Streit um Ratesendungen bei „BTV 4U“

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Bild: Destina - Fotolia.com
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Stuttgart – Die umstrittenen Spielshow-Methoden des Fernsehsenders „BTV 4U“ werden in Baden-Württemberg zunehmend zum Politikum.

Der Medienexperte der Landtags-Grünen, Jürgen Walter, forderte am Dienstag in Stuttgart die Landesanstalt für Kommunikation (LfK) auf, die Praktiken des Senders genauer unter die Lupe zu nehmen. Ein Bericht der Medienwächter vom Oktober beschönige und verharmlose die Situation, kritisierte Walter. Die LfK erklärte hingegen, es liege kein Programmverstoß vor. Ein Regierungssprecher sprach von einem „Showauftritt“ Walters. Bei der Verbraucherzentrale mehren sich unterdessen die Beschwerden von Zuschauern.
 
Die LfK hatte dem „BTV 4U“-Chef Thomas Hornauer im Frühjahr unter strengen Auflagen eine zunächst auf ein Jahr befristete Sendelizenz erteilt. Hornauer hatte zuvor den insolventen Vorgänger-Sender „B.TV“ aufgekauft. Danach war er unter anderem wegen Kontakten zum sektenähnlichen Füssener Wankmiller-Clan und der Produktion von Sex-Videos ins Gerede gekommen. Die Quizshows werden an jedem Abend – vergleichbar mit den Sendeformaten bei „Neun Live“ – bei „BTV 4U“ ausgestrahlt. Die Telefongebühren für die teilnehmenden Zuschauer betragen in der Regel 49 Cent pro Minute.
 
Aus Sicht der von den Grünen beauftragten Rechtsanwältin Bettina Kox liegt eine Irreführung über die Gewinnchancen und damit Sittenwidrigkeit vor. Der Zuschauer werde die ganze Zeit animiert, bei dem Sender anzurufen, indem der Moderator suggeriere, dass die Leitungen frei seien. Tatsächlich gebe es aber offenbar so gut wie keine Möglichkeit, direkt ins Studie durchgestellt zu werden. Kox zufolge sind zudem bei einigen Zahlen-Rätseln die Regeln unklar. Handle es sich um eine Irreführung, könnte neben einem Wettbewerbsverstoß auch Betrug vorliegen.
 
Walter unterzog sich selbst einem Versuch, indem er mehrere Sendungen anschaute. Er betonte: „Ich als Zuschauer fühle mich betrogen.“ Einziger Sinn der Sendungen sei es offenbar, Hornauers Telefonleitungen auszulasten. Hornauer ist auch Inhaber der Telekommunikationsfirma Telekontor mit Sitz in Plüderhausen. Die Grünen vermuten, dass er den Fernsehsender nur übernommen hat, um mit Telekontor noch mehr Geld zu verdienen. Sie verlangen nicht nur eine eingehendere Prüfung durch die LfK, sondern auch eine Beurteilung der Sendungen durch die Landesregierung.
 
Die LfK teilte indes mit, in den bisher geprüften Fällen seien keine Verstöße festgestellt worden. Zusagen des Senders zur transparenten Gestaltung der Spiele, etwa regelmäßige Hinweise auf Spielregeln und eine Auflösung der Quizfragen, seien umgesetzt worden. Die Medienwächter verwiesen ferner darauf, dass es sich bei den Gewinn- und Ratespielen um eine allgemeine und bundesweite Entwicklung sowohl im privaten als auch im öffentlich-rechtlichen Rundfunk handle.
 
Der Regierungssprecher kritisierte Walters Vorgehen als „ärgerlich und unwürdig“. Walter sitze selbst in den zuständigen LfK-Gremien. Es sei „schon außergewöhnlich dreist“, wenn ein Abgeordneter öffentlich Fragen stelle, deren Antworten er längst kenne. Dass sich die Zuschauer abgezockt fühlen, bestätigt allerdings auch die Verbraucherzentrale Baden-Württemberg. Verbraucherschützerin Brigitte Sievering-Wichers registriert mehrere Beschwerden pro Woche. Sie sprach von einer „Lizenz zum Gelddrucken“. [fp]

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