Effektschmiede Pixomondo bringt die „Hindenburg“ zum Absturz

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Bild: © Romolo Tavani - Fotolia.com
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Pixomondo gehört zu den Marktführern für visuelle Effekte. Die Mitarbeiter erschaffen künstliche Welten oder bauen die Realität nach. Das ist oft billiger ist als manch aufwendiger Dreh und beeindruckt vor allem Amerikaner.

Wenn im Kinodrama „Melancholia“ die Welt untergeht oder im RTL-Film die „Hindenburg“ zerschellt, wenn in der Werbung ein Auto sich in seine Bestandteile auflöst oder im Flugzeug Avatare die Sauerstoffmasken erklären – dann hatte vielleicht Pixomondo die Hand im Spiel. Die Firma für visuelle Effekte beschäftigt mittlerweile 670 Mitarbeiter an elf Standorten von Los Angeles bis Schangai. Das Stammhaus hat seinen Sitz im Frankfurter Ostend.
 
In der hessischen Banken-Metropole sitzen junge Menschen dicht an dicht vor ihren Rechnern. Eine Arbeitsgruppe haucht gerade dem Drachen für die britische TV-Serie „Game of Thrones“ Leben ein: Ein „Animator“ bringt dem gezeichneten Skelett Bewegungen bei, der Kollege vom „Modelling“ zieht ihm eine schuppige Haut über, ein „Compositor“ baut den Drachen zusammen und in den Film ein – Monate Arbeit für ein paar Minuten Drachenleben. Nebenan erwecken Kollegen für die Wissenschaftssendung „Terra X“ echte Saurierskelette aus dem Museum zum Leben und lassen virtuelle Dinobabys aus Eiern schlüpfen.

Pixomondo zählt neben zwei Münchner Firmen zu den größten deutschen Anbietern solcher Dienstleistungen, sagt Thomas Haegele, Professor an der Filmakademie Baden-Württemberg und Mitglied der Visual Effects Society. Deutsche Firmen seien derzeit „weltweit sehr gut unterwegs“. Handwerklich gute Arbeit, Pünktlichkeit bei der Abgabe und vor allem die Preise machten sie konkurrenzfähig. „Die haben gelernt, mit überschaubaren Budgets auszukommen und sind daher oft günstiger als amerikanische Firmen“, erklärt der Experte.
 
Über den Preis kam auch Pixomondo ins internationale Geschäft: Erster großer Erfolg war 2008 der Kinofilm „Der Rote Baron“ mit Matthias Schweighöfer und Til Schweiger. All die historischen Doppeldecker-Flieger aus dem Streifen gab es gar nicht am Set, erklärt Christian Vogt, Chef von Pixomondo Deutschland. „Die Schauspieler saßen vor einer grünen Wand“.
 
Das machte Regisseur Roland Emmerich auf die Firma aufmerksam. Er wollte Pixomondo für den Endzeitthriller „2021“ haben. Bedingung: Ein Büro in L.A. „Wir haben sechs Mann in einen Flieger gesetzt, ein Hotel gemietet und Büromöbel auf den Flur gestellt“, erzählt Vogt von den Anfängen.
 
Improvisieren ist nichts Ungewöhnliches für die Macher: Unternehmensgründer Thilo Kuther, der das Firmennetzwerk bis heute führt, fing 2001 im Keller seines Elternhauses in Pfungstadt an. Als der heutige Deutschland-Chef Vogt 2004 einstieg, „haben wir im Bad die Dusche ausgebaut und fünf Rechner übereinandergestapelt – das war unser erster Serverraum“. Visual Effects sind ein wachsender Markt, erklärt Filmexperte Haegele. Die Zahl der Firmen nehme ständig zu, Absolventen mit diesem Schwerpunkt könnten sich ihren Job aussuchen.
 
Dass die Branche aber schnelllebig ist, zeigt die Entwicklung der 1991 in Frankfurt gegründete Postproduction-Firma „Das Werk“. Die galt lange Zeit als Vorzeigeunternehmen. Hollywood-Größen wie Wim Wenders arbeiteten mit ihnen zusammen, Oscar-prämierte Filme wie „Der Pianist“ entstanden dort. Nach zwei überstandenen Insolvenzen 2002 und 2011 existieren heute aber gerade noch drei Standorte mit rund 50 Mitarbeitern.
 
Für die meisten Firmen sind Werbekunden mittlerweile wichtiger als der Spielfilm. Wie viel in den Spots real ist und wie viel Animation, das ist für den Zuschauer schon lange nicht mehr zu unterscheiden. „In der Werbung ist kaum noch ein Auto echt“, erklärt Professor Haegele. Manchmal überholt die Realität die Trickfilmer dann aber auf der rechten Spur:
 
Als der Pixomondo-Spot für einen neuen Mercedes-Sportwagen gerade fertig war, wechselte Michael Schumacher zu der Marke mit dem Stern. Die Stuttgarter wollten sofort den anonymen Rennfahrer durch den bekannten Formel-1-Piloten ersetzt haben, berichtet Vogt – „koste es, was es wolle“.
 
Neben Filmfirmen, TV-Sendern und Werbeaufträgen sind „Events“ das vierte Standbein der Firma. „Live Media“ nennt man das, wenn auf Messen Autos vor blinkenden LED-Wänden in Szene gesetzt werden oder Sportler zwischen 3D-Projektionen scheinbar die Wände hochlaufen. Events in Hamburg, TV-Filme in München, Kinofilme in Berlin, Werbung in Stuttgart – so läuft das allerdings nicht bei Pixomondo, im Gegenteil: Ist ein Flieger erst mal im Rechner, kann er ebenso gut für eine Fluglinie werben wie im Film an eine Felswand krachen. [Sandra Trauner]

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