Heute erster Corona-„Tatort“ im Ersten

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Bild: HR / Degeto / Bettina Müller

Im ersten Frankfurt-„Tatort“, der unter Corona-Bedingungen gedreht wurde, spielen schwarzer Humor und ein schwieriges Vater-Sohn-Verhältnis eine Rolle. Es geht um eine verkorkste Entführung.

Mit toxischen Familienbeziehungen hatten die Frankfurter TV-Kommissare Anna Janneke (Margarita Broich) und Paul Brix (Wolfram Koch) schon in der Vergangenheit mehrfach zu tun. Ihr neuer „Tatort“-Fall am Sonntag um 20.15 Uhr im Ersten heißt „Wer zögert, ist tot“ und offenbart ein schwieriges Vater-Sohn-Verhältnis. Das macht die Aufklärung der Entführung des hippen Hobby-Golfers Frederick Seibold (Helgi Schmid) nicht gerade leichter.

Dass Seibold Junior von seinem Vater Konrad (Bernhard Schütz) wenig zu erwarten hat, ahnt der Zuschauer schon in den ersten Minuten. „Dein Vater ist wütend“, sagt der Anwalt des Seniors. Wenige Minuten später hat Frederick andere Probleme als die Auseinandersetzung mit seinem Vater: Vier mit Hundeköpfen maskierte Täter entführen ihn, Frederick findet sich gefesselt in einer Art Verlies wieder und reagiert zunehmend panisch auf die Gefangenschaft.

Ein verzwickter Entführungsfall

Janneke und Brix erfahren von Fredericks Ex-Freundin Bille Kerbel (Britta Hammelstein) von der Entführung – sie hat einen abgeschnittenen Finger erhalten. Lösegeld kann die alleinerziehende Mutter nicht zahlen, doch sie vermutet, dass sich die Entführer auch an Seibold Senior gewandt haben. Der reagiert ungehalten auf den Besuch der Ermittler, auch wenn auch ihm ein abgeschnittener Finger zugeschickt wurde. „Der steckt doch selbst dahinter“, sagt er und verbirgt nicht, dass ihm sein Perserkater Caligula offensichtlich mehr bedeutet als der eigene Sohn. Und überhaupt – wieso hat der Entführer eigentlich nicht den tätowierten und somit leicht identifizierbaren kleinen Finger Fredericks geschickt?

Die Ermittler sind irritiert: „Entweder Seibold ist gestört – oder er hat selbst eine Leiche im Keller“, vermuten sie. Frust breitet sich auch bei den Entführern aus: „Dein Papa will anscheinend, dass du verreckst“ informiert einer der Hundekopfträger Geisel Frederick.

Das Publikum ist den Kommissaren voraus

Wer hinter den Entführern steht, erfahren die Zuschauer etwa in der Mitte des „Tatorts“ und wesentlich früher als die Kommissare. Der eher zufällige Fund einer Frauenleiche, an der sich Hautfetzen Fredericks befinden, ist für die Ermittler eine erste heiße Spur. Die Tote hat in einem Kampfsportverein für Frauen trainiert – finden sich hier Hinweise?

Der Szenenwechsel von den Villen- ins Bahnhofsviertel, wo der Verein seinen Sitz hat, erfüllt Frankfurt-Klischees: Müll auf der Straße, Aggressionen, „Arschloch“-Rufe. Nur die erhofften Informationen bekommen Brix und Janneke nicht von Betreiberin Conny Kaiserling (Christina Große). Das verschafft Brix‘ Mitbewohnerin Fanny (Zazie de Paris) die ungewohnte Chance zu einem Undercover-Einsatz – und buchstäblich mehr Schlagkräftigkeit. „Wir Frauen sind schlichtweg zu nett erzogen“, macht Conny bei einer Probestunde den Teilnehmerinnen klar. Nun gelte es, die Beißhemmungen zu überwinden.

Dieser „Tatort“ voller Wendungen und neuer Entwicklungen ist der Erste, den der Hessische Rundfunk unter Corona-Bedingungen gedreht hat. Abstand, Masken und ein Hygienekonzept gehörten zum Dreh-Alltag.

Tapfer kämpfen – nicht immer gewinnen

„Im Zentrum meiner Geschichten stehen ambivalente, verletzliche Figuren, die tapfer kämpfen, aber nicht immer gewinnen“, sagt Regisseurin Petra Lüschow, die auch das Drehbuch verfasste, über ihre Arbeiten. „Mich interessiert, warum wir gefangen bleiben und was uns gefangen hält, aber das Tragische, das dem zugrunde liegt, lässt sich im Komischen oft besser präzisieren. Komik ist gewandelter Schmerz.“

In diesem „Tatort“-Fall sind es gerade die Frauenfiguren, die Stärke zeigen. Vor allem Vater und Sohn Seibold dagegen scheinen unfähig zu Empathie und Verständnis, während sowohl Fredericks Ex-Freundin als auch die Frauen im Kampfsportverein Loyalität und Frauenfreundschaften hochhalten.

Der aus Mannheim stammende Schauspieler Helgi Schmid bezeichnet seine Figur Frederick Seibold als „einen exzentrischen Typen“. „Das „Tatort“-Format funktioniert meiner Meinung nach auch nach so vielen Jahren noch so gut, weil jeder weiß, wie der komprimierte Plot funktioniert. Mordfall, Ermittlung, Lösung. Man weiß, was man hat – und bekommt trotzdem immer etwas Neues geboten“, sagt er im dpa-Interview. „Ich glaube nicht, dass der „Tatort“ aussterben wird. Die Erzählstruktur wurde zu einem wunderbaren Experimentierfeld, und es entstehen dabei immer wieder großartige Filme.“

Bildquelle:

  • werzoegertisttot-frankfurt-tatort: ardfoto.de (Bild: HR / Degeto / Bettina Müller)

12 Kommentare im Forum

  1. Ich habe schon lange keinen Tatort mehr gesehen, vermutlich ist mir deshalb entgangen, dass der neuerdings beim ZDF läuft .
  2. Also ein meiner Programmvorschau läuft der auf "Das Erste" alles andere wäre auch komisch. Glaube auch das der Dortmunder Tataort damals auch schon mit Masken war, wegen Corona.
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