Spannend und beklemmend: Heute „Borowski-Tatort“ aus Kiel

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Tatort Bild: © ARD/SF DRS/ORF
Bild: © ARD/SF DRS/ORF

Kommissar Borowski und Kollegin Mila Sahin machen in ihrem neuen Fall Jagd auf einen Frauenhasser. Das ist spannend und beklemmend zugleich.

Direkt am Ufer wird die misshandelte Leiche einer jungen Frau gefunden. In unmittelbarer Nähe macht der Kieler „Tatort“-Ermittler Kommissar Borowski (Axel Milberg) Trampelspuren im Sand aus. Er erkennt ein Muster darin und bedeckt sie mit Braunalgen. Von höherer Position ist dann die „14“ sichtbar, ein Erkennungssymbol amerikanischer Neonazis. Am Vorabend des Weltfrauentags geht es in „Borowski und die Angst der weißen Männer“, dem neuen Kieler „Tatort“, um die düstere Welt von militanten Frauenhassern.

Die junge Frau hat in der Nacht ihres Todes in einem beliebten Club in der Nähe gefeiert. Auf den Aufnahmen der Videoüberwachung stoßen Borowski und seine Partnerin Mila Sahin (Almila Bagriacik) auf den verschüchtert wirkenden Außenseiter Mario Lohse (Joseph Bundschuh), der sich frauenverachtende Videos des Scharfmachers Hank Massmann (Arndt Klawitter) ansieht und im Darknet mit Gleichgesinnten chattet. Schnell gerät Lohse in das Visier der Ermittler, kommt aber wieder auf freien Fuß.

„Borowski und die Angst der weißen Männer“

Doch im Internet finden Ermittler eine Liste, auf der auch die Politikerin Birte Reimers (Jördis Triebel) als potenzielles Anschlagsziel aufgeführt ist. Ein Wettlauf gegen die Zeit beginnt, um Anschläge zu verhindern.

Es geht in dem Kieler Krimi weniger um die Frage, wer die Frau getötet hat, sondern um die Frage, warum der Täter zum Mörder wurde. Der Film der mit dem Adolf-Grimme-Preis ausgezeichneten Regisseurin Nicole Weegmann zeigt in bedrückender Weise auf, wie sich ein eigentlich nicht einmal unsympathischer Parkhaus-Mitarbeiter von Hassbotschaften aus dem Netz („Du nimmst, was Dir biologisch zusteht“, „Du hast keine Angst – vor niemandem. Sie haben Angst vor Dir“) verleiten lässt.

Neben dem undercover agierenden Ermittler Borowski, der in die Menge grölender Männer abtaucht, und seiner Kollegin Sahin überzeugt vor allem Bundschuh in der Rolle des Außenseiters. Der Zuschauer beobachtet, wie dieser erst schüchtern auf Frauen zugeht, um Vicky (gespielt von Joseph Bundschuhs Schwester Mathilde Bundschuh) wirbt und nach Ablehnung und Enttäuschungen später dann zum Hass übergeht. Er driftet ab in die „Incel“-Bewegung. Der englische Begriff setzt sich aus „involuntary“ und „celibate“ zusammen. Er bezeichnet vorwiegend Männer, die unfreiwillig zölibatär leben und Hass auf Frauen sowie auf sexuell aktive Männer entwickeln.

„Incel“-Bewegung im Fokus

Der neue Kieler „Tatort“ nähert sich dem Thema aus Sicht der hassenden Männer. „Geisteskranker Schwachsinn“, wie Borowski befindet. Der norwegische Massenmörder und Rechtsextremist Anders Behring Breivik, aber auch die Attentäter von Christchurch und Halle können der Incel-Bewegung zugeordnet werden, wie Regisseurin Weegmann sagt. „Bei rechten Attentätern gehört es quasi fast schon ins Portfolio, dass man eben auch antifeministisch ist“. In Deutschland stehe diese Bewegung bislang noch nicht sehr im Fokus.

Ihr „Tatort“ versuche, die Dimension dieses komplexen Themas aufzuzeigen, sagt Weegmann. „Das in einem Krimi zu verpacken, ist dabei ein Vorteil, da akzeptieren Zuschauer eher ein Thema, das sie emotional sehr herausfordert“. Für Borowski-Darsteller Axel Milberg ist in dem Fall interessant zu beobachten, „wie aus einem persönlichen Liebeskummer eine Radikalisierung stattfindet“.

Wegen der Corona-Pandemie mussten die Dreharbeiten im vergangenen Jahr für zwei Monate unterbrochen werden. Für Weegmann eine Premiere: „Normalerweise steht man da auch krank am Set. Ein Film wird einfach nicht abgebrochen, das geht nicht. Corona war für uns alle eine Ausnahmeerfahrung.“

[André Klohn]

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  • Tatort-Vorspann: © ARD/SF DRS/ORF

16 Kommentare im Forum

  1. Kommt da noch eine Fortsetzung ? Irgendwie war das doch diesmal ohne Auflösung, die Praktikanten im Weißen Anzug wurden nicht verhaftet, und woran starb nun das 1. Opfer . Und die mit dem Käsekuchen, war die eine Agentin vom Staatsschutz ? die hatte mir zu viel interesse an dem gestörten, und am Ende checkt die erstmal seinen PC ? Verdächtig Und der Typ ballert mit seiner Waffe aus dem 3D-Drucker der Frau direkt zwischen die Augen. Ich war bei der Bundeswehr auch ein guter Schütze, aber das ist schon ne Leistung, ohne zu zielen direkt aus dem Schwung, so einen Schuss abzugeben
  2. In meinen Augen auch eher ein schwächerer Borowski. Hat mehr Fragen aufgeworfen als beantwortet. Die Frauenleiche bleibt ja nur Randfigur, der Rest Klischee und Zeitgeist. Naja, (m)ein Buch wäre in diesem Fall sättigender gewesen.
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