
Mit „Drachenzähmen leicht gemacht“ wurde der gleichnamige Animationsfilm von 2010 neu aufgelegt. Das Resultat könnte unkreativer kaum sein.
Es mag viele empören. Aber ein Remake wie „Schneewittchen“ ist deutlich interessanter als eines wie „Drachenzähmen leicht gemacht“. In Disneys Märchenadaption konnte man zumindest sehen, wie ein Studio einerseits versucht, einem Klassiker Tribut zu zollen, andererseits aber auch überlegt, welche Elemente man aus einer heutigen Perspektive anders erzählen könnte, anders erzählen sollte. Wie lässt sich ein Stoff aktualisieren? Man muss nicht jede kreative Entscheidung davon mögen oder als gelungen erachten. Aber zumindest werden dort Fragestellungen erkennbar und ein produktives Ringen mit dem eigenen Werk.
Bei „Drachenzähmen leicht gemacht“ ist ein solches Vorgehen nicht zu finden. Das dürfte dafür sorgen, dass er weit weniger kontrovers rezipiert wird und vermutlich besser an den Kinokassen abschneidet. Weil es sich der Film mit niemandem verscherzen will, schon gar nicht mit den alteingesessenen Fans. Als Kunstwerk ist er dadurch allerdings umso fader geraten. Ein Remake der einfallslosesten Sorte hat man hier gedreht.

„Drachenzähmen leicht gemacht“ orientiert sich eng am Original
Ein paar Minuten länger, Ja, hier und da ein paar andere Bilder, ein paar hinzugefügte Füllszenen. Ein paar Schrauben an den Dialogen hat man verstellt. Aber im Grunde sind sich Original und Remake so ähnlich, dass man sie auf Ebene des Drehbuchs kaum auseinanderhalten kann. Man hat den Dreamworks-Animationsfilm von 2010 akribisch nachgeformt und recycelt. Auf dem Regiestuhl hat dabei, wie schon im Original, Dean DeBlois Platz genommen. Wie schlecht kann dieser Neuaufguss also sein, könnte man fragen. Schließlich war der Animationsfilm aus guten Gründen ein großer Erfolg.
Der „Drachenzähmen“-Animationsfilm hatte etwas über die Angst vor dem Fremden zu sagen, das man blindlings bekämpft, ohne die Perspektive zu wechseln. Von Generation zu Generation wird Gewalt vererbt. Kinder und Jugendliche erzieht man zu Kriegshelden und Soldaten. Dass dieser Familienfilm gerade heute immer noch eine große Dringlichkeit besitzt, dürfte auf der Hand liegen.
Insofern kann es theoretisch nicht schaden, diese Geschichte rund um den Wikinger Hicks, der sich gegen dieses System und seinen kriegerischen Vater stellt, noch einmal hervorzuholen. Eine Kritik sollte jedoch auf der formalen Ebene ansetzen. Und hier kann man kaum ignorieren, in welche fatale Konzern- und Content-Logik dieser Neuaufguss von „Drachenzähmen leicht gemacht“ eingebettet ist.

Künstlerische Verflachung
Das „Drachenzähmen“-Franchise erstreckt sich inzwischen über zig Werke und verschiedene Medien. Das neue Realfilm-Remake ist nur ein Versatzstück von vielen und ein unkreatives obendrein. Es stellt wenig mehr an, als das Original einfach zu kopieren und letztlich zu überschreiben. Neue Ideen: Mangelware. Wie ein großer Verrat an der eigenen künstlerischen Form wirkt das dadurch. Als sei der animierte Stil nur die Probe gewesen, ehe nun der Realfilm die Krone der Filmschöpfung darstellt.
Die Geste ist von Grund auf unsympathisch. Schritt für Schritt jeden erfolgreichen Animationsfilm noch einmal zu remaken ist nicht nur kommerzielles Kalkül, um aus dem bereits Etablierten weiter Profit zu quetschen. Es sorgt ebenso für eine extreme künstlerische Verflachung in der Blockbuster-Industrie und dem Sprechen darüber.
„Drachenzähmen“ verrät das Potential der Animation
Es mag ein bequemeres Sehen sein, wenn einem kein animierter Stil eine Abstraktion abverlangt, sondern alles der Alltagswahrnehmung angeglichen wird. Interessantere Bilder entstehen dabei aber keineswegs, sondern vor allem austauschbare, bisweilen sogar hässliche, wie man in „Drachenzähmen leicht gemacht“ erleben kann. Gerade in den Spektakel-Szenen, in denen der Mix aus realen Darstellern und digitalen Effekten weit weniger geschmeidig aufgeht, als es der Film vermutlich gern hätte. Da hilft es auch nicht, dass die Drachen, die im Original wie drahtige Spielfiguren aussahen, nun mitunter den Riesenechsen ähneln, wie man sie aus „House of the Dragon“ und Co. kennt.
Welches Potential gerade das Entstellen, Verformen und Verfremden birgt, was mit Ästhetiken möglich ist, deren Bilder gerade nicht so aussehen wie das, was man ständig wahrnehmen kann, die nicht versuchen, ihre Künstlichkeit zu verbergen; all das wird hier achtlos zur Seite geschoben. Und in dieser Hinsicht ist das „Drachenzähmen“-Remake kein Einzelfall. Das Problem kann man auf alle möglichen Live-Action-Neuverfilmungen beziehen, die sich aktuell in der Filmindustrie tummeln. Und ein Ende ist leider nicht absehbar. „Drachenzähmen 2“ in der Live-Action-Version ist bereits angekündigt.
„Drachenzähmen leicht gemacht“ läuft seit dem 12. Juni 2026 in den deutschen Kinos. Das Original kann man derzeit unter anderem bei Wow streamen.
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