Medientreffpunkt: Von „Super Nannys“ und Quote um jeden Preis

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Bild: Destina - Fotolia.com
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War die „Super Nanny“ ethisch vertretbar? Und verlieren Menschen beim Fernsehen den Sinn für die Realität? In Leipzig sucht der Medientreffpunkt Mitteldeutschland seit Montag nach Antworten auf diese und andere Fragen.

Der Wunsch nach grenzenloser Freiheit im Internet wirft nach Ansicht von Experten ethische Fragen auf. Bei einer Debatte auf dem Medientreff Mitteldeutschland in Leipzig sprachen sich am Montag Podiumsgäste auch für staatliche Eingriffe aus. „Im Internet spielen sich Dinge ab, die mit ethischen Grundwerten nichts zu tun haben“, erklärte der sächsische Landesbischof Jochen Bohl. „Das Internet kann und darf kein rechtsfreier Raum sein.“ Der Staat müsse Grenzen setzen, ohne ethische Werte werde das nicht gehen, sagte der evangelische Kirchenmann.
 
Hans Müller-Jahns, Redaktionsleiter des MDR-Magazins „Brisant“, erinnerte daran, dass Videos und Bilder im Internet „um die Welt rasen“. Dort denke niemand darüber nach, ob dieses Material für Zuschauer geeignet sei oder nicht. Als Beispiel für die ethisch fragwürdige Bilderflut wurden Nahaufnahmen toter Menschen genannt. Moderator Peter Limbourg (ProSiebenSat.1) sieht mit den Fernsehplänen von Internetanbietern wie Google eine ganz neue Dimension des Problems auftauchen. Da seien „ein paar Jungs zugange“, die keine Regeln kennen und denen eine Debatte um Ethik egal sei, betonte er.

Die Diskussionsrunde unter dem Motto „Schlagzeilen ohne Atempause – Ethik und Medien“ war Teil der Eröffnungsrunde im Medientreff. Günther von Lojewski, früher unter anderem Intendant des Senders Freies Berlin (SFB), beklagte eine zunehmende „Emotionalisierung und Skandalisierung“ im deutschen Journalismus. Die Konkurrenz zwischen Öffentlich-Rechtlichen und Privaten habe diese Entwicklung beschleunigt.
 
Landesbischof Bohl nahm unter ethischem Blickwinkel auch Sendungen wie „Die Super Nanny“ aufs Korn. Da sei vor der Einstellung des RTL-Formats mit Katia Saalfrank häufig die Grenze überschritten worden. „Es gibt Formate, wo Menschen vorgeführt werden, um die Quote zu steigern.“ Albrecht Steinhäuser von der Medienanstalt Sachsen-Anhalt berichtete über besorgte Rückmeldungen von Richtern, die wachsende Disziplinlosigkeit auf den Zuschauerplätzen im Gerichtssaal monierten. Grund: Viele Leute würden die TV-Gerichtssendungen für echt halten und ihr Verhalten dem der Zuschauer dort anpassen.
 
Der Medientreffpunkt Mitteldeutschland rückt noch bis diesen Mittwoch Veränderungen in der Branche in den Blickpunkt. Unter dem Motto „Medien in Bewegung – Vielfalt, Mobilität, Strukturen“ werden etwa 40 Veranstaltungen geboten. Nach Veranstalterangaben haben sich mehr als 1000 Teilnehmer zu dem Branchentreff angemeldet. Traditionell steht auch der Nachwuchs im Fokus des Branchentreffs. 
 
Pünktlich zum Auftakt hatte der Mitteldeutsche Rundfunk am Montag sein erneuertes digitales Klassikradio auf Sendung geschickt. Seit Montag bietet MDR Klassik nicht nur neue Sendungen, sondern verspricht mit dem Digitalradio-Standard DAB Plus zudem exzellente Klangqualität. Mitteldeutschland sei neben Wien die Heimat der klassischen europäischen Musik, begründete MDR-Hörfunkdirektor Johann Michael Möller das Engagement. 
 
Der Mitteldeutsche Rundfunk fühle sich diesem kulturellen Erbe verpflichtet und wolle noch mehr Klassik-Fans für das Radio begeistern. Auch Orchester und Chor des MDR musizieren fortan unter dem Label MDR Klassik. Zuvor hatte sich ein Plenum auf dem Medientreffpunkt bereits mit der Akzeptanz der bundesweiten Digitalradio-Plattform auseinandergesetzt (DIGITALFERNSEHEN.de berichtete). [Jörg Schurig/ar]

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