rudi Carrell, mit "Wetten Daß" mit Frank Elstner samstags, oder auch donnerstags "Dalli Dalli" mit dem seeligen Hans Rosenthal, "Der große Preis" mit Wim Thoelke oder "Hätten Sie heut Zeit für mich" mit Michael Schanze. Das war sie, die gute alte Fernsehzeit. Als Fernsehen und Gesellschaft noch "unschuldig" war oder zumindest wo wirkte - ich vermisse diese goldene Fernsehzeit jeden Tag und insbesondere samstagabends schmerzlich.
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  3. AW: "Einer wird gewinnen": "Kuli" wäre heute 90 geworden Ich mochte Kuli sehr - seine ellenlangen Eingangsmomologe sehr fein formuliert, und hoch intellektuell. Solche Unterhalter gibt es wirklich nicht mehr. Wir leben in einer sehr schnelllebigen oberflächlichern TV Landschaft.
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