Vom 2:14-Loser zum Helden: Amazon-Dokus feiern den Fußball

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Bild: Destina - Fotolia.com
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Mit „This is Football“ zeit Amazon eine Hochglanz-Produktion über die wichtigste Nebensache der Welt. Pässe und Tore zählen nicht so sehr. Es geht um Hoffnungen und Schicksale von Menschen, die an diesem Sport hängen.

Fußball ist der beliebteste Sport der Erde. Eine milliardenschwere Branche, immer wieder erschüttert durch Korruptionsskandale. Doch in der neuen Doku-Reihe „This is Football“ soll es nicht um Schattenseiten gehen. Sie dreht sich um die Faszination, um die Erfolgsgeschichten. Um das Glück, das Menschen weltweit dem Fußball zu verdanken haben. Für „This is Football“ hat Amazon Prime sechs ungewöhnliche Geschichten verfolgt. Die sechs Sendungen sind von diesem Freitag an bei Amazon Prime abrufbar.
 
Eine der Episoden dreht sich um den Fußballzwerg Island, der bei der Europameisterschaft 2016 große Sportnationen das Fürchten lehrte. Bei Weltmeisterschaft 2018 wurde Island dann mit 340 000 Einwohner die kleinste Nation, die jemals in einer WM-Endrunde stand. „Wir sind gewohnt zu kämpfen, um zu überleben – wie die Wikinger“, sagt Bauer Asgeier Sveinsson. „Dass Island es zur WM geschafft hat, ist für mich ungeheuer aufregend“, sagt der Schafzüchter. „Meine Söhne reden jeden Tag davon.“ Luftbilder zeigen die zerklüftete grün-vereiste Insel, die Heimat der WM-Nation, deren „Uhhh!“-Schreie bald berühmt waren.
 
Der damalige Nationaltrainer? Ein sympathischer Zahnarzt. „Aber Fußball ist meine Leidenschaft, deswegen wurde ich Coach“, sagt Heimir Hallgrimsson. „Andere Fußballtrainer spielen angeblich Golf, um den Kopf freizubekommen. Ich widme mich der Zahnmedizin.“ Keiner habe damals vorausgesehen, dass Island es so weit bringen würde.

„Wenn man sich die Größe und unsere Bevölkerung vor Augen hält, waren wir immer Underdogs. Das hat uns aber nie geschert“, sagt der Nationaltrainer. „Wenn wir den Stadionrasen betreten, sind wir auf Augenhöhe mit Supermächten. Und deswegen ist der Stolz unserer Fußballer so groß.“ Das raue Klima, die Kälte, die Isolation am Rande Nordeuropas – Island verlangt seinen Einwohnern viel ab. „Es ist ein Wert unserer Kultur: Bei jedem Spiel, bei jedem Training müssen wir härter arbeiten als andere“, sagt Hallgrimsson in die Kamera.
 
Gerade in den vergangenen Jahren hatte die Insel harte Zeiten durchzustehen, ausgelöst durch den Börsenkrach von 2008. Damals habe nicht nur eine wirtschaftliche Krise das Land erfasst, sondern auch eine politische, erinnert sich die isländische Premierministerin Katrin Jakobsdottir. Dann kam das Wunder der Nationalmannschaft.
 
„Sich als kleinste Nation aller Zeiten qualifiziert zu haben, ist so stark. Ich bekam eine Menge Glückwünsche aus dem Freundes- und Bekanntenkreis“, so Katrin Jakobsdottir. Wer verstehen will, warum diese Erfolgsserie so bemerkenswert ist und so unerwartet kam, muss tiefer in die Materie der isländischen Fußballgeschichte eintauchen.
 
„Unsere Fußballmannschaft war jahrzehntelang nichts als eine große Enttäuschung“, sagt Bauer Asgeier Sveinsson. Eine der schwärzesten Stunden erlebte die Mannschaft 1967, als sie 2:14 gegen Dänemark verlor. „Heutzutage haben wir endlich gute Spieler. Wir sind gut, wir wollen es auch bleiben.“ 2016 kommt Island erstmals unter die letzten 16 EM-Nationen. Zuerst darf die Elf in England antreten.
 
Ein Traum. „Jeder Isländer hat eine Lieblingsmannschaft in England“, sagt Trainer Heimir Hallgrimsson. Man habe mit seinen Helden auf dem Spielfeld gestanden. „Schon der Ausgleich war ein Schock für die Engländer. Das 2:1 in der zweiten Halbzeit war der zweite.“ Der isländische Reporter jubelt mit heiserer Stimme: „Weckt mich nicht auf! Weckt mich niemals auf aus diesem großartigen Traum.“ Und das ist erst der Anfang des Durchmarsches der Wikinger-Elf.
 
Jener Spirit ist das Herzensanliegen dieser Amazon-Prime-Reihe – ohne Fachchinesisch die schönen Momente des Ballsports auszukosten. Drohnenaufnahmen, Musik voller Pathos, Massen in Ekstase, glänzende Augen prägen die Stimmung. Nicht nur auf der Insel der Wikinger. Auch magische Momente der deutschen Bundesliga sind in einer Folge Thema. In einem anderen der je einstündigen Filme geht es um die heilende Wirkung des Fußballs für Ruanda, das ab Mitte der 90er Bürgerkrieg und Völkermord erlebt hatte. Die Reihe eines britisch-spanischen Produktionsteams könnte man als Imagepflege für diesen ambivalenten Sport abtun – sie ist allerdings wirklich sehr gut in Szene gesetzt. [Christof Bock]

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  • Inhalte_Fernsehen_Artikelbild: Destina - Fotolia.com

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