Premiere: Schwarzseher kosten 100 Millionen Euro jährlich

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Bild: Destina - Fotolia.com
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München – Pay-TV ist ein Wachstumsmarkt in Europa. Allein in Großbritannien nutzen die Hälfte aller Briten Bezahlfernsehen.

„In Frankreich, Spanien und Italien haben 15 bis 20 Prozent der Bevölkerung Pay-TV-Angebote abonniert. Lediglich der deutschsprachige Markt verzeichnet ?ein weniger dynamisches Wachstum“, sagte Bertold Heil von der Unternehmensberatung Detecon am Donnerstag bei den Medientagen München.
 
In Deutschland, Österreich und der Schweiz drohe die Gefahr einer „dauerhaften Marktlücke“. Man müsse mehr dafür tun, um das Pay-TV auf dem schwierigen deutschen Markt auszubauen, sagte Heil. Michael Börnicke, Finanzchef von Premiere, betonte, dass es in Deutschland dennoch Wachstum gebe. Allein in den letzten 15 Monaten gewann der Pay-TV-Sender nach seinen Worten 320.000 neue Abonnenten hinzu – insgesamt nutzten bereits über 2,7 Millionen Kunden die Angebote von Premiere.
 
Der deutsche Markt biete allerdings schwierige Grundvoraussetzungen für Pay-TV-Anbieter, erklärte Börnicke: „Mit 36,3 Millionen Fernsehhaushalten ist Deutschland zwar der größte Markt Europas. Um die Gunst der Zuschauer buhlen aber mittlerweile 22 öffentlich-rechtliche und insgesamt 125 private TV-Sender.“ Pay-TV müsse hochwertige Sport-Events, Hollywood-Kino und Zusatzdienste anbieten, um die starke Konkurrenz zu überbieten. Börnicke sprach von interaktiven Spielen und Geldwetten, Erotik oder dem Ausbau von Video on Demand. Zudem müsste der deutsche Zuschauer Rundfunkgebühren bezahlen, in Spanien aber nicht. Der Zuschauer sollte frei entscheiden dürfen, ob er Rundfunkgebühren bezahlen will oder auf das öffentlich-rechtliche Angebot verzichte, forderte er.
 
Die große Zahl von „Schwarzsehern“, die laut Börnicke zwischen einer und anderthalb Millionen liegen könnte, belaste ebenfalls das Wachstum von Premiere. Geschätzter jährlicher Verlust: mindestens 100 Millionen Euro. Deshalb werde ein neues Verschlüsselungssystem eingeführt. Um neue Abonnenten zu gewinnen, gehe Premiere jetzt auch neue Vertriebswege: „Premiere wird in Zukunft unter anderem auch in Baumärkten angeboten“, sagte Börnicke. Eine eindeutige „Wettbewerbsverzerrung“ sei auch der Umstand, dass Premiere 16 Prozent Mehrwertsteuer zahlen müsste, die öffentlich-rechtlichen Sender aber nicht. Derzeit klage Premiere vor dem Bundesfinanzhof und werde nötigenfalls auch zum Europäischen Gerichtshof gehen, um einen für alle geltenden Mehrwertsteuersatz von sieben Prozent durchzusetzen.
 
Markus Fritz vom Satellitenbetreiber Astra bescheinigte dem Satelliten „eine ideale Verbreitungsfunktion für Pay-TV“. Schon heute würden 77 Prozent der digitalen TV-Haushalte über Satelliten bedient – in Deutschland empfangen etwa 1,1 Millionen Zuschauer Premiere aus dem All. Ab 2007 rechnet er mit mehr digitalen als analogen TV-Haushalten. Jährlich kämen zwei Millionen Pay-TV-Nutzer über Satellit hinzu. „Die Vorteile von Satelliten-Anlagen liegen auf der Hand“, sagte Fritz. Zum Beispiel könnten die Verschlüsselungscodes alle zehn Minuten ausgetauscht werden, Schwarzsehen würde damit praktisch unmöglich. Zudem könne der Satelliten-Receiver bis auf zehn Kilometer genau lokalisiert werden – Grundvoraussetzung für regional-zielgerichtete Werbung. Neue Satellitensysteme verfügten außerdem über einen Rückkanal für schnelle Internetanschlüsse oder interaktive Spiele und Informationen. [fp]

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