
Der Name Andreas Knedlik ist unter Radio-Fans wohlbekannt. Viele kennen ihn auch unter seinem Nicknamen Digiandi. Er betreibt ein einzigartiges Hörfunkarchiv und sammelt Sendungen, die man in den Archiven der Rundfunkanstalten kaum findet.
In den Archiven der öffentlich-rechtlichen Anstalten finden sich vor allem Mitschnitte ihrer, nennen wir sie anspruchsvollen Programmen. Darunter Features, Hörspiele, Reportagen und so weiter. Was man in ihnen aber vergeblich sucht, sind Sendungen ihrer Popwellen. Von ihnen wurden zwar manche vorproduzierte Sendungen archiviert, aber echte Sendungsmitschnitte gibt es kaum. Dasselbe gilt auch für die Privatradios.
Doch gerade diese Sendungen spiegeln den Zeitgeist wieder und vermitteln das Lebensgefühl jener Epoche, in der sie ausgestrahlt wurden. Digiandi hat sich zum Ziel gesetzt, gerade solche Mitschnitte zu sammeln und zu archivieren. Vollständig privat. Wobei man sagen muss, dass das, was einst als Hobby begonnen hat, schon lange zu einer Lebensaufgabe herangewachsen ist.
Digitalfernsehen: Wie viele Sendungen umfasst das Hörfunkarchiv?
Digiandi: Das lässt sich schwer sagen. Wenn ich von vollständig erfassten Mitschnitten mit Metadaten, also Datum, Sender, Moderator, ausgehe, dann sind es derzeit um die 26.000. Das ist aber bei weitem nicht alles was da ist. Ich habe unter anderem vieles auf Festplatte bekommen und vieles gehört erst gesichtet und aufgearbeitet. Rechnet man alles mit, wird die Zahl jedenfalls sechsstellig sein. Und dann sind da noch an die 30.000 bis 40.000 Tonträger, primär Kassetten, die bislang weder gesichtet, noch digitalisiert sind.
DF: Wie kommt man zu soviel Material?
Digiandi: Angefangen hat es damit, dass mir ein Kollege drei Kassetten mit Ausschnitten der ersten großen Hitparade von SWR 3 von 1989 gegeben hat. Davon hatte ich schon gehört und ich fand es extrem spannend, davon was zu hören. Und da kam die Idee, man könnte doch schauen, ob man mehr davon kriegt. Sehr schnell habe ich festgestellt, dass das Internet dazu gar nichts hergibt und dass es auch keine Institution gibt, die sich damit befasst. Ich habe dann aber festgestellt, dass Hobbyfreunde aus dem Radiobereich zumindest ein klein wenig an alten Aufnahmen hatten. Recht bald bin ich dann auch darauf gekommen, dass man das, was man kriegt, als Datenbank anlegen muss. Alleine schon, um die Übersicht nicht zu verlieren. Recht schnell habe ich dann eine vierstellige Zahl an Mitschnitten beisammen gehabt.
DF: Was sind denn die ältesten Mitschnitte im Archiv?
Digiandi: Das geht zurück bis in die 1950er-Jahre. Aber von da ist nur ganz wenig vorhanden. Damals hatten nur wenige die Möglichkeit, selbst aufzunehmen. Das kam dann erst so richtig ab den 1960ern mit den Tonbandgeräten.

DF: Was sind die exotischten Aufnahmen in der Sammlung?
Digiandi: Da wäre einmal DRS Extra zu nennen. Das gab es nur für ca. zwei Wochen, bevor in der Schweiz, übrigens zeitgleich mit dem Start der Privatsender, DRS 3, das dritte öffentlich-rechtliche Programm in der Deutschschweiz auf Sendung ging. Zu den Exoten zählen aber auch verschiedene Sender aus Südtirol.
DF: Bisher haben wir nur von deutschsprachigen Sendern gesprochen…
Digiandi: Dabei wird es auch bleiben. Denn alleine der deutsche Radiomarkt ist unsagbar groß und irgendwo muss man für sich Grenzen ziehen. Aber die Sammlung begrenzt sich nicht auf Deutschland, Österreich und Schweiz. Südtirol gehört genauso dazu, Ostbelgien, in Monte Carlo gab es auch mal was Deutschsprachiges, SBS in Australien macht was, und so weiter.

DF: In welcher Form kommen die ganzen Mitschnitte?
Digiandi: Das geht von Tonbändern und Audiokassetten, bis hin zu DAT-Bändern, MiniDisc, Videokassetten und Dateien. Ich schließe aber kein Medium aus. Zur Not muss man halt schauen, von wo man ein geeignetes Abspielgerät herbekommt oder leihen kann.
Wichtig ist vor allem, dass man etwas bekommt. Auch wenn die Qualität einer Aufnahme schlecht ist, ist das immer noch besser, als sie gar nicht zu bekommen. Ich versuche jedenfalls stets an die Originalaufnahmen zu kommen. Rund 90 Prozent der Mitschnitte kommen auf Audiokassette. Die ist übrigens viel besser als ihr Ruf. Einen großen Stellenwert hat auch das Aufnahmegerät. Etwa, ob bei ihm die Tonköpfe an der richtigen Position sind und so. Man kann jedenfalls sagen, dass die Leute oft nicht bei den digitalisierten Sachen erkennen, dass das Ausgangsmaterial „nur“ eine Kompaktkassette war.
DF: Wird heute noch so viel aufgenommen wie früher?
Digiandi: Definitiv nicht. Kassettenrekorder hat heute ja keiner mehr. Erschreckend ist übrigens, wie wenige heute wissen, wie man zum Beispiel einen Webstream am Rechner aufnehmen könnte.

DF: Besteht noch Interesse an neuem Material?
Digiandi: Selbstverständlich. Weil es gibt so viel, was das Hörfunkarchiv noch nicht abdeckt. Wenn etwa jemand mit einer Kiste mit Ö3-Mitschnitten aus den 1980ern käme, so etwas wäre höchst willkommen. Auch von der Schweiz ist wenig da.
Zum Abschluss möchte ich noch sagen, wozu das Hörfunkarchiv da ist. Es soll all das abbilden, was in den Funkhausarchiven nicht vorhanden ist. Das trifft insbesondere auch auf Privatsender zu, weil die keine solche Archive haben.
DF: Herr Knedlik, Danke für das Gespräch.
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