„Die Geschichte meiner Frau“: Erotischer Historienfilm mit Léa Seydoux im Kino

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In ihrem prominent besetzten neuen Film „Die Geschichte meiner Frau“ erzählt die Berlinale-Gewinnerin Ildikó Enyedi von einer komplizierten Liebesbeziehung in den Wirren der 1920er Jahre.

Der Titel dieses Films gleicht einem Trugschluss. Oder es handelt sich um eine bewusste Finte, man weiß das nicht so genau. Generell eröffnen sich im Laufe des neuen Dramas von Regisseurin Ildikó Enyedi immer mehr Fragezeichen, die das Drehbuch kaum zu beantworten weiß. In ihrem letzten Film von 2017, dem Berlinale-Gewinner „Körper und Seele“, strebte Enyedi auf beeindruckende Weise zum Unterbewussten, zum Metaphorischen und Träumerischen, das sich in die Tragödien des Alltags einschlich. Dass „Die Geschichte meiner Frau“ nun als streng durchkomponiertes, realistisches und üppig ausgestattetes Historiendrama daherkommt, wirkt da wie ein erstaunlicher Bruch.

„Die Geschichte eines Mannes“ wäre dabei allerdings der treffendere Titel gewesen. Die meiste Zeit eröffnet dieser Film die Sicht des Schiffskapitäns Jakob Störr (Gijs Naber), dem eine Frau im Leben fehlt und den man abwechselnd ulkig, liebens- und hassenswert finden kann. Kurzerhand beschließt er bei einer Wette im Café, die erste Frau zu heiraten, die zur Tür hereinkommt. Auftritt Lizzy (Léa Seydoux). Was folgt, ist eine Art komplizierte On-Off-Beziehung. Vor allem aber: eine Männlichkeitskrise zwischen Potenz, Eifersucht und Brüchigkeit.

Fast drei Stunden dauert dieser Film, in denen die beiden Figuren einander annähern und doch wieder in Konflikt geraten. Ildikó Enyedi hat das alles in umwerfend schöne Bilder getaucht, in bewegte impressionistische Gemälde, denen gerade in Nahaufnahmen, in der Erkundung von Gesichtern, Haut, aber auch Inventar, Kleidung eine ungeheure Stofflichkeit und Griffigkeit innewohnt. Besonders in den erotischen Szenen gelingt der Regisseurin eine Nähe und Intimität, die man in vielen anderen Romanzen vergeblich sucht.

Viele Ideen, verschwommene Anordnung

Zugleich zerfällt „Die Geschichte meiner Frau“ fortwährend in seine ambitioniert überlappten Gedanken und Beobachtungen zwischen Emanzipation, Selbstentlarvung und dem Zahn der Zeit. Enyedi hat mit diesem in sieben Kapitel unterteilten Film einen Roman des ungarischen Schriftstellers Milán Füst adaptiert. Was sie an diesem Text konkret interessiert, verschwindet unaufhaltsam in einem Gewimmel aus Männlichkeitsstudie, Historiendrama und Sittengemälde. Leider immer träger und schleppender entspinnt sich diese Amour fou während der immensen Laufzeit, wenngleich ihre äußere Verpackung immer wieder staunen lässt. Ziel- und zukunftslos stolpern Jakob und Lizzy in ihrem Spiel aus Erotik und Täuschung durch die 20er-Jahre des vergangenen Jahrhunderts, während ihr Exempel nur schleierhaft nach Größerem strebt.

Am Ende fehlt vor allem eine rebellische Gegenperspektive. Während sich der männliche Protagonist immer neue Verfehlungen leistet, die Zeichnung und Wahrnehmung seiner Frau immer wahnhaftere Züge annimmt und sich selbst entlarvt, verflüchtigt sich ausgerechnet die Figur der Lizzy zu einer unnahbaren ätherischen Wandlerin. Ihre Persönlichkeit scheint cleverer, windiger und rebellischer als das Filmkonstrukt, in dem sie sich bewegt. „Die Geschichte meiner Frau“ betört sich an der eigenen Sinnlichkeit, bis der kühle Kopf verlorengeht.

„Die Geschichte meiner Frau“ läuft seit dem 4. November 2021 in den deutschen Kinos.

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Bildquelle:

  • geschichtemeinerfrau: Alamode Film

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